Daimler und die Apartheidregierung in Südafrika
16. April 2010Daimler habe, so die Vorwürfe, die Apartheidregierung in Südafrika mit Fahrzeugen und Maschinen beliefert, die von Militär und Polizei genutzt worden seien. Der Konzern sagt dagegen, die Lieferungen seien nur für den zivilen Einsatz vorgesehen gewesen. Auf der Hauptversammlung der Daimler AG am Mittwoch (14.04.2010) wurde das Thema von kritischen Aktionären erneut angesprochen. Entschädigungen wurden gefordert.
Negative Schlagzeilen
Das Unternehmen Daimler kommt nicht aus den negativen Schlagzeilen heraus: Erst hohe Verluste im Jahr 2009 und dann auch noch mehrere Korruptionsskandale. Weil Daimler wiederholt Schmiergelder an Geschäftspartner zahlte, um mehr Aufträge zu bekommen, wurde der Konzern zu 185 Millionen Dollar Strafe verurteilt. Bei der Hauptversammlung am Mittwoch in Berlin zeigte sich der Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche reuig: "Wir haben verstanden und wir handeln entsprechend - übrigens nicht nur aus juristischen Gründen, sondern auch aus ethischen."
Wirtschaft und Ethik
Ethische Gründe für wirtschaftliche Entscheidungen – darauf hatte auch die unterdrückte Bevölkerung während der Apartheid in Südafrika gehofft. Im Falle Daimler vergebens, sagen Menschenrechtsaktivisten. Sie werfen dem Unternehmen vor, das Apartheidsystem durch Lieferung von militärisch nutzbaren Maschinen und Fahrzeugen unterstützt zu haben. Laut der südafrikanische Menschanrechtsorganisation Khulumani wurden mindestens 2500 Lastkraftwagen geliefert, womit Polizei und Armee Aufstände bekämpften. Daimler betont immer wieder, dass alle Lieferungen gesetzeskonform waren. Mpho Masemola von Khulumani fordert, dass der Konzern endlich Verantwortung übernimmt. Eine finanzielle Entschädigung, so Masemola, könne den Betroffenen zwar nicht ihre Würde zurückgeben. Aber einige brauchten Geld, weil ihr Leben von der Apartheidregierung zerstört worden sei: "Einige Häuser wurden von militärischen Fahrzeugen zerstört und viele Familien wurden vertrieben".
Opfer der Apartheid
Mpho Masemola war selbst ein Opfer der Apartheid, saß als Anti-Apartheid-Aktivist fünf Jahre in Haft und wurde von einem Scharfschützen der Polizei schwer verwundet. Er hat vor acht Jahren mit tausenden Opfern eine Sammelklage gegen mehrere Unternehmen eingereicht - an einem US-amerikanischen Gericht. Dort gibt es ein Gesetz, das Klagen von Nicht-Amerikanern in Drittstaaten zulässt, wenn Menschenrechte betroffen sind. Die Klage wurde zunächst abgewiesen, seit drei Jahren wird sie nun aber wieder überprüft. Bis zum Sommer soll eine endgültige Entscheidung über die Zulassung der Klage fallen. Doch Daimler will den Prozess verhindern, hält die Klage für unbegründet.
Deshalb hat die Gruppe der sogenannten Kritischen Aktionäre bei Daimler das Thema bei der Hauptversammlung erneut angesprochen. Dorothea Kerschdens ist eine von ihnen. Den kritischen Aktionären gehe es erst einmal um die Bereitschaft, sich mit den Klägergruppen an einen Tisch zu setzen, so Kerschdens. "So wie es auch nach langen und harten Kämpfen mit den Zwangsarbeitern in Deutschland passiert ist. Da war auch viel politischer Druck notwendig".
Entschädigungen?
Kerschdens Rede stieß beim Vorstand von Daimler auf taube Ohren. Der Konzern behauptet, er habe sich an die geltenden Gesetze gehalten und sei somit nicht schuldig. Nachdem sich die südafrikanische Regierung hinter die Klage stellte, wies der Konzern auf mögliche wirtschaftliche Folgen hin. Dabei meinte Daimler vor allem die Suche nach einem neuen Produktionsstandort. Mpho Masemola hält das für ein Eingeständnis: "Damit würden sie doch zugeben, dass sie Gewalttaten gegen unsere Leute begangen haben. Außerdem sind Profite nicht wichtiger als Menschenrechte".
Bei der Hauptversammlung hatte Daimler die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen aus dem Iran beendet und erhielt dafür viel Beifall von Menschenrechtlern. Im Fall Südafrika bleibt der Konzern jedoch stur. Daimler weigert sich die Archive zu öffnen und damit auch, die volle Wahrheit ans Licht zu bringen.
Autor: Adrian Kriesch
Redaktion: Klaudia Pape