Demonstranten fordern Wende bei Agrarpolitik
18. Januar 2020Ein Protestzug mit tausenden Menschen und mehr als 150 Traktoren ist in Berlin, ausgehend vom Brandenburger Tor, durch die Innenstadt gezogen. Die Veranstalter sprachen von 27.000 Teilnehmern. Unter dem Motto "Wir haben es satt", forderten die Aktivisten die Bundesregierung zu einer Wende in der Agrarpolitik hin zu besseren Umwelt- und Tierschutzmaßnahmen auf.
Bauern und Klimaschützer gemeinsam auf der Straße
Artgerechte Tierhaltung, Artenvielfalt und Klimaschutz stehen auf der Agenda der Demonstranten. Den Landwirten und ihren Unterstützern geht es dabei auch um eine bessere Förderung des Umstiegs auf ein naturverträgliches Wirtschaften. "Ställe tiergerecht umzubauen und die Bewirtschaftung von Äckern und Wiesen stärker mit dem Schutz von Insekten, Klima und Wasser zu verbinden - all das verteuert die landwirtschaftliche Erzeugung unserer Lebensmittel", heißt es von Seiten der Landwirte.
Zu den Protesten aufgerufen hatte ein Bündnis aus Bauern, Klima- und Tierschützern sowie weiteren Verbänden. Es ist bereits das zehnte Jahr, in dem die Gruppierungen die große Leistungsschau der Agrarindustrie für ihren Protest nutzen.
"Wir erleben seit vielen Jahren, dass das Landwirtschaftsministerium die Agrarindustrie hofiert", erklärte Bündnis-Sprecher Christian Rollmann. Die Klimakrise, zu viel Nitrat im Grundwasser und das dramatische Artensterben zeigten, dass es so nicht weitergehen könne. Das Bündnis macht die Bundesregierung für die Schließung von 130.000 Bauernhöfen seit 2005 verantwortlich.
In der Kritik stand auch die Agrarpolitik der Europäischen Union. Anstelle von Produktionsfläche und Ertrag sollten sich Subventionen in Zukunft viel mehr an Tier- und Klimaschutzkriterien orientieren, forderte Rollmann. Die Bundesregierung, die in der zweiten Jahreshälfte den EU-Ratsvorsitz übernimmt, müsse sich für eine Neuordnung der Agrarpolitik einsetzen.
Bäuerinnen und Bauern übergaben am Vormittag eine Protestnote an Regierungsvertreter aus rund 70 Ländern, die zu einer Agrarministerkonferenz in Berlin zusammengekommen waren. Darin wird ein gerechter Handel sowie der Schutz bäuerlicher Betriebe in der ganzen Welt gefordert.
Die Gastgeberin der internationalen Konferenz, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, betonte am Rande der Beratungen die Bedeutung des Handels für die weltweite Ernährungssicherung. "Es gibt ein Menschenrecht auf Nahrung", sagte die CDU-Politikerin. Mehr als 60 Staaten hätten keine ausreichenden Ressourcen, die eigene Bevölkerung zu ernähren. Daher sei der Austausch wichtig, an dem etwa auch Kleinbauern und Frauen teilhaben müssten. Beim Handel dürfe zudem nicht das Recht des Stärkeren gelten.
Bei der Internationalen Grünen Woche, der weltweit wichtigsten Landwirtschafts- und Ernährungsmesse, präsentieren noch bis zum 26. Januar Hersteller und Vermarkter der weltweiten Agrarindustrie ihre Erzeugnisse. Insgesamt zeigen 1800 Aussteller in den Hallen um den Berliner Funkturm ihre Produkte. Partnerland ist in diesem Jahr Kroatien.
Bereits am Freitag hatte es in Berlin Proteste von Landwirten gegeben. Diese wandten sich allerdings gegen strengere Umweltauflagen der Politik. Zahlreiche Bauern wehren sich gegen Auflagen für einen verringerten Einsatz von Düngemitteln, womit Belastungen des Grundwassers vermindert werden sollen.
qu/uh (dpa, afp)