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EULEX-Mission im Kosovo

Bahri Cani23. März 2014

Die EU-Rechtsstaatsmission EULEX ist derzeit im Kosovo aktiver denn je. In den letzten Monaten wurden mehrere Kriegsverbrecher verhaftet und hinter Gitter gebracht. Es gibt allerdings auch Kritik an EULEX.

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Schridtzug "EULEX Kosovo" (Foto: DW)
Bild: DW

Die EU-Rechtsstaatsmission EULEX hat im Kosovo sämtliche Befugnisse zur Untersuchung, Verfolgung und Verhaftung aller wegen Kriegsverbrechen, Korruption und organisierter Kriminalität Verdächtigen inne. Sie überwacht, unterstützt und berät die rechtsstaatlichen Institutionen des Kosovo wie etwa Justiz-, Polizei- und Zollbehörden. Die volle operative Funktionalität erreichte die größte und mit 111 Millionen Euro jährlichem Haushalt teuerste EU-Mission im April 2009. Jedoch passierte lange Zeit wenig - viele meinen: zu wenig. Deshalb wurde die EULEX-Mission häufig wegen mangelnder Effektivität und Geldverschwendung kritisiert.

Seit Februar 2013 wird die Mission mit mehr als 2000 ausländischen und kosovarischen Mitarbeitern von dem Deutschen Bernd Borchardt geleitet. Vorsichtig aber entschlossen kündigte er in einem Interview mit der Deutschen Welle schon am Anfang seines Mandats an, "ernste Schritte im Kampf gegen Korruption und Kriegsverbrecher unternehmen zu wollen". Nur ein paar Monate später, im Mai 2013, wurden fünf hochrangige UCK-Kommandeure und enge Mitarbeiter von Premierminister Hashim Thaci verhaftet. Sie werden beschuldigt, 1998 und 1999 Kriegsverbrechen gegen Serben und Albaner begangen zu haben.

"Uns interessiert die Politik nicht"

Es gab noch mehrere andere Verhaftungen und Gerichtsprozesse. Besonders hohe Wellen schlugen jedoch zwei Fälle. Anfang des Jahres wurde der Sohn des ehemaligen Kosovo-Präsidenten Ibrahim Rugova, Uke Rugova, wegen Korruptions- und Betrugsverdachtes, unter anderem zu Lasten der italienischen Botschaft, verhaftet. Wenig später, am 27. Januar, wurde auch einer der prominentesten serbischen Kosovo-Führer, Oliver Ivanović, hinter Gitter gebracht. Ivanović steht unter dem Verdacht, während und nach dem Kosovo-Krieg 1999 Mord und Kriegsverbrechen gegen Albaner begangen zu haben. Seine Verhaftung kam kurz vor der Wahl in der überwiegend von Serben bewohnten Stadt Nord-Mitrovica, wo er durchaus gute Chancen hatte, als Bürgermeister gewählt zu werden.

"Uns interessiert die Politik nicht", so Borchardt im Gespräch mit der DW. "Es war Zufall, dass wir in den letzten Wochen mehrere große Fälle soweit gebracht haben, dass die Staatsanwälte genügend Material zu Verfügung hatten, um einen Haftbefehl ausstellen zu können". Es gab auch andere "große Fische" von beiden Seiten, sowohl Albaner als auch Serben, die an Land gezogen wurden, wie etwa der ehemalige Minister Fatmir Limaj oder der einstige serbische Polizeichef im Nordkosovo, Dragoljub Delibašić.

Bernd Borchardt (Foto: DW/Cani)
Bernd Borchardt leitet zurzeit die EULEX-Mission im KosovoBild: DW/B. Cani

Die Kritiker werfen EULEX nun eine Kampagne vor, weil die Regierung in Pristina diese Mission am 14. Juni dieses Jahres beenden oder verändern möchte. "Ich bin hier ständig sehr aktiv und das hat sicherlich nichts mit der Frage des Mandates zu tun. Über die Arbeit der anderen möchte ich nicht spekulieren", so Borchardt.

"Kosovo braucht EULEX"

Seit Anfang der EU-Mission wurden mehr als 500 Verdächtige vor internationale Richter gestellt. Davon wurden in unterschiedlichen Fällen mehr als 350 verurteilt: wegen Kriegsverbrechen, Korruption und organisierter Kriminalität. Viele Gerichtsprozesse haben jedoch noch nicht angefangen und einige wichtige Ermittlungen laufen noch, wie etwa Verdächtigungen über möglichen Organhandel während des Kosovo-Krieges.

"Ich habe großen Respekt vor der Leistung der EULEX und vor der Leistung des amtierenden Leiters Borchardt", sagt Johanna Deimel von der Südosteuropa Gesellschaft im Gespräch mit der DW. "Es wird auf gar keinen Fall dazu kommen, dass sich die EULEX vollständig aus dem Kosovo zurückziehen wird. Sie wird vielleicht in der Größe und in einigen Bereichen verändert. Aber sie ist notwendig, wenn es um Prozesse wegen Kriegsverbrechen, organisierter Kriminalität, Korruption und Zeugenschutzprogramme geht. Deswegen wird EULEX auch in den nächsten Jahren noch im Kosovo bleiben müssen."

Die Regierung im Kosovo ist der Überzeugung, dass sie 15 Jahre nach dem Ende des Krieges und mehr als sechs Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung die volle Verantwortung auch im Justiz- und Polizeibereich übernehmen kann. Er frage sich, ob die Regierung in Pristina in der Lage wäre, die Aufgaben der EULEX zu übernehmen, sagt Franz-Lothar Altmann, Professor am UNESCO Department für Internationale und Interkulturelle Beziehungen an der Universität Bukarest, und fügt hinzu: "Ich weiß nicht, ob die Regierung den serbischen Kosovo-Führer Ivanović hätte verhaften können. Ich glaube nicht, weil es sofort zu extremen Unruhen und Konflikten mit der serbischen Bevölkerung und zu noch heftigeren Protesten der Regierung in Belgrad gekommen wäre."

Plakat in Pristina gegen die Eulex-Mission im Kosovo (Foto: DW/Bekim Shehu)
Plakat in Pristina gegen die EULEX-Mission im KosovoBild: DW/B. Shehu

Ein Tribunal für das Kosovo

Im Kosovo laufen derzeit auch Ermittlungen auf Basis eines Berichtes des EU-Abgeordneten Dick Marty über möglichen Organhandel während des Kosovo-Krieges. Wegen Problemen mit dem Zeugenschutz wird auch immer mehr über die Gründung eines ad hoc Tribunals für Kriegsverbrechen im Kosovo spekuliert. Die Regierung in Pristina möchte, dass dieses Tribunal im Kosovo angesiedelt wird. Es ist jedoch fraglich, ob so etwas akzeptiert würde, weil es Vermutungen gibt, dass in diese Verbrechen auch hochrangige Regierungspolitiker verwickelt sein könnten. Das Tribunal sollte bis zum Ende des jetzigen Mandats von EULEX gegründet werden. Die EULEX-Mission im Kosovo kann nur durch eine Einigung zwischen Brüssel und Pristina beendet werden. Derzeit laufen in Brüssel die Beratungen über diese Mission. Viele Beobachter sind jedoch der Überzeugung, dass es keine Beendigung der Mission geben wird.

Das Kosovo hat seine Unabhängigkeit am 17. Februar 2008 erklärt. Bisher wurde es von 106 Ländern anerkannt, jedoch nicht von Serbien, Russland, China sowie den fünf EU-Mitgliedstaaten Spanien, Rumänien, Zypern, Slowakei und Griechenland.