Das Kino zwischen zwei Buchdeckeln: Ein literarischer Jahresrückblick
Das Filmjahr 2018 lässt sich über Preise und Festivals, über Bären, Palmen, Löwen und Oscars erzählen. Es lässt sich aber auch über Bücher erzählen: Unsere Auswahl der zehn besten Filmbücher der vergangenen zwölf Monate.
Verschiedene Perspektiven: Wim Wenders
"Submergence" heißt der aktuelle Spielfilm von Wim Wenders, der im deutschen Kino im August 2018 ein wenig unterging. Da war sein Dokumentarfilm "Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes" wesentlich erfolgreicher. Über den Spiel- und Dokumentarfilmregisseur Wim Wenders gibt jetzt ein neues Buch Auskunft.
Nüchtern und intelligent: Christian Petzold
Ein ganz anderer Geschichtenerzähler ist Christian Petzold, den viele Experten für den derzeit interessantesten deutschen Filmregisseur halten. Petzolds neuer Film "Transit" (unser Foto) kam im Frühjahr in die Kinos. In der ersten Monografie über diesen wichtigen Regisseur konnte "Transit" nicht mehr berücksichtigt werden. Doch das Buch "Über Christian Petzold" erfüllt trotzdem höchste Ansprüche.
Meister der Improvisation: Rudolf Thome
Der Regisseur Rudolf Thome, der im kommenden Jahr 80 wird, hat 2011 seinen letzten Film gedreht. Thome, der das deutsche Kino 1968 mit "Detektive" rockte, hat viele Fans unter den Cineasten. Er brachte damals einen ganz neuen Ton ins deutsche Kino, eine fast französische Leichtigkeit. Und so wird in einem neuen Buch über Thome auch gefragt, inwiefern sich sein Werk auf die Nouvelle Vague bezieht.
Der Heimat-Erzähler: Edgar Reitz
Edgar Reitz holte 1984 mit seiner berühmten Filmserie den Begriff "Heimat" in Deutschland aus der Versenkung. Sein 60-jähriges Schaffen wurde im Frühjahr vom Filmhaus Nürnberg präsentiert, erstmals wurden alle Filme chronologisch gezeigt. Reitz und viele seiner Darsteller waren anwesend und führten ins Œuvre ein. Das Buch "Die große Werkschau" fasst das vorbildlich zusammen - nicht nur für Fans.
Epische deutsche Serie: Babylon Berlin
Die Filmserie "Heimat" entstand 1984, als noch niemand den heutigen Serien-Hype vorausahnte. 2018 war "Babylon Berlin" die deutsche Serie der Stunde. Nach der Premiere 2017 feierte "Babylon Berlin" im Herbst im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vor großem Publikum Premiere. Das Buch zur Serie ist opulent bebildert und zeigt einmal mehr, welchen Anteil vor allem die Ausstatter am Erfolg haben.
Der "gute" Deutsche: Helmut Käutner
Für Filmhistoriker ist das frühe deutsche Kino nach wie vor eine reizvolle publizistische Herausforderung. Helmut Käutner gilt als einer der wenigen deutschen Regisseur, die in den 1940er und 1950er Jahren künstlerisch Bedeutendes leisteten. Eine neue Monografie entschlüsselt Käutners Werk - und geht auch auf seine Zusammenarbeit mit Romy Schneider und Horst Buchholz im Film "Montpi" (1957) ein.
Dunkles Kapitel Filmgeschichte: der NS-Film
Käutner ist auch ein kurzes Kapitel im Band "Stilepochen des Films: Der NS-Film" gewidmet. Die Jahre 1933 - 1945 sind immer ein dankbarer Steinbruch für Filmhistoriker. Im gelben Reclam-Bändchen findet natürlich auch Regisseur Veit Harlan (unser Bild) Platz, der den Propagandafilm "Jud Süß" drehte. Das ganze Spektrum zwischen Käutner und Harlan: informativ beschrieben in einem kompakten Band.
"Gemischtrassige" Ehen während des Nationalsozialismus
Einen Spezialaspekt innerhalb des NS-Filmwesens untersucht das Buch "Mag's im Himmel sein, mag's beim Teufel sein - Stars und die Liebe unterm Hakenkreuz". Wie verhielten sich große deutschsprachige Kinostars zum Regime - opportunistisch oder mutig in Opposition? Heinz Rühmann (hier mit seiner zweiten Frau Herta Feiler) war mit der Jüdin Maria Bernheim verheiratet, ließ sich aber 1938 scheiden.
Wie das Kino "Geschichte" gestaltet
Das Buch "Zeitgeschichte sehen: Die Aneignung von Vergangenheit durch Filme und ihre Zuschauer" untersucht detailliert, wie Geschichte im Medium Kino transportiert wird und was das beim Zuschauer auslöst. Als Ausgangsfilm dient "Forrest Gump" mit Tom Hanks, der 1994 ein Welterfolg war. Filme werden manchmal, siehe "Forrest Gump", zu einem kulturellen Phänomen - einfach weil sie Debatten auslösen.
Revolutionäres aus der ČSSR
Zum Schluss ein Blick über filmischen Ländergrenzen: 2018 wurde überall an das Umbruchjahr 1968 erinnert. In keinem anderen osteuropäischen Land führte die (kurze) gesellschaftspolitische Öffnung damals zu einer solch filmkulturellen Blüte wie in der ČSSR. "Klassiker des tschechischen und slowakischen Films" heißt ein Buch, das an Meisterwerke wie "Liebe nach Fahrplan" von Jiří Menzel erinnert.