"Das wird eine heiße Kiste"
13. Juni 2006Fußball-Deutschland macht sich bereit zur zweiten großen WM-Party - aber so leicht wie Costa Rica werden es die Polen den schwarz-rot-goldenen "Klinsmännern" nicht machen. "Die werden mit dem Messer zwischen den Zähnen auf uns losgehen", warnte der gebürtige Pole Miroslav Klose vor seinen angeschlagenen Landsleuten. Das heftig kritisierte Team von Trainer Pawel Janas steht nach dem 0:2 zum WM-Start gegen Ecuador bereits am Mittwoch in der deutschen Länderspiel-Festung Dortmund mit dem Rücken zur Wand.
"Für sie ist es fünf vor Zwölf. Da herrscht eine große Aggression im Umfeld, da sind die Nerven angespannt", sagte Jürgen Klinsmann zum zweiten Gruppengegner. Der Bundestrainer, dem schon 35 Stunden vor dem Anpfiff bei seinen letzten Ausführungen die Anspannung anzumerken war, verlangt darum vom eigenen Personal eine entsprechende Reaktion: "Wir müssen von der ersten Sekunde an positiv aggressiv aufgeladen sein. Da wird es zur Sache gehen. Das wird eine heiße Kiste."
Alles im grünen Bereich
Eine heiße Kiste könnte das Spiel auch für die Polizei werden. Bereits vor der WM war vor polnischen Hooligans gewarnt worden, die nach dem ersten Spiel ihrer Auswahl jedoch nicht in Erscheinung getreten waren. Vor dem Spiel gegen Deutschland am Mittwoch hatten die Sicherheitskräfte aber bereits 40 polnische Fans vorsorglich festgesetzt. Sie waren zum Teil von polnischen Polizisten als gewaltbereite Fans identifiziert worden oder hatten gefährliche Gegenstände mit sich geführt, die die Polizei nicht näher bezeichnete.
Schon vor der Abreise der deutschen Mannschaft in den Spielort Dortmund räumte Klinsmann am Dienstag auch die letzten Bedenken um einen Einsatz von Michael Ballack gegen Polen aus. Der Kapitän habe auch nach dem zweiten Belastungstest im Geheimtraining am Vorabend über keine neuen Beschwerden an der rechten Wade geklagt. "Es ist alles im grünen Bereich", sagte der Bundestrainer, für den Ballack im Abnutzungskampf gegen den östlichen Nachbarn ein Trumpf ist. "Das wird ein ganz enges Ergebnis", sagte Klinsmann voraus.
Anfällige Abwehr
Für den 29-jährigen Neu-Engländer Ballack sind Zweikampf- und Defensiv-Verhalten des gesamten Teams der Schlüssel zum Erfolg: "Man muss aggressiv am Mann sein." Bedenken, die Abwehr könne sich auch gegen die Polen wieder als Achillesferse erweisen, teilt Klinsmann nicht. Gegen Costa Rica habe seine Defensiv-Abteilung gerade mal zwei Fehler begangen, ein Gegentor sei noch aus Abseitsposition gefallen. "Ich halte die Diskussion für ein bisschen übertrieben", sagte er am Dienstag und unterstrich nochmals auch das Vertrauen in den formschwachen Rechtsverteidiger Arne Friedrich: "Wir wissen, was er leisten kann."
Ebi Smolarek, polnischer Stürmer in Diensten von Borussia Dortmund, nannte das Spiel gegen Deutschland ein ganz besonderes. "Das ist mein Stadion", sagte der Stürmer seinem Vater Wlodzimierz, wie dieser berichtete. "Ich werde alles tun, um dieses Spiel zu gewinnen." Smolarek junior weiß nach der Auftaktpleite der Polen gegen Ecuador: "Es bleibt nur noch eins: Deutschland zu schlagen."
Glücksbringer Dortmund
Das jedoch könnte Michael Ballack mit einem guten Spiel verhindern. Gelingt es ihm, neben guter Offensivarbeit Polens Mittelfeldregisseur Miroslaw Szymkowiak, der in der Türkei bei Trabzonspor spielt, auszuschalten, stehen die Chancen gut. "Mit ihm steht und fällt das Spiel", sagte Polens ehemaliger Nationalspieler Andrzej Juskowiak im Vorfeld des Spiels. "Er ist der Mann für die entscheidenden Pässe. Wenn er schlecht spielt - wie gegen Ecuador - ist das Spiel kaputt."
Dortmund ist für dieses Spiel auf jeden Fall ein gutes Pflaster: Noch nie verlor eine deutsche Nationalmannschaft dort ein Länderspiel. In 13 Spielen gab es 12 Siege. Vor allem aber hat noch nie eine DFB-Mannschaft gegen Polen verloren, bisher gelangen zehn Siege und vier Unentschieden. Das aber ist nur die Statistik. "Es wird wesentlich schwieriger als im Eröffnungsspiel", glaubt Klinsmann. Franz Beckenbauer ist vom Erfolg des DFB-Teams überzeugt. Unter dem Eindruck der ersten WM-Spiele, die er live auf den Tribünen verfolgte, unterstrich der OK-Chef: "Unsere Mannschaft kann mithalten." (fb)