De Maizière sieht Griechen in der Pflicht
2. Oktober 2016Der Bundesinnenminister scheint den wiederholten Zusicherungen aus Athen, Flüchtlinge künftig in größerer Zahl und und auch rascher in die Türkei zurückzubringen, wenig Glauben zu schenken. Im Ersten Deutschen Fernsehens räumte Thomas de Maizière Versäumnisse und Missstände bei der Umsetzung des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei ein, sieht dabei aber vor allem die griechischen Behörden in der Verantwortung. Die Klage des CDU-Politikers in Kürze: "Also die Sorge, dass das kollabiert, liegt im Moment daran, dass Griechenland nicht so viele zurückführt".
Bei mehr Abschiebungen könnten "auch mehr Schutzbedürftige von der Türkei nach Deutschland geholt werden", so der Minister im Interview in Berlin. Die geringe Zahl von Rückführungen liege dabei nicht - wie so oft beklagt wird - an fehlenden Beamten aus Europa. "Wir haben mehr Beamte angeboten, als Griechenland abgefordert hat. Griechenland tut sich schwer, Menschen in die Türkei zurückzuschicken", betonte de Maizière. Das sei aber eine Bedingung dafür, dass ein solches Abkommen auf Dauer funktioniere.
Der im März geschlossene Flüchtlingsdeal sieht vor, dass alle illegal in Griechenland eingereisten Schutzsuchenden in die Türkei abgeschoben werden. Für jeden Syrer, den die Türkei dabei zurücknimmt, kann sie allerdings einen anderen Syrer auf legalem Weg in die EU schicken. Die EU hat sich bereit erklärt, über diesen Mechanismus bis zu 72.000 Syrer aufzunehmen. Nach aktuellen Zahlen der EU-Kommission wurden im Zuge der Vereinbarungen bislang jedoch lediglich knapp 600 Menschen wieder in die Türkei zurückgebracht. Die griechische Regierung hatte zuletzt am Freitag erneut versprochen, in den kommenden Wochen deutlich mehr Flüchtlinge und Migranten von den Ägäis-Inseln zurück in die Türkei zu transportieren.
Immerhin hatte die EU-Kommission Athen bescheinigt, "trotz der schwierigen Situation" Fortschritte erzielt zu haben. Dazu gehörten zum Beispiel eine Verbesserung der Aufnahmekapazitäten, mehr Personal und Einrichtungen bei der Bearbeitung von Asylanträgen, Berufungsinstanzen und Rechtsbeistand bei Ablehnung sowie auch Möglichkeiten des Schulbesuchs für minderjährige Asylbewerber. Beim Zustand der Aufnahmeheime, dem Zugang zum Asylverfahren und bei besonders schutzbedürftigen Bewerbern bestehe hingegen noch Nachholbedarf.
SC/stu (dpa, afp)