Das Tagebuch der Anne Frank als Comic
20. Oktober 2017Auf den Seiten des Feuilletons liest man in diesen Tagen wieder häufiger eine Frage: Darf man das? Auslöser ist das zu Monatsbeginn erschienene "Tagebuch der Anne Frank" - als Comic. Das Schicksal des jüdischen Mädchens, das 1933 mit seiner Familie aus Frankfurt zunächst nach Amsterdam geflüchtet war, wo es sich nach der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht versteckte, ehe die Familie nach Auschwitz verschleppt wurde, ist vielfach erzählt worden: Das Buch ist verfilmt und im Theater aufgeführt worden, in Amsterdam können sich Besucher das Haus ansehen, in dessen Hinterhaus sich das Mädchen mit seiner Familie versteckt hielt.
Auch eine grafische Darstellung hat es schon gegeben, 2010 veröffentlichte der Carlsen Verlag "Das Leben von Anne Frank - eine grafische Biografie". Das nun im S. Fischer Verlag zum 70. Jahrestag der Erstveröffentlichung erschienene "Tagebuch der Anne Frank" ist moderner gestaltet, es hält sich weniger strikt an die Bilddokumente aus der damaligen Zeit, zeigt Frank als selbstbewusste junge Frau.
Comics ermöglichen neuen Zugang zu ernsten Themen
Der Ruf des Comics leidet unter dem Nimbus, sich allein an Kinder zu richten. Dabei sind Comics weder eine reine Kinderangelegenheit noch per se stupide Massenware. Auch die Verhandlung politischer Themen in Graphic Novels ist nicht neu, allerdings immer wieder umstritten. Ein bekanntes und lange Zeit sehr kontrovers diskutiertes Werk sind die "Maus"-Comics des Zeichners Art Spiegelman. Er verarbeitete darin die Geschichte seines Vaters, der den Holocaust überlebte, und schuf eine Parabel, in der Juden als Mäuse und die Deutschen als Katzen auftreten. Kritisiert wurde die Wahl des Comics - vor allem in Deutschland - wegen der vermeintlich damit verbundenen Trivialisierung des Schreckens.
Andere verteidigen die Graphic Novel gegen derartige Bewertungen und stellen heraus, dass sie auch ernste Themen transportieren können. Graphic Novels ermöglichen einen neuen, modernen Zugang zu einem Thema und können dazu beitragen, dass sich auch jüngere Zielgruppen für Geschichte interessieren. Somit kann ein popkulturelles Medium durchaus zur Vermittlung komplexer Themen beitragen.