Das Leben mit der neuen Regierung in Myanmar
Seit 100 Tagen sind Aung San Suu Kyi und ihre Partei an der Macht. Was denken die Menschen in Myanmar über ihre neue Regierung? Die Deutsche Welle hat nachgefragt.
Hlwan Paing (20)
"Wir können endlich tun, was wir wollen", sagt Hlwan Paing. Der 20-jährige ist Schatzmeister einer Studentenvereinigung. Lange Zeit waren die verboten. "Noch vor einem Jahr wurden wir schikaniert, wenn wir etwa eine Filmvorführung organisieren wollten", sagt er. Jetzt haben sie sogar ein Büro. "Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt. Aber die NLD ist die einzige Hoffnung, die wir haben."
Min Thant (33)
Min Thant ist Marine-Ingenieur. Die NLD hat nach wie vor sein vollstes Vertrauen. Die Regierung müsse jetzt vor allem den Polizeiapparat unter ihre Kontrolle bringen, damit niemand mehr Angst haben müsse. "Wir haben über zwanzig Jahre auf ein besseres Leben gewartet, da können wir auch noch zwei oder drei Jahre Geduld mit der NLD haben", sagt der 33-Jährige.
Ei Ei Khine (37)
Ei Ei Khine arbeitet als Schwester in einem staatlichen Krankenhaus in der Hauptstadt Naypyitaw. Seitdem die NLD an der Macht ist, muss sie deutlich mehr arbeiten. Die neue Krankenhausverwaltung wolle das so. Dort würden alle auf ein besseres Gehalt hoffen. "Aung San Suu Kyi wird ihr Bestes für uns geben", sagt die 37-Jährige.
Dr. Manam Tu Ja (70)
Dr. Manam Tu Ja ist Gründer der Kachin State Democracy Party. Obwohl die NLD der regionalen Minderheiten-Partei Stimmen genommen hat, hält er zu ihr. "Für den Wandel müssen wir alle zusammenhalten", sagt der 70-Jährige. Die NLD habe politische Gefangene freigelassen, Schwung in den Friedensprozess gebracht und auch die Korruption sei zurückgegangen - eine ganze Menge für die ersten 100 Tage.
Lawi Weng (38)
Als Journalist für das ehemalige Exil-Medium Irrawaddy ist Lawi Weng enttäuscht von den ersten 100 Tagen der neuen Regierung: "Die NLD spricht nicht mehr mit uns", sagt der 38-Jährige. "In einer Radio-Umfrage heute morgen haben sich viele Menschen beschwert, dass alles so sei wie früher," erzählt er. Dabei gebe es ja noch nicht einmal ein ordentliches Programm. Er plädiert dennoch für Geduld.
Wai Wai Nu (28)
"Die NLD übt ihre Macht nur mit den besten Absichten aus", glaubt die 28-jährige Rohingya-Aktivistin, die für die NLD gestimmt hat. Aber die Partei kommuniziere nicht genug mit der Zivilgesellschaft. Menschenrechtsverletzungen gebe es nach wie vor und vor allem Unrecht gegenüber Muslimen würde nicht geahndet. Außerdem schweige die NLD zum Schicksal der Rohingya.
Win Than (59)
"Chaotische Verkehrsstaus, Wasser, das nicht abfließt und die Straßen überschwemmt - unsere Probleme sind teilweise sehr greifbar", sagt Win Than. Der 59-Jährige ist im Immobiliengeschäft tätig. Die Wirtschaft erhole sich gerade erst von der Stagnation um die Wahlen herum. "Die Regierung braucht Zeit, um all der Probleme Herr zu werden, die sie von der Militärjunta geerbt hat", sagt er.
San Maung (71)
Der 71-jährige San Maung ist Muslim. Ob er glaubt, dass sich die Situation für seine Minderheit jetzt verbessert? "Ich kann dazu nichts sagen", erklärt er. Die Lage sei immer noch angespannt. Auch wenn sich an seinem Alltag in den ersten 100 Tagen der neuen Regierung nichts verändert habe: "Immerhin ist die NLD vom Volk bestimmt", sagt er.