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Chinesischer Besuch in Washington

Cui Mu / Wan Fang21. September 2015

Chinas Staatschef Xi Jinping will bei seinem USA-Besuch mit seinem Amtskollegen Barack Obama eine "neue Großmachtbeziehung" entwickeln, während der US-Präsident vor allem über Cybersicherheit reden will.

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Symbolbild USA China Flaggen (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/H. Kang

Zweieinhalb Jahre nach seinem Amtsantritt im März 2013 kommt Chinas Präsident Xi Jinping zum Staatsbesuch in die USA. Xi nimmt sich für seinen Besuch eine knappe Woche Zeit, er beginnt ihn am Dienstag in Seattle, wo er mit Vertretern von amerikanischen Technologie-Firmen zusammentreffen wird. Sicher kein zufälliger Programmpunkt zum Auftakt, sind es doch nicht zuletzt Wirtschafts- und Handelsfragen, welche die politischen Beziehungen zwischen beiden Ländern immer wieder belasten.

"Zwischen den beiden Ländern gibt es sowohl die neuen als auch die alten Probleme", sagt etwa Guo Xiangang, Politikwissenschaftler des zum Außenministerium gehörenden "China Institute of International Studies" (CIIS) in Peking, gegenüber der Deutschen Welle. "Zu den alten gehört zum Beispiel das riesige Defizit der USA im Handel mit China, hinzu kommen die neuen Themen wie Cybersicherheit oder der Inselstreit im Südchinesischen Meer."

Obama auf Konferenz zu Cybersecurity in Stanford (Foto: Reuters)
Obama verspricht US-Unternehmen hartes Vorgehen gegen Hackerangriffe von außenBild: Reuters/K. Lamarque

Konsens über Cybersicherheit?

Das Thema Cybersicherheit wird vom Weißen Haus besonders hervorgehoben. US-Regierungssprecher Josh Earnest gab Anfang September bekannt, Präsident Obama wolle seine Sorgen persönlich gegenüber Xi ausdrücken und Cybersicherheit zu einem zentralen Thema von Xis Staatsbesuch machen.

Die USA hatten chinesischen Hackern in der Vergangenheit wiederholt vorgeworfen, in Netzwerke und Computer amerikanischer Unternehmen und Regierungsangestellter eingedrungen zu sein, so sollen im April über 20 Millionen Regierungsangestellte ausgespäht worden sein. Peking dementiert allerdings alle Vorwürfe und sieht sich selbst als Opfer zahlreicher Hackerangriffe.

Trotz der chinesischen Dementis glaubt Guo Xiangang, dass Xi und Obama sich mit dem Thema umfassend auseinandersetzen werden. "Chinas Sicherheitschef Meng Jianzhu ist im Vorfeld des Staatsbesuchs nach Amerika gereist", betont Guo. Meng war unter anderem mit Obamas Sicherheitsberaterin Susan Rice zu einem "offenen und freimütigen Meinungsaustausch" über Fragen der Internetsicherheit zusammengetroffen, hieß es aus dem Weißen Haus. Vier Tage lang hatten sich hochrangige chinesische und amerikanische Vertreter über das Thema unterhalten und dabei laut der offiziellen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua "wichtige Übereinstimmung" erzielt. "China bezieht feste Position gegen die Ausspähung und den Diebstahl von Unternehmensgeheimnissen", so Meng.

Barack Obama und Xi Jinping in Peking (Foto: picture-alliance/AP)
Ist die "Augenhöhe" nicht bereits erreicht, wie beim APEC-Gipfel in Peking im November 2014?Bild: picture-alliance/AP Photo/P. Martinez Monsivais

Komplizierte Materie

Laut "New York Times" streben beide Seiten, China und USA, eine Art "Rüstungskontrollvertrag für den Cyberspace" an. Demnach würden sich beide Seiten verpflichten, nicht als erste einen massiven Cyberangriff zur Lahmlegung der Infrastruktur der jeweils anderen Seite zu starten. Ein solch wegweisendes staatliches Abkommen würde aber nicht notwendigerweise die bisherigen Ausspähaktionen gegen Firmen und Einzelpersonen betreffen, so dass mit weiteren Friktionen im Cyberspace zu rechnen sein wird, wie auch der amerikanische China-Experte Robert Daly im Gespräch mit DW meint.

"Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass dieses Problem zwischen den beiden Mächten kurzfristig gelöst werden kann. Es ist ein sehr schwieriges Thema", betont Robert Daly, Direktor des "Kissinger Institute on China and the United States", gegenüber der DW. Allenfalls mittelfristig sei er "etwas optimistischer", dass es hier zu einem Durchbruch kommen könne.

