Vernetzt Wohnen
7. September 2010"Vernetztes Wohnen ist bereits Realität." Petra Schmieder vom Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) erklärt gleich zu Beginn meines Besuchs im so genannten E-Haus, dass sämtliche Technik in dem nachempfundenen Einfamilienhaus bereits verfügbar ist. Richtig denke ich, denn neben dem Eingang befinden sich ein üblicher Briefkasten, darüber Klingelknöpfe und Namensschilder. Das kenne ich. Außerdem gibt es Kamera und Lautsprecher (auch nicht neu für mich) und dann noch einen Fingerprint-Sensor. Finger auflegen und "Sesam öffne Dich" - zumindest für alle berechtigten Personen. Die Bewohner könnten somit schon mal den Hausschlüssel nicht mehr vergessen oder verlieren, sagt meine Gastgeberin.
Komfort und Sicherheit
Alle anderen Besucher müssen wie üblich klingeln. Doch nicht nur im Haus kann man auf Bildschirmen kontrollieren, wer davor steht: "Egal wo man gerade ist, ob in einem Straßencafé in Paris oder in San Francisco an der Goldengate Bridge", schwärmt Petra Schmieder. Über eine Applikation auf dem Smartphone und das Internet könne man sogar direkt mit dem Menschen an der Haustür sprechen. Auf gleichem Weg wird zudem der Blick in jedes mit einer Webcam versehene Zimmer möglich, und ich hätte auch Gelegenheit, das vergessene Licht sowie jedes andere vernetzte Elektrogerät aus der Ferne abzuschalten. Einschalten sei dagegen aus Sicherheitsgründen nicht möglich, so Schmieder. Das leuchtet ein. Und erst recht, dass bei dieser Kommunikation über das Internet die Datensicherheit oberste Priorität haben muss.
Doch ich bin ja bereits drin in diesem elektronischen Wunderhaus. Das Wohnzimmer ist natürlich mit modernstem Home-Entertainment ausgestattet, wie man es überall in den IFA-Messehallen sieht, 3D-Fernseher selbstredend inklusive. Mein Interesse fällt allerdings auf einen weiteren Bildschirm an der Wand. Auf ihm ist gerade der Grundriss des Hauses zu sehen. Als Petra Schmieder das Fenster öffnet, sehe ich auf dem Bildschirm an der Stelle das Fenster rot werden. Zugleich wird die Heizung heruntergeregelt, ergänzt Petra Schmieder. Schließlich sei es Energieverschwendung, wenn die Heizung läuft und bei offenem Fenster sollte man auch nicht unbedingt das Haus verlassen. Über das Touchscreen-Display lassen sich ebenso wie über Handy die meisten Komponenten des Hauses kontrollieren und bedienen.
Smart messen, verbrauchen und sparen
Eine Anzeige gibt zum Beispiel darüber Auskunft, wie viel Energie von den Geräten in den jeweiligen Räumen im Moment verbraucht wird und was das in Heller und Pfennig bzw. Euro und Cent für die Haushaltskasse ausmacht. Schaltet man einen Verbraucher ab, werden die Veränderungen sofort sichtbar. Einfacher geht dies aber auch mit Hilfe einer so genannten Energieampel, die mir Petra Schmieder in der Küche zeigt. Je nach Verbrauch leuchtet sie rot, gelb oder grün.
Egal, wo ich mich im Haus gerade aufhalte, fast überall habe ich alles im Blick: auf dem Display des Kochherdes zum Beispiel, ob der Dampfgarer läuft oder die Waschmaschine im Bad. Die "spricht" aber gerade mit dem Internet, um zu erfahren wann der Strom am billigsten ist, und verlegt den Waschgang deshalb in die Nachtstunden, sagt Frau Schmieder. Geschirrspüler und Wäschetrockner sind dank der "Smart-Grid" genannten Technologie nicht minder schlau und erledigen ihren Job ebenfalls, wenn es am wenigsten kostet.
Mehr als nützlicher Luxus
Dass der E-Haus-Besitzer im Badspiegel während des Zähnputzens am Abend noch den Spätfilm im Fernsehen zuende schauen kann oder am Morgen die Frühnachrichten, kann ich guten Gewissens als Luxus abtun. Dass er beim Duschen Wassertemperatur und -strahl nach seinen Vorlieben programmieren und dann automatisch immer zu Verfügung hat, erscheint mir da schon nützlicher und gilt für jedes Familienmitglied. Dass er in seinem Keller eine Solartherme und einen Kombispeicher für Brauchwasser und Heizung stehen hat, sollte ein Muss der modernen Haustechnik sein. Dass schließlich der Elektrosportwagen "Tesla Roadster" Strom aus der heimischen Photovoltaikanlage tankt, nehme ich gerne als Zugabe.
Gemessen und ausgewertet wird der Energieverbrauch über intelligente Zähler (Smart Meter). Über das Internet liefern sie die Daten an den jeweiligen Stromanbieter und erledigen somit auch die Abrechnung. Wenn die Stromanbieter in Deutschland ab Ende 2010 kraft Gesetzes gehalten sind, zeit- und lastabhängige Tarife anzubieten, damit regenerativ erzeugte Energien effizienter genutzt werden, dürfte die "Smart-Grid"-Technologie einen weiteren Schub erhalten und das E-Haus einen weiteren Schritt in Richtung Alltag machen.
Am Ende der Besichtigung gestehe ich meiner Begleiterin, dass ich wirklich beeindruckt bin. Petra Schmieder entgegnet, das genau dies eines der Ziele des ZVEH und seiner Partner sei: "Das ist kein Haus der Zukunft, sondern der Gegenwart. Wir haben hier auf der IFA eine sehr große Nachfrage und ein großes Interesse und freuen uns sehr darüber, weil wir das Gefühl haben: Vernetztes Wohnen kommt draußen an."
Autor: Manfred Böhm
Redaktion: Pia Gram