Den Haag ermittelt in Darfur
6. Juni 2005"Die Untersuchungen seien Teil der internationalen Anstrengungen, die Gewalt in der sudanesischen Unruheprovinz zu beenden und für Gerechtigkeit zu sorgen", erklärte Chefankläger Luís Moreno-Ocampo am Montag (6.6.2005) in Den Haag. Er forderte nationale und internationale Behörden auf, die Ermittlungen zu unterstützen. Die Regierung des Sudan deutete unterdessen an, sie werde nicht mit dem Haager UN-Gerichtshof zusammenarbeiten, sondern ein eigenes Tribunal aufbauen.
Vom UN-Sicherheitsrat beauftragt …
Die Ermittlungen zum Darfur-Konflikt sind die bislang umfangreichsten des 2002 gegründeten Haager Gerichtes. Es ist das erste Mal, dass der Internationale Strafgerichtshof ohne Unterstützung der betroffenen Regierung und auf Betreiben des UN-Sicherheitsrates ermittelt. Die Vereinten Nationen hatten dem Gerichtshof im April 2005 eine Liste mit 51 Verdächtigen für Kriegsverbrechen in Darfur übergeben.
... und von den USA gebilligt
Obwohl die USA dem Internationalen Strafgerichtshof die Anerkennung verweigern, haben sie die Entscheidung des UN-Sicherheitsrates, die Darfur-Ermittlungen Den Haag zu übertragen, nach langem Zögern nicht blockiert. Washington enthielt sich bei der Abstimmung im Weltsicherheitsrat, die als großer Sieg für die Befürworter des Strafgerichtshofs gewertet wurde, der Stimme.
"Historischer Schritt"
Richard Dicker von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch begrüßte die Ermittlungen als "historischen Schritt". Dass Chefermittler Ocampo Massenmord und Vergewaltigungen in Darfur untersuchen wolle, "bringt die Mühlen der Justiz für die Opfer zum Mahlen", sagte Dicker am Montag in New York.
Hunderttausende Opfer von Gewalt und Hunger
Seit mehr als zwei Jahren gehen in der westsudanesischen Krisenregion Darfur regierungsnahe arabische Milizen gegen Rebellen afrikanischer Stämme und die Zivilbevölkerung vor. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen wurden in der sudanesischen Krisenregion bislang 300.000 Menschen Opfer von Gewalt, Krankheit und Hunger. Rund zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht. Der Regierung in Karthum wird vorgeworfen, die Milizen zu dulden oder sogar zu unterstützen.
Keine rasche Besserung der Lage in Sicht
Doch bis es zur Anklage oder gar Verurteilung der für die Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen kommt, wird noch viel Zeit vergehen. Das zeigen frühere Fälle: Seine ersten Ermittlungen hatte der Internationale Strafgerichtshof 2004 in der Demokratischen Republik Kongo und in Uganda aufgenommen. Bis heute wurden noch keine Anklagen erhoben oder Haftbefehle ausgesprochen.
Auch die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zu Darfur werde wohl keine rasche Verbesserung der Lage in der Krisenregion mit sich bringen, schätzen Beobachter. Die neue Gesprächsrunde beginne am Freitag (10.6.2005) in der nigerianischen Hauptstadt Abuja, teilte eine Sprecherin des AU-Vorsitzenden und nigerianischen Staatschefs Olusegun Obasanjo am Montag (6.6.2005) mit.
Ein UN-Gericht gegen Kriegsverbrecher
Der vor zwei Jahren eingerichtete Internationale Strafgerichtshof ist der erste ständige Gerichtshof der Vereinten Nationen. Er hat die Aufgabe, Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu ahnden, die nach dem 1. Juli 2002 begangen wurden. Der Internationale Strafgerichtshof wird von seinen Mitgliedsländern finanziert. Deutschland ist nach Angaben des Auswärtigen Amtes größter Beitragszahler. Die Bundesrepublik hat Hans-Peter Kaul als Richter nach Den Haag entsandt. (ana)