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Coworking Spaces: Die Alternative zum Büro

Antonia Kolberg
18. August 2019

Entspanntes Arbeiten im Coworking Space. Vielen gefällt die lockere Atmosphäre und der Austausch. Doch was hat es damit auf sich, wenn sich Unternehmen und Freiberufler Schreibtische - und nicht nur die - teilen?

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Bonn | Co-Working Space "The 9th"
Bild: DW/A. Kolberg

Gemeinsam arbeiten, und doch jeder für sich. Möglich wird das in sogenannten Coworking Spaces. Dort teilen sich Unternehmen und Freiberufler einen Arbeitsplatz, arbeiten am gleichen Schreibtisch an unterschiedlichen Aufgaben für unterschiedliche Firmen.

Die Vorlieben des Einzelnen

Beim ersten Betreten gleicht "The 9th" in der Bonner Innenstadt einer Kunstgalerie oder einem neuen, coolen Cafe - aber einem garantiert nicht: einem Büro. Überall stehen Tische, es gibt gemütliche Sofaecken und eine einladende Küche. Dabei hat nichts seinen festen Platz. Cedric Teichmann, der Gründer des Coworking Space "The 9th" sieht darin den besonderen Charme der Idee - verständlicherweise, wenn man den Nutzern beim entspannten Arbeiten zuschaut. Wenn ein Tisch nicht da steht, wo der Benutzer ihn haben möchte, wird er kurzerhand umgestellt.

Bonn | Co-Working Space "The 9th"
Hier wird's produktiv!Bild: DW/A. Kolberg

Der Illustrator Timo nutzt den Coworking Space fast jeden Tag, ist also Stammkunde. 120 Euro bezahlt er im Monat, um hier während der Öffnungszeiten zu arbeiten. Aber auch ohne Monatskarte kann der Arbeitsplatz genutzt werden. Für einen Tag bezahlt man 15 Euro für Schreibtisch, WLAN, Strom und Atmosphäre. Timo schätzt den Gedanken der Vernetzung.

Entspannte Atmosphäre 

Hier ist nichts gezwungen, und das merkt man. Während jemand angeregt auf einem Sofa telefoniert, ist an dem großen Tische in der Mitte eine New Yorkerin mit Headset in Gespräche mit ihren Kollegen auf der ganzen Welt vertieft; daneben schreiben Freiberufler Emails, designen Graphiken oder recherchieren. Im Hintergrund läuft leise Lounge-Musik. Mitten im Geschehen: der Gründer. Hier herrscht nicht die typische Büro-Atmosphäre, vor denen es vielen so graut. Und doch wird produktiv gearbeitet, an Tischen in hellem Holz, auf verschiedenfarbigen Hockern und Stühlen sitzend, umrahmt von bunten Bildern - jeder in seinem eigenen Job.

Konferenzraum des Coworking Spaces 'The 9th' in Bonn
In diesem Konferenzraum entstehen mit frischem Kopf neue Projekte Bild: Mika Baumeister

Nicht nur freie Freiberufler und Start-up-Unternehmen nutzen Coworking Spaces; auch große Unternehmen schätzen den Tapetenwechsel. "Die wollen einfach raus", so Teichmann. Sollen beispielsweise neue Projekte entstehen, dann tut es einfach gut, abseits von der Büroatmosphäre - die allzu vertraut ist - Neuland zu betreten. Ein paar Treppenstufen hoch und schon steht man mitten in einem modernen Konferenzraum, helle und einladende Farben inklusive. Auf den Tischen leere Gin-Flaschen, die als Vasen für Hortensien fungieren. So stylisch sieht es nicht in jedem Konferenzraum aus. Hier wird dann diskutiert, geplant und gemeinsam gearbeitet. Weg von der Büro-Atmosphäre, in dem der Kopf dann doch nicht frei genug ist, um Projekten neuen Schwung zu geben.

Zum Arbeiten alleine, im Austausch oder für Werbung 

Vernetzung - ein wichtiger Grund auch für Teichmann. Früher hat er von zu Hause aus gearbeitet und nach einer Weile gemerkt, dass er den Austausch mit anderen vermisst. Das war der Anstoß für ihn, über die Gründung eines Coworking Space ganz nach seinem Geschmack nachzudenken. Als im Jahr 2017 Räume im Viktoriakarree in Bonn frei wurden, hat er zugeschlagen. 

Das Erfolgsrezept des Gründers Teichmann für ein funktionierendes Coworking-Büro ist das "three layer"-Prinzip (deutsch: Prinzip der drei Ebenen), das jedem das bietet, was für eine produktive Arbeit von Bedeutung ist. Die erste Ebene nennt Teichmann  "Zweckmäßigkeit Arbeitsplatz". Manche Menschen nutzen das Büro nur für einen Tag, sind mit Internetanschluss, Strom und einem Schreibtisch zufrieden, arbeiten ohne viel Interaktion. So geht es auch, denn ein Coworking Space ist nicht vordergründig zum Kaffee trinken und Leute kennenlernen da.

Alles anders - die Macht der Millennials

In der zweiten Ebene ist man richtig wenn, man den fachlichen oder sozialen Austausch sucht. Am gleichen Schreibtisch sitzend, kommen Gespräche mit Menschen zustande, die man sonst vielleicht nicht getroffen hätte.

In der dritten Ebene nutzt man aktiv die Flächen des Raumes. Die Plattform des Coworking Space wird genutzt, um Aufmerksamkeit auf die eigene Tätigkeit zu lenken oder für das eigene Unternehmen zu werben. Wie geht das? Benutzer können Werbeschilder für das eigene Start-up-Unternehmen in die Scheibe zur Straße hängen oder die eigenen Arbeiten in einem der großzügigen Räume ausstellen.

Kannst Du mir helfen? 

Für Timo besonders wichtig ist der Austausch. Er arbeitet als Freiberufler und hat in seiner Tätigkeit sonst nicht viel mit Menschen zu tun. Alles wird anders, wenn er seinen Laptop in dem Coworking Space aufklappt. Es ergeben sich "nette Gespräche, vielleicht Zusammenarbeit und man kann Fragen stellen zu Sachen, von denen man selber keine Ahnung hat."

Bonn | Co-Working Space "The 9th"
Probier's mal mit GemütlichkeitBild: DW/A. Kolberg

Zwischendurch vermischen sich die verschiedenen Tätigkeiten, besonders beim gemeinsamen Kaffee startet der rege Austausch. Du, ich habe ein Problem und Du machst doch was mit Grafikdesign? Wofür der Einzelne sonst drei Anrufe tätigen oder sich in stundenlange Recherche stürzen müsste, dafür reicht hier ein Blick in die Runde.  

Von Timo bekommt der Coworking Space noch einen besonderen Bonuspunkt: die Klimaanlage. Besonders im Sommer kann er so der Hitze im eigenen Arbeitszimmer entkommen, und das Arbeiten fällt noch leichter.  

Auch das Feierabendbier teilt man sich

Timo teilt sich heute einen Schreibtisch mit dem Franzosen Thomas. Beide schätzen ihren Arbeitsplatz über die tägliche Dosis an Arbeit hinaus. Hier treffen sie Menschen, mit denen es nicht nur Spaß macht, sich das Büro zu teilen, sondern mit denen man auch gerne nach der Arbeit Richtung Stadt zieht und ein Feierabendbier trinkt. Und wenn die Arbeit einen dann doch manchmal nicht loslässt, dann entstehen bei so einem Bier auch mal neue Projekte - gemeinsam mit Menschen, die verschiedenen Berufen nachgehen und sich zufällig im Büro kennengelernt haben.