Das Elend eines Kontinents
18. Juli 2003Von den 53 Ländern Afrikas ist mehr als ein Drittel in Kriege, Bürgerkriege oder sonstige Machtkämpfe verstrickt. Allein im vergangenen Jahrzehnt wurden mehrere Millionen Menschen bei diesen Konflikten getötet:
Demokratische Republik Kongo
Große Aufmerksamkeit erregte in den Wochen vor der Afrika-Reise von US-Präsident George W. Bush (7.7.-12.7.2003) die Demokratische Republik Kongo (Ex-Zaire). In die Unruheprovinz Ituri im Nordosten wurde eine europäische Friedenstruppe entsandt, um die Gemetzel zwischen den Volksgruppen der Lendu und Hema zu beenden.
Dies ist nur ein Teilaspekt der dort seit Jahren tobenden Konflikte, in die sich auch die Nachbarstaaten einmischten. Im August 1998 weitete sich eine Rebellion im Osten Kongos zu einem Regionalkrieg aus. Regierungstruppen, die von Angola, Namibia und Simbabwe unterstützt wurden, standen Rebelleneinheiten gegenüber, die ihrerseits Hilfe aus Ruanda und Uganda erhielten. Zwischen drei und vier Millionen Menschen sollen getötet worden sein, Millionen wurden vertrieben oder ergriffen die Flucht - vielfach bis nach Tansania.
Liberia
Seit 1999 bekämpfen Rebellen in der westafrikanischen Republik Liberia die Regierungstruppen des 1997 gewählten Staatschefs Charles Taylor. Von zwei Seiten rückten die Rebellen auf die Hauptstadt Monrovia vor - die Vereinigten Liberianer für Versöhnung und Demokratie (LURD) von Norden und die Bewegung für die Demokratie in Liberia (MODEL) von Südosten. Am 4. Juli beschlossen die Verteidigungsminister der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS die Entsendung einer Eingreiftruppe von 3000 Mann.
US-Präsident George W. Bush forderte am Mittwoch (9.7.) Taylor errneut auf, ins Exil zu gehen. Er signalisierte, dass die USA an ihrer Strategie festhalten wollten, bei der Ausbildung afrikanischer Truppen sowie der Logistik zu helfen, um damit das Land zu befrieden.
Burundi
Die Massaker zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi in Ruanda und Burundi sind das eindringlichste Beispiel für ethnische Konflikte in Afrika. Während nach dem Völkermord, bei dem 1994 mindestens 800.000 Menschen umgebracht wurden, in Ruanda inzwischen relative Ruhe herrscht, ist der Konflikt im benachbarten Burundi nie beigelegt worden. Seit 1993 wurden in blutigen Auseinandersetzungen mit vier Rebellenbewegungen rund 300.000 Menschen getötet.
Sudan
Schon seit 1983 tobt in Sudan ein Bürgerkrieg, in dem sich die Regierungstruppen des arabisch-islamisch geprägten Nordens und Rebellentruppen mit vor allem christlicher Ausrichtung aus dem Süden gegenüberstehen. Die Rebellen sind in der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee (SPLA) organisiert. Die Zahl der Getöteten wird auf rund 1,5 Millionen geschätzt.
Angola
Zu den langanhaltenden Konflikten in Afrika zählt der Bürgerkrieg in Angola. Als im April 2002 ein Waffenstillstand zwischen den Regierungstruppen und der Rebellentruppe UNITA geschlossen wurde, hatte das Land 27 Jahre Bürgerkrieg hinter sich. Mindestens 500.000 Angolaner wurden getötet.
Algerien
Seit einem Jahrzehnt vergeht in Algerien keine Woche ohne Mordtaten islamisch-fundamentalistischer Gruppen. Sie setzten ein, als die Islamische Heilsfront zur Jahreswende 1991/92 von der Staatsführung von den Parlamentswahlen ausgeschlossen wurde. Mehr als 100.000 Menschen wurden bei den Auseinandersetzungen getötet.
Elfenbeinküste
Der Machtkampf in der westafrikanischen Republik Elfenbeinküste ist vergleichsweise jung. Faktisch ist das Land zweigeteilt, seit Rebellengruppen im September 2002 den Norden unter ihre Kontrolle brachten. Unter französischem Druck kam Anfang 2003 ein notdürftiger Kompromiss zu Stande.
Somalia
In Somalia ist die staatliche Zentralgewalt fast völlig zerfallen. Vor zehn Jahren versuchte die internationale Gemeinschaft, dem Treiben der Warlords ein Ende zu bereiten. Als jedoch 18 US-Soldaten getötet und die Leichen einiger GIs vor laufenden Kameras durch den Dreck geschleift wurden, zogen sich die USA zurück.
Neben den großen Kriegen und Bürgerkriegen gibt es in Afrika eine Vielzahl von Konflikten, die jeden Tag neues Elend für die Zivilbevölkerung oder Fluchtbewegungen hervorrufen können. In Nigeria gilt seit drei Jahren in zwölf Bundesstaaten des Nordens die islamische Scharia als Strafrecht. Bei Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Christen kamen seither rund 10.000 Menschen ums Leben. In Kongo-Brazzaville entbrannten 1998 und 2003 Bürgerkriege mit mehreren tausend Toten. In der Zentralafrikanischen Republik wurde im November 2001 Präsident Ange-Felix Patasse gestürzt. (afp)