Dalai Lama zum Privatbesuch in Frankfurt
13. Mai 2014"Der Dalai Lama ist in Deutschland immer herzlich willkommen, wir freuen uns, dass er heute nach Deutschland kommt, nach Hessen, kommt. Er wurde ja auch in der Vergangenheit schon vom hessischen Ministerpräsidenten empfangen", sagt Michael Brand, der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestags, im Gespräch mit der Deutschen Welle.
Während der Dalai Lama jedoch in der Vergangenheit in der hessischen Staatskanzlei, dem Amtssitz des Ministerpräsidenten, und im Landtag zu Gast war, wird sein Besuch diesmal protokollarisch niedriger gehängt. Ministerpräsident Volker Bouffier (Artikelbild) trifft sich zwar mit dem Dalai Lama, allerdings im Frankfurter Tibethaus. "Das ist kein öffentlicher Termin", betont eine Sprecherin des Vereins Tibethaus gegenüber der DW. Die hessische Staatskanzlei ihrerseits wollte keine Stellungnahme abgeben.
Nicht nur der Ministerpräsident, auch Vorsitzende der anderen Fraktionen im hessischen Landtag vermeiden das Händeschütteln mit dem Friedensnobelpreisträger. SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel schickt seine Stellvertretende, die Linksfraktion lässt sich durch ihren Sprecher vertreten. Beide Parteien nennen "termintechnische Gründe".
Wirtschaftsinteressen
Im Vordergrund steht doch immer mehr das wirtschaftliche Interesse in Deutschland. Zum Beispiel das der Automobilindustrie, die für einen großen Anteil ihres Absatzes auf den chinesischen Markt angewiesen ist. Die Politik bleibt davon natürlich nicht unberührt", erklärt Kai Müller von "International Campaign for Tibet". Die neue Rolle der Frankfurter Börse als Handelsplatz für Renminbi-Geschäfte verstärkt die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Hessen und China.
Michael Brand meint, Menschenrechte und wirtschaftliches Interesse dürften sich nicht ausschließen. "Wenn Deutschland als einer der strategischen Partner Chinas über solche Fragen den Dialog nicht in genügender Weise sucht, verpassen wir eine Chance, unseren chinesischen Partnern bei der Frage auch der rechtlichen Integration in einer immer stärker von Kooperation geprägten Welt wichtige Hinweise zu geben", sagt der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses.
Auch andere Länder halten Distanz
Deutschland ist nicht das einzige Land, wo Politiker aus Rücksicht auf die Beziehungen zu China dem Dalai Lama derzeit aus dem Weg gehen. Als er vergangene Woche in Norwegen anlässlich des 25. Jahrestages der Entgegennahme des Friedensnobelpreises weilte, wurde er weder von der Ministerpräsidentin noch vom Parlamentsvorsitzenden des Landes begrüßt. Ministerpräsidentin Erna Solberg betonte in einem Fernsehinterview, es sei jetzt wichtig, die Beziehungen zu China zu normalisieren. Die Beziehungen hatten sich 2010 wegen der Nobelpreisverleihung an den Dissidenten Liu Xiaobo stark verschlechtert. Auch in Niederlanden traf sich der Dalai Lama im Rahmen seiner Europareise lediglich mit einigen Parlamentsabgeordneten.
Anhaltende Symbolkraft
Der Dalai Lama zeigt wie üblich Verständnis. Er sei "nicht enttäuscht" von der norwegischen Regierung, Oslo müsse zunächst das Vertrauen Chinas gewinnen, um die Beziehung verbessern zu können. "Wichtiger ist das Treffen mit dem Volk, nicht das mit den Politikern", sagt der Nobelpreisträger. Das hat der Dalai Lama in Frankfurt auch vor. In einem Stadion spricht er über "Mitgefühl und Selbstbewusstsein", auf einer anderen Veranstaltung können Schüler mit ihm über Ethik diskutieren. Er nennt sich einen "einfachen Mönch", insbesondere seitdem er 2011 die politische Führung der tibetischen Exilregierung abgegeben hat. Trotzdem: "Er ist ein religiöser Würdenträger, der spirituelle Aufgaben übernimmt, aber er hat natürlich hohe politische Symbolkraft“, so Kai Müller von der Tibetkampagne.
Michael Brand meint, dass der Dalai Lama überhaupt nach Deutschland kommt und sich mit dem hessischem Ministerpräsidenten trifft, zeige schon die politische Symbolkraft. "Entscheidend ist nicht, wer wann wen wo empfängt, ob im Tibethaus oder in der hessischen Staatskanzlei, sondern dass wir über das berechtigte Anliegen der Tibeter sprechen, und dass wir eine Verbesserung hinbekommen im Dialog mit China, damit die Tibeter ihre Kultur leben können."