De Maizière erlebt Bombenterror in Kabul mit
1. Februar 2016Während eines Besuchs von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (Artikelbild, Mitte) ist es in der afghanischen Hauptstadt zu einem Selbstmordanschlag gekommen. Es sei eine laute Explosion zu hören gewesen, sagte ein Sprecher des Ministers. Nach Angaben des afghanischen Innenministeriums habe sich ein Attentäter vor dem Kabuler Zoo in die Luft gesprengt. Dort seien Gebäude der Kabuler Polizei (ANCOP). Dabei sollen mindestens zehn Menschen getötet worden sein, mindestens 20 weitere seien verletzt worden. Die radikal-islamischen Taliban bekannten sich zu der Attacke. De Maizière war zu dem Zeitpunkt des Anschlags bei einem Mittagessen in der deutschen Botschaft.
Für den weiteren Verlauf des Besuchs sind unter anderem Gespräche mit seinem afghanischen Amtskollegen Noorulhak Olumi geplant. Dabei soll es darum gehen, die Zahl afghanischer Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, zu verringern. Nach offiziellen Angaben kamen im vergangenen Jahr mehr als 150.000 Afghanen nach Deutschland, um hier Asyl zu beantragen. Zum Vergleich: 2014 waren es noch etwa 9700 Menschen. Eine Entwicklung, die die Bundesregierung besorgt und die sie so schnell wie möglich stoppen möchte. Die Reise des Bundesinnenministers nach Kabul ist dabei eine wichtige Etappe, denn auch vom Wohlwollen der afghanischen Regierung wird abhängen, ob das gelingen wird. Denn die muss unter anderem die Rückkehr von Staatsbürgern akzeptieren, die zuvor ihre Ausweispapiere zerstört haben und damit erst einmal als staatenlos erscheinen.
Rückkehr möglichst freiwillig
Nach dem Willen des Bundesinnenministers sollen Afghanen ohne Schutzperspektive in Deutschland möglichst freiwillig in ihre Heimat zurückkehren - und zwar in jene Landesteile, die sicher seien. Eventuell könnten diese Menschen vor Ort auch ein Startguthaben bekommen, um sich wieder ein Leben in Afghanistan aufzubauen. Geld für die Heimreise können Flüchtlinge bereits heute beantragen. "Natürlich ist die Sicherheitslage in Afghanistan kompliziert", räumte de Maizière ein. "Aber Afghanistan ist ein großes Land. Dort gibt es unsichere und sichere Gebiete." Die meisten Menschen kämen auch nicht nach Deutschland, weil sie sich um ihre Sicherheit fürchteten, sondern weil sie sich eine bessere Zukunft wünschten.
Rückkehr von "staatenlosen" Afghanen
Die Schutzquote - also der Anteil derer, die mit ihrem Asylantrag in Deutschland Erfolg haben - lag bei Afghanen zuletzt bei 47,6 Prozent. Das heißt, mehr als die Hälfte von ihnen müssen das Land eigentlich wieder verlassen. Im Schnitt dauern die Asylverfahren bei ihnen derzeit aber länger als ein Jahr (14 Monate). Und auch nach einem negativen Bescheid bleiben viele Afghanen in Deutschland: Zum Teil bekommen sie eine Duldung - etwa weil sie aus einer bestimmten Gegend des Landes stammen, die unsicherer ist als andere. Zum Teil weigert sich die afghanische Regierung aber auch, abgelehnte Asylbewerber wieder aufzunehmen - etwa weil Dokumente fehlen und sie die Betroffenen nicht als ihre Staatsbürger anerkennen.
bri/gri (afp, dpa)