Das Geld zu Gast bei Freunden
7. Juni 2006Das "Nachsingen und -summen oder -pfeifen von Werbemelodien der Nicht-FIFA-Sponsoren" sei im Umkreis des Kölner WM-Stadions zu vermeiden - dieses Schreiben fanden Anwohner vor wenigen Tagen in ihren Briefkästen. Ein Scherz, wie sich herausstellte, doch angesichts des Geschäftsgebarens der FIFA hielten es viele für echt.
Global Player FIFA
Die FIFA hat sich zu einem mächtigen Wirtschaftsunternehmen entwickelt, dessen Einfluss weit über die Fußballstadien hinaus reicht: So musste in Hamburg für die WM der Schriftzug "AOL Arena" vom Stadion entfernt werden, während der Sportartikelhersteller "Nike" in der Zentrale in Frankfurt sein markantes Logo verhüllen muss.
Die FIFA trete als "Besatzungsmacht" auf, entrüsten sich deutsche Unternehmen und Politiker, weil in den "Bannmeilen" um die Stadien nur die offiziellen Sponsoren werben dürfen - noch nicht einmal Milch darf an Spieltagen dort ausgeschenkt werden, weil es das Revier von Coca-Cola ist. Laut FIFA-Marketingchef Gregor Lentze spült allein das Geld der 15 Großsponsoren rund 700 Millionen Euro für diese Exklusivität in die Verbandskasse.
Grenze überschritten?
Mit solchen Maßnahmen strapaziere die FIFA ihre Möglichkeiten über, findet Peter Danckert, Vorsitzender des Sportausschusses im Bundestag. Ihn ärgert vor allem die WM-Fanmeile, die auch durch das Berliner Regierungsviertel verlaufen soll. "Aber die FIFA hat das Monopol auf Fußball und ist in der Position, Forderungen zu stellen", sagt er, "das ist der Preis, den die Austragungsorte bedauerlicherweise dafür zahlen müssen."
Die Rote Karte erhielt die FIFA allerdings kürzlich vom Bundesgerichtshof: Sie wollte sich die Begriffe "WM 2006" und "Fußball WM 2006" als Marken für mehr als 850 Waren und Dienstleistungen schützen lassen. Unzulässig, hieß es dazu im BGH-Urteil. "Da könnte man ja auch für Weihnachten oder Ostern Markenschutz beantragen", so Götz Jordan, der einen klagenden Süßwarenhersteller vertrat.
Üppiges Finanzpolster
Trotzdem wird FIFA-Präsident Joseph Blatter gute Nachrichten haben, wenn am Mittwoch (07.06.) die Delegierten des Weltverbandes zum FIFA-Kongress in München zusammentreffen. Einnahmen von rund 1,86 Milliarden Euro erhofft man sich von der WM, allein die Hälfte davon stammt aus der Vermarktung der Fernsehrechte.
Die Ausgaben hingegen belaufen sich nur auf etwa 755 Millionen Euro, darin enthalten die Zuschüsse an das deutsche WM-Organisationskomitee, Startgelder, Prämien und Gelder für die Unterstützungsprojekte der FIFA. Obwohl die FIFA ein sattes Plus macht, zahlt sie in der Schweiz einen verminderten Steuersatz von 4,25 Prozent, da sie als nicht-profitorientierter Verband eingetragen ist. Dessen Zweck sei es, "den Fußball fortlaufend zu verbessern", wobei der "völkerverbindende, erzieherische, kulturelle und humanitäre Stellenwert" zu berücksichtigen sei.
Wer zahlt's?
Eine große Finanzlast hingegen trägt die öffentliche Hand: 3,7 Milliarden Euro hat der Staat in den Ausbau der Infrastruktur gesteckt. 1,5 Milliarden Euro kostete die Modernisierung aller zwölf Spielstätten, woran sich Bund, Länder und Gemeinden zu einem Drittel beteiligt haben. Und allein das bayerische Innenministerium will für Polizei und Sicherheitskräfte bei der WM rund 16 Millionen Euro an Sondermitteln bereitstellen. "Aber Deutschland verdient an der WM auch gut, etwa durch Hotelübernachtungen, Benzin oder Mehrwertsteuern", gibt Peter Danckert zu Bedenken. "Und die weltweite Werbekampagne für Deutschland ist eigentlich unbezahlbar", sagt er.
Doch die Kritik am Geschäftsgebaren der FIFA wächst: "Der Fußball braucht eine generelle Reinigung", hat Franz Beckenbauer gefordert und DFB-Präsident Theo Zwanziger sagte, man sei in der Vermarktung des Fußballs bei dieser Weltmeisterschaft an eine Grenze gekommen. Zustimmung gibt es auch aus der Politik: "Ich fühle mich in meinem Eindruck von den Strukturen und dem Kommerz der FIFA bestätigt", so Peter Danckert.
FIFA-Präsident Blatter reagierte auf die Kritik und kündigte eine Selbstbeschränkung nach der WM an: "Wir werden auf das Optimum setzen, nicht auf das Maximum." Danckert hält diese Ankündigung für glaubwürdig: "Ich glaube, Blatter hat aus der massiven Kritik der letzten Wochen gelernt. Ich denke, die FIFA wird nach der WM neue Maßstäbe anlegen."