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Bundesliga sehnt Wiederanpfiff herbei

Matt Ford Adaption: Andreas Sten-Ziemons
11. April 2020

Vier Wochen nach dem vorläufigen Abbruch der Bundesliga stehen die Klubs unter finanziellem Druck. Die Profis sind wieder im Training, doch die Politik sucht noch nach einer vernünftigen Lösung für eine Wiederaufnahme.

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Borussia Dortmund Signal-Iduna-Park
Bild: picture-alliance/Digitalfoto