Franken-CSU probt den Aufstand gegen Seehofer
27. September 2017In der CSU mutet derzeit vieles wie beim Sturz von Edmund Stoiber vor knapp elf Jahren an: In Franken brach damals angeführt von der Fürther Landrätin Gabriele Pauli der Aufstand gegen den CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten los, in Franken mehren sich nun wieder die Stimmen, die von Horst Seehofer Konsequenzen fordern. Mehrere Ortsvereine, Kreisvorsitzende, Landtagsabgeordnete und nun auch ein Mitglied des Bundestags fordern Seehofers Rücktritt.
So sagte der Bundestagsabgeordnete Alexander Hoffmann aus Würzburg über den Vorsitzenden: "Er hat große Verdienste um die CSU, unsere Glaubwürdigkeitskrise hat allerdings auch gerade mit ihm zu tun." Klartext sprach insbesondere der mittelfränkische CSU-Ortsverband Großhabersdorf. "Horst Seehofer hat als Parteivorsitzender das historisch katastrophale Abschneiden der CSU bei der Bundestagswahl persönlich zu verantworten", erklärten die Ortsvorstände bereits am Montag.
Hoffnungsträger Söder
Auslöser der außergewöhnlichen Revolte ist, dass die Partei bei der Bundestagswahl um 10,5 Punkte auf 38,8 Prozent und damit noch stärker als die Schwesterpartei CDU abgestürzt ist. Das Schicksal Seehofers scheint nach diesem Absturz auf das schlechteste Bundestagswahlergebnis seit 1949 nun zu einem großen Teil in den Händen von Markus Söder zu liegen. Bayerns Finanzminister gilt trotz mancher Ränkespiele Seehofers als Kronprinz Nummer eins. Auf ihn richten sich im Moment in München alle Augen.
"Nach solch einem Wahldebakel ist doch selbstverständlich, dass eine Partei tief verunsichert ist", sagte Söder im Bayerischen Rundfunk. Seine Analyse fällt dabei schonungslos aus: "Eine CSU, die unter 40 Prozent ist, ist fast unvorstellbar für jeden, der in der Partei denkt", sagte er etwa. Oder: "Die Lage ist wirklich sehr, sehr ernst." Allerdings pflegt Söder eine feine Dialektik. Auf der einen Seite reibt er kräftig Salz in die offenen Wunden. Auf der anderen Seite sagt er - noch - keinen Satz, der ihm als offener Angriff auf Seehofer ausgelegt werden kann. "Da geht es nicht um persönliche Interessen eines Einzelnen", formuliert Söder etwa auch.
Seehofer gibt sich gelassen
Seehofer kennt das Spiel, auch wenn er gegenzusteuern versucht. Es habe im Parteivorstand nicht "den Hauch einer Personaldebatte" gegeben, sagte er im Bayerischen Fernsehen. Zugleich warf er seinen parteiinternen Gegnern eine Debatte zur Unzeit vor und verwies auf den Parteitag Mitte November. Dort werde der Vorstand gewählt, und dies sei der richtige Ort, solche Debatten zu führen, sagte er in Berlin. "Alles andere ist nicht hilfreich in dieser ungewöhnlich schwierigen Situation, die wir in Berlin zu bewältigen haben", betonte der CSU-Chef, der schon mehrfach einen Rücktritt ausgeschlossen hatte.
Unter einer aus dem Zitat "Der ist fällig" bestehenden Überschrift veröffentlichte die "Süddeutsche Zeitung" eine Liste von Rücktrittsforderungen an den CSU-Chef und Ministerpräsidenten. CSU-Politiker aus Kreis- und Bezirkstagen, Ortsvorsitzende und Dorfbürgermeister machten darin ihrem Ärger Luft. Auch aus der CSU-Landtagsfraktion gibt es klare Rücktrittsforderungen. "Ich glaube, wir brauchen einen anderen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl", sagte der Hofer Abgeordnete Alexander König. Die Fürther Landtagsabgeordnete Petra Guttenberger forderte, Seehofer müsse an Söder abgeben. Beide sind keine beißfreudigen Jungpolitiker, sondern seit 19 Jahren im Landtag.
Stimmungstest in München
Wie die Stimmung in der CSU wirklich aussieht, weiß Seehofer schon bald. Derzeit trifft sich die Landtagsfraktion. Die Sitzung wurde vorgezogen, damit die Abgeordneten mehr Raum zur Diskussion bekommen. Nervös ist so mancher Parlamentarier, weil voraussichtlich im Herbst 2018 der nächste Landtag gewählt wird.
Es meldeten sich aber auch Unterstützer Seehofers zu Wort. So bezeichnete CSU-Vizechef Manfred Weber die Personaldebatte um Seehofer als "Gift". "Es geht jetzt um unsere Durchsetzungsfähigkeit in den nächsten Monaten und den Erfolg bei der Landtagswahl", sagte der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion im EU-Parlament. Die CSU müsse vom Wohlfühl- in den Angriffsmodus wechseln.
Rückendeckung bekam Seehofer auch von seiner Stellvertreterin Ilse Aigner. "Wir haben ja von 2007 schon unsere Erfahrungen mit einer Palastrevolte, das Wahlergebnis von 2008 kennt aber auch jeder", sagte die bayerische Wirtschaftsministerin der Deutschen Presse-Agentur. Damals hatte die Partei Edmund Stoiber aus seinem Amt als Parteichef gedrängt, in der Folge verlor die CSU bei der Landtagswahl die absolute Mehrheit.
kle/qu (afp, dpa)