Das etwas andere Darts-Turnier
16. April 2020Drei Darts, eine 2,36 Meter entfernte Wurflinie und der Wille zum Sieg. Abgesehen von ein paar bekannteren Gesichtern der Szene ist das alles, was den Dart-Fans bei der PDC (Professional Darts Corporation) Home-Tour, die am Freitag beginnt, bekannt sein wird. Statt überfüllter Arenen, singender Menschenmengen und einer gut ausgeleuchteten Wettkampf-Bühne wird es private Räume, Webcams und Fans nur vorm heimischen Bildschirm geben - alles ist anders dieser Tage, auch beim Darts. Die Organisatoren wollen dem Publikum auch während der Corona-Pandemie echten Live-Sport bieten.
An 32 Abenden werden 16 Spieler in Vierergruppen gegeneinander antreten, um zu ermitteln, wer die K.o.-Runde erreichen wird. Die Spieler positionieren eine Kamera zwischen sich und dem Spielfeld und werfen abwechselnd. Jeder verkündet dann sein Ergebnis, während ein Kommentator für den richtigen Rahmen und den Überblick sorgt. "Es wird alles neu für mich sein", sagt Peter Wright im Gespräch mit der DW. Anfang des Jahres gewann er den PDC-WM-Titel. Was er vom neuen Format erwarten soll, weiß er noch nicht. "Wenn man nicht auf einer großen Bühne mit den Lichtern und dem Druck des Publikums spielt, wird es anders, es wird seltsam sein."
"Die Zuschauer machen Darts aus"
Wright, der am Neujahrstag im Londoner Alexandra Palace vor Tausenden von Zuschauern den prestigeträchtigeren der beiden Weltmeistertitel des Darts-Sports gewann, glaubt, dass die Abwesenheit von Zuschauern die größte Veränderung für die Spieler sein wird. "Das Publikum kann bei Spielen durchaus helfen und manchmal auch gegen dich antreten, aber auch das kann dir in gewisser Weise helfen. Aber es ist einfach gut, Darts auf einem kompetitiven Niveau zu spielen. Wir müssen sehen, wie es läuft. Und wer weiß, wir könnten von jetzt an vielleicht auch zuhause spielen", sagt Wright und schiebt dann nach: "Aber wir würden all die Zuschauer vermissen, sie machen das Darts aus."
Der 50-Jährige vertritt Schottland, wird aber von seinem Haus in England aus mitspielen. Er ist froh, dass er sich extra ein eigenes Zimmer in seinem Haus für seinen Sport eingerichtet hat. Denn normalerweise verbringt er den größten Teil seines Lebens als Berufsspieler auf Reisen, auf der Bühne und in Hotelzimmern. "Das bedeutet, dass ich nicht in einen Club oder Pub gehen muss, um zu üben, sondern ich habe das Zimmer, das wie ein Pub aussieht - mit einem Fernseher, einem Billardtisch und der unverzichtbaren Dartscheibe. Die ist mit dem Laser nivelliert, also millimetergenau", sagt er. "Es hilft mir, denn es ist wie ein Fluchtraum, ich kann so tun, als wäre ich zum Training in einen Club gegangen. Auf den Mann, der den Spitznamen "Schlangenbiss" trägt, und der seine extravaganten Frisuren häufig wechselt, wartet eine Überraschung von seiner Frau Joanne - einer Friseurin. "Anscheinend hat meine Frau für den ersten Tag etwas Besonderes geplant, aber das müssen wir abwarten und sehen", scherzt er.
Die Krise als Chance?
Das Turnier wird - wie eine Reihe von Testspielen - kostenlos auf der PDC-Website übertragen. Der Chef der Organisation, Matt Porter, erläutert gegenüber der DW, dass er sich von dem Turnier eher erhofft, dass es den Sportfans, die das Live-Geschehen vermissen, etwas bieten kann - und dass man vielleicht längerfristig ein paar mehr Leute für den Sport gewinnen kann. "Ich habe niemanden sonst gesehen, der es versucht hat. Es ist einfach ein einzigartiger Moment, der dem Dartsport eine einzigartige Chance bietet. Viele andere Sportarten können zu diesem Zeitpunkt nicht gespielt werden." Es ist derzeit unmöglich zu wissen, wann und ob die Sportwelt überhaupt zu dem zurückkehren wird, was bis vor kurzem noch als normal galt. Porter glaubt, dass die PDC-Home-Tour zurzeit eine Marktlücke füllt. Aber er sieht sie nicht als eine langfristige Option für die Spitzenspieler.
"Es ist wahrscheinlich nicht die Spielform, die in fünf Jahren noch zu sehen sein wird. Aber das ist nicht wirklich wichtig, weil es speziell für dieses Umfeld entwickelt wurde", sagt er. "Es ist die Art von Format, die möglicherweise für Hobby-Sportler funktionieren könnte, aber für Profis ist es nicht das, was sie wollen. Sie würden den direkten Kampf verpassen, den sie auf der Bühne austragen."
Wright räumt auch ein, dass man die Wettbewerbe nicht miteinander vergleichen kann und dass das Fehlen von Zuschauern für einige Außenseiter bei einer Veranstaltung zum Vorteil werden könnte. Doch Wright bleibt Sportler. "Die Leute werden sich vielleicht in ihrem Haus wohler fühlen, mit ihrer eigenen Dartscheibe. Aber ich denke, dass ich gewinnen kann - und ich will es auch."