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Das Eldorado für Geldwäscher

21. April 2016

Kriminelle waschen in Deutschland nach Erkenntnissen einer vom Finanzministerium in Auftrag gegebenen Studie wahrscheinlich Geld in Höhe von etwa 50 bis 100 Milliarden Euro im Jahr.

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Symbolbild Korruption Bestechung
Bild: Colourbox/Erwin Wodicka

Eine offene Wirtschaft und lasche Kontrollen – für Experten gilt Deutschland als Eldorado für Geldwäsche im so genannten Nicht-Finanzsektor. Die oft unterschätzten "großen Drehscheiben für Geldwäsche" seien wertstabile und leicht handelbare hochpreisige Investitionsgüter wie Antiquitäten und Kunstgegenstände sowie Luxusgüter wie Uhren, berichtete das Ministerium in seinem am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht.

Ein hohes und von den betroffenen Branchen häufig unterschätztes Risiko bestehe auch beim Immobilienhandel, im gesamten Baugewerbe, beim Boots- und Yachtverkauf sowie bei der Betreuung von Treuhand- und Anderkonten durch Juristen oder Vermögensverwalter, hieß es darin unter Verweis auf die Ergebnisse der von einem Experten der Universität in Halle-Wittenberg verfassten Untersuchung, die den sogenannten Nicht-Finanzsektor in den Blick nahm. Zu diesem gehören Berufe außerhalb der Bank- und Versicherungsbranche.

Magnet für Geldwäscher

Die geschätzte Zahl aller Geldwäscheverdachtsfälle im sogenannten Nicht-Finanzsektor ist dabei laut Studie ähnlich hoch oder vermutlich sogar höher als im Finanzsektor. Zu dem Güterhandel kommen dabei ferner noch Geldwäscheaktivitäten mit eigens gegründeten Firmen mit hohem Bargelddurchsatz etwa in der Glücksspiel- oder Gastronomiebranche. Geldwäscher im Auftrag der international agierenden organisierten Kriminalität ziehe das reiche Deutschland mit seiner prosperierenden Wirtschaft "magnetisch" an.

"Das gesamte Geldwäschevolumen des Finanz- und Nicht-Finanzsektors Deutschlands zusammengenommen dürfte daher 50 Milliarden Euro übersteigen und sich wahrscheinlich in der Größenordnung in Höhe von über 100 Milliarden Euro jährlich bewegen", fasste das Ministerium die Ergebnisse zusammen. Die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor müsse verstärkt werden. Dies falle allerdings vollständig in die Kompetenz der Länder.

Kritik von den Grünen

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick warf dem Bundesfinanzministerium Versagen vor. Die "besondere Anfälligkeit" des Nicht-Finanzsektors sei schon "seit Jahren bekannt", erklärte er in Berlin. Die Länder hätten den Bund bereits 2012 darum gebeten, die Zuständigkeit für Geldwäschebekämpfung in diesem Sektor zu übernehmen.

Schick zufolge forderten sie damals die Einrichtung einer der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) vergleichbaren Behörde, die Kontrollaufgaben außerhalb der Finanzbranche wahrnehmen sollte. Dem habe sich die Regierung aber "verweigert". Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) müsse dies nun mit den Ländern nachholen.

In den Jahren 2010 und 2014 sei Deutschland von der auf Geldwäsche spezialisierten Expertengruppe FATF der Industrieländer-Organisation OECD wegen unzureichender Geldwäscheprävention scharf gerügt worden. Auch von der EU-Kommission sei in der Vergangenheit Kritik gekommen. Bis heute erfülle Deutschland nicht die FATF-Standards gegen Geldwäsche.

Obergrenze für Bargeldzahlungen?

Studienverfasser Kai Bussmann empfahl darüber hinaus die Einführung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen. Bargeld sei eines der größten "Geldwäscherisiken". Verschiedene europäische Staaten haben bereits nationale Obergrenzen für die Bezahlung mit Bargeld. Die Finanzminister der EU forderten die EU-Kommission inzwischen auf, die Einführung eines europaweit geltenden Schwellenwerts für Bargeldgeschäfte zumindest zu prüfen.

Der auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte Experte stützte sich bei seiner Studie den Angaben zufolge auf Interviews mit Experten aus Polizei, Justiz, Wissenschaft und betroffenen Branchenverbänden. Zudem zog er die Ergebnisse repräsentativer Befragungen von Vertretern solcher Berufe heran, die nach dem Geldwäschegesetz dazu verpflichtet sind, Verdachtsfälle zu melden. Dazu zählen etwa Immobilienmakler und Spielbanken.

wen/zdh (afpd,rtrd)