Rückblick auf das Filmjahr 2017
15. Dezember 2017War das ein gutes Kinojahr? Wenn man auf die Siegerfilme der drei großen Festivals blickt, sicher ja. "Körper und Seele" der ungarischen Regisseurin Ildikó Enyedi, "The Square" des Schweden Ruben Östlund und "The Shape of Water" des Mexikaners Guillermo del Toro - keine schlechte Ausbeute für Berlin, Cannes und Venedig. Dazu starkes Kino aus Hollywood wie "Moonlight" und "La La Land", die bei den Oscars absahnten und auch künstlerisch überzeugen konnten.
Kasse versus Kunst: das Filmjahr 2017
Doch Kunst ist nicht gleich Kasse. Wie (fast) immer findet sich in der Liste der kommerziell erfolgreichsten Filme kaum etwas, was auf Festivals oder bei der Kritik prämiert wurde. Unter den Top Ten der Kassenerfolge finden sich neun Hollywood-Produktionen und ein Film aus China. Davon wird künstlerisch wenig in Erinnerung bleiben.
Und was bedeutet eine solche Liste schon wirklich? Der achte Teil der Star-Wars-Saga startete weltweit am 14. Dezember in den Kinos und wird wahrscheinlich schon nach ein paar Tagen an die 2017er-Erfolgsliste anklopfen. In zwölf Monaten, wenn 2018 Bilanz gezogen wird, dürfte "Star Wars: Die letzten Jedi" ganz oben stehen. Doch das ist Zukunftsmusik.
In Deutschland zogen fast nur Hollywood-Filme die Menschen in die Kinos
Auch bei den deutschen Erfolgsfilmen muss man natürlich unterscheiden: "Fack Ju Göhte 3" zog Millionen in die Kinos, ansonsten dominierte Hollywood. Auch und vor allem mit Filmen wie der Fortsetzung von "Fifty Shades of Grey", "Baywatch" und "The Boss Baby". Hoffnung auf einen Festival- oder Kritikerpreis durfte sich Bora Dagtekins Schulkomödie nicht machen, aber das war wohl auch nicht sein Ansinnen.Künstlerisch wurde das Kinojahr hierzulande immer noch geprägt von "Toni Erdmann", aber auch neuere Filme wie Fatih Akins "Aus dem Nichts" mit einer großartigen und in Cannes ausgezeichneten Diane Kruger begeisterten das Publikum. Deutsche Serienmacher erregten darüber hinaus Aufmerksamkeit mit auch international erfolgreichen Mehrteilern wie "Babylon Berlin", "Das Verschwinden" und "Dark".
Der Weinstein-Skandal erschütterte nicht nur Hollywood
2017, das wird aber natürlich auch in Erinnerung bleiben mit unschönen Ereignissen wie dem Skandal um den US-Produzenten Harvey Weinstein, der monatelang die Berichterstattungen in den Medien beherrschte - der #MeToo war Ausdruck weltweiter Reaktionen. In Russland erzürnte der Zarenfilm "Matilda" die Hüter des reinen Russentums und der orthodoxen Kirche. Und in Deutschland elektrisierte in den letzten Wochen des Jahres die Debatte um die künftige Führung des größten deutschen Filmfestivals die Szene. Dieter Kosslick, 2019 scheidender Berlinale-Chef, sah sich plötzlich einer großen Kritiker-Schar gegenüber.
Und was war nun der "beste" Film des Jahres? Unmöglich, darauf eine objektive Antwort zu geben. Weil jede Jahres-Bestenliste immer stark subjektiv gefärbt ist, endet unser Jahresrückblick deshalb auch mit der ganz persönlichen Lieblingsliste unseres Kinokritikers Jochen Kürten:
Dokumentarfilm des Jahres: "I Am Not Your Negro" von Raoul Peck (Frankreich, USA, Belgien, Schweiz)
Serie des Jahres: "Das Verschwinden" von Hans-Christian Schmid (Deutschland)
Filme des Jahres, die in den vergangenen 12 Monaten ihren deutschen Kinostart hatten:
Platz 10: "Hell or High Water" von David Mackenzie (USA)
Platz 9: "Subbura" von Stefano Sollima (Italien/Frankreich)
Platz 8: "Die Überglücklichen" von Paolo Virzì (Italien)
Platz 7: "Dunkirk" von Christopher Nolan (GB, USA, Frankreich, Holland)
Platz 6: "Schlösser aus Sand" von Olivier Jahan (Frankreich)
Platz 5: "Manchester by the Sea" von Kenneth Lonergan (USA)
Platz 4: "La La Land" von Damien Chazelle (USA)
Platz 3: "Moonlight" von Barry Jenkins (USA)
Platz 2: "Neruda" von Pablo Larraín (Chile, Argentinien, Frankreich, Spanien)
Platz 1: "Der Wein und der Wind" von Cédric Klapisch (Frankreich)
Mehr über das Filmjahr 2017 erfahren Sie auch in unserer neuen Ausgabe von KINO.