John Kerry und Yang Jiechi im Juli 2015 in Mount Vernon (Foto: Imago/Xinhua)
Trotz aller Abkühlungserscheinungen: Der bilaterale "strategische und wirtschaftliche Dialog" floriert, hier mit John Kerry und Yang Jiechi im Juli 2015 in Mount VernonBild: Imago/Xinhua

Streit um Begriffe …

Problematisch ist auch Chinas Beharren darauf, dass es sich bei seinem Verhältnis zu den USA um "Großmacht-Beziehungen neuen Typs" handele. Den Begriff hatte Xi Jinping noch vor seinem Amtseintritt erfunden. "Vielleicht wird Präsident Obama diesen Begriff einmal erwähnen, damit sich seine chinesische Gäste nicht beleidigt fühlen", vermutet Robert Daly. Für ihn steckt hinter dem Konzept "neuartige Großmächtebeziehung" die Erkenntnis Pekings, dass die USA und China niemals Feinde werden dürfen. "Das Motiv an sich ist ja positiv, aber wir Amerikaner mögen solche Begriffe nicht." Die Chinesen erfänden sehr gerne solche vagen Konzepte und lieferten den konkreten Inhalte später nach. "So was ist zu chinesisch, daran können sich Amerikaner nicht gewöhnen", sagt der China-Experte des Kissinger-Instituts.

Für den chinesischen Politikwissenschaftler Guo wiederum stecken hinter der Ablehnung des Begriffs "Großmacht-Beziehungen neuen Typs" aber nicht kulturelle Differenzen, sondern dass "die Amerikaner sich noch nicht daran gewöhnt haben, dass wir Chinesen nach dem Aufstieg zur Wirtschaftsmacht inzwischen auch mitreden dürfen", so Guo gegenüber DW.

Chinesische Spratly-Insel mit neuen Bauten (Foto: picture-alliance/dpa)
Chinas Bauaktivitäten im Südchinesischen Meer beunruhigen Nachbarn und die USABild: picture-alliance/dpa

… und um "Kerninteressen"

Guo betont, die Kernprinzipien der "Großmachtbeziehungen neuen Typs" seien "Augenhöhe und beiderseitiger Vorteil". Deswegen sei es nicht so wichtig, ob die USA den Begriff anerkennen oder nicht. "Hauptsache ist, dass sich die beiden Länder in der Zukunft wirklich gemäß diesen Prinzipien verhalten." Augenhöhe und beiderseitiger Vorteil ("win-win") klingen nach harmonischem Interessenausgleich, aber damit sind die "neuen Großmachtbeziehungen" nicht hinreichend beschrieben. Nach chinesischer Lesart gehören dazu auch die jeweiligen "Kerninteressen."

Hier kommt das Thema Südchinesisches Meer ins Spiel. Anders als beim Thema Cybersicherheit, wo Peking sich kooperativ gibt, macht Peking keinen Hehl daraus, dass es das Südchinesische Meer als seinen Hinterhof und ausschließlich chinesische Angelegenheit, also "Kerninteresse" betrachtet. Seine umstrittenen Bauprojekte zur Landgewinnung und Befestigung im Gebiet der Spratly-Inseln haben besorgte und kritische Reaktionen nicht nur von den Nachbarländern, sondern auch von den USA hervorgerufen.

"Eigentlich ist das Südchinesische Meer kein chinesisch-amerikanisches Thema", betont Politikwissenschaftler Guo. Er ist der Ansicht, dass dieses Thema ausschließlich zwischen China und den Nachbarländern behandelt werden solle. "Die Amerikaner sollten sich nicht einmischen und hier nicht mit geopolitischem Kalkül herangehen."

Anders China-Experte Daly: "Gerade im Südchinesischen Meer sind die Kerninteressen beider Ländern inkompatibel. Peking beansprucht Hoheitsrechte im größten Teil des Südchinesischen Meeres, während Washington auf den freien Zugang zu internationalen Gewässern und Vorkommen pocht und auf die Erfüllung seiner vertraglichen Beziehungen (in der Region)."

Auch Guo Xiangang räumt die Existenz solcher Konflikte in der sogenannten "neuartigen Großmachtbeziehung" ein. Man müsse einen Mechanismus entwickeln, um zu vermeiden, dass solche Konflikte sich hochschaukeln. Das sei zurzeit wohl die größte Herausforderung für die chinesisch-amerikanischen Beziehungen.