Passiv-Hochhaus
2. Januar 2012Freiburg zeigt nun, dass hohe Energieeffizienz nach dem sogenannten Passivhausstandard nun auch im Hochhaus möglich ist. Und nicht nur das: selbst im Altbau.
Doch was ist eigentlich ein Passivhaus? Der Begriff wurde geprägt vom Passivhaus-Institut in Darmstadt. Er soll ausdrücken, dass dieses Haus einen derart geringen Heizenergiebedarf hat, dass es sich fast von selbst erwärmt. Nach der vom Passivhaus-Institut entwickelten Definition, darf ein Passivhaus höchstens 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter jährlich für Heizung und Kühlung verbrauchen, also umgerechnet etwa 1,5 Liter Heizöl. Damit verbraucht das Passivhaus gerade ein Viertel der Energie eines durchschnittlichen Neubaus in Deutschland und weniger als ein Zehntel vieler Altbauten. Im Passivhaus wird in der Regel weniger Energie für Heizung und Kühlung benötigt als für die Warmwasserbereitung.
Nur noch ein Viertel der Energie
In Europa gibt es bereits über 30.000 Passivhäuser, die meisten in Deutschland und Österreich, Hochhäuser waren bislang nicht darunter. Doch das ändert sich nun. In Freiburg wurde soeben ein 16-stöckiges Hochhaus im Stadtteil Weingarten als weltweit erstes in dieser Dimension zum Passivhaus geadelt. Dafür wurde der 47 Meter hohe Bau aus dem Jahr 1968 innerhalb von anderthalb Jahren komplett entkernt und saniert - und so der jährliche Heizwärmebedarf von bislang 68 auf 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter gesenkt. Also um fast 80 Prozent. 13,4 Millionen Euro hat die Freiburger Stadtbau GmbH (FSB), das kommunale Wohnungsunternehmen der Universitätsstadt, in die Sanierung gesteckt.
Mehr Komfort für weniger Geld
Und in Nachbarhäusern geht es nun in gleichem Stil weiter. Bis zum Jahr 2020 will die FSB rund 1300 Wohnungen im Stadtteil energetisch sanieren. Das Programm umfasst Hochhäuser mit vier bis 16 Geschossen und einige Nichtwohngebäude. Dank Förderprogrammen wird das Wohnen für die Mieter im Passivhochhaus nicht einmal teurer - zumal schließlich auch die Nebenkosten durch die Sanierung um rund 50 Eurocent je Quadratmeter und Monat sinken.
Die wenige Heizenergie, die noch nötig ist, kommt aus dem effizienten Freiburger Fernwärmenetz. Zudem versorgt eine moderne Lüftungsanlage jede Wohnung kontinuierlich mit frischer Luft, ein öffnen der Fenster wird damit überflüssig. Über einen Wärmetauscher wird die Frischluft von der alten, verbrauchten Luft vorgewärmt und spart damit viel Energie. Und ein Teil der hauseigenen Stromversorgung übernimmt eine Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Mieter müssen aufgeklärt werden
Viel Kommunikation mit den Mieter gehört zum Erfolg des Passivhausprojektes dazu. "An die gleichbleibende Temperatur in allen Räumen und die Frischluftzufuhr mussten sich einige Bewohner erst gewöhnen", sagt Ralf Klausmann, Geschäftsführer der FSB. "Uns war und ist es daher sehr wichtig, die neuen Mieter aufzuklären, was beim Wohnen im Passivhaus besonders ist und worauf sie achten müssen, zum Beispiel beim Lüften." Eigens dafür habe die FSB neun Damen ausgebildet, sie sich nun "Sparfüchsinnen" nennen; sie gehen auf die Bewohner zu und informieren über alles, was mit Heizung, Lüftung und Energiesparen zu tun hat. Sie wurden in einem siebenmonatigen Qualifizierungsprogramm darauf vorbereitet.
Forscher analysieren Erfolg
Mit im Boot sitzt bei dem Projekt auch das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg, das für die Planung, Umsetzung und messtechnische Analyse zuständig ist. Einzelne Etagen werden in ihrer Energiebilanz nämlich detailliert erfasst - es werden Warmwasserbedarf, Haushaltsstrom und Heizung gemessen, und es wird über Fensterkontakte das Lüftungsverhalten festgehalten. Die Messungen werden zwei Jahre dauern, die Ergebnisse anonymisiert. Am Ende will man sehen, wie Theorie der Planer und Praxis der Bewohner harmonieren.
Autor: Bernward Janzing
Redaktion: Gero Rueter