Wütender Protest nach Hochhausbrand
16. Juni 2017"Wir wollen Gerechtigkeit", "schämt Euch!", "Mörder!", riefen die Demonstranten, als sie das Rathaus der Stadtteile Kensington und Chelsea stürmten. Im Eingangsbereich des Gebäudes kam es zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften, die verhinderten, dass die Eindringlinge in die oberen Stockwerke gelangten (Bild oben). Die meisten der rund 100 Kundgebungsteilnehmer blieben indes draußen.
Nach dem Hochausbrand in der Nacht zum Mittwoch hatten sich die Spannungen in der Nachbarschaft verstärkt. Die Zahl der Toten durch das Feuer im Grenfell Tower im Westen der Stadt ist mittlerweile auf mindestens 30 gestiegen. Mehr als 70 Menschen werden Medienberichten zufolge noch vermisst.
Anwohner fragen nach Schuld
Niemand weiß genau, wie viele Männer, Frauen und Kinder in dem 24-stöckigen Sozialbau waren. Berichten zufolge sollten dort zwischen 400 und 600 Menschen leben. Unklar ist auch, wie viele es lebend raus schafften, wie viele drin blieben.
Anwohner und Angehörige stellen immer lauter die Frage nach Schuld. Wie konnte es passieren, dass das Haus wie eine Fackel rasend schnell in Flammen aufging? Welche Rolle spielte die Fassadendämmung? Reichen die britischen Brandschutzbestimmungen aus? Premierministerin Theresa May ordnete eine unabhängige Untersuchung an. Der mehr als 40 Jahre alte Apartment-Block mit 120 Wohnungen hatte keine Sprinkleranlage - obwohl er bis zum vergangenen Jahr noch renoviert wurde.
Nach einem Besuch in der Nachbarschaft des ausgebrannten Hochhauses musste die Regierungschefin von der Polizei vor wütenden Demonstranten in Sicherheit gebracht werden. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, zornige Menschen seien hinter Mays Wagen hergelaufen und hätten sie angebrüllt.
Zuvor hatte die Premierministerin sich mit Opfern des Brandes und Anwohnern getroffen. Sie kündigte fünf Millionen Britische Pfund Hilfen an.
Feuerwehr warnt vor Spekulation
Eigentlich wird Brandschutz in Großbritannien sehr ernst genommen. In neueren Hochhäusern sind Sprinkler laut Behördenangaben vorgeschrieben. Eine Pflicht zur Nachrüstung gibt es jedoch nicht. Polizei und Feuerwehr warnen eindringlich vor Spekulationen. Doch auch ihnen machen viele Vorwürfe. Sie hätten Bewohner aufgefordert, in ihren Wohnungen zu bleiben und nasse Handtücher unter die Türen zu legen statt zu fliehen, hieß es.
uh/mak (afp, rtr, dpa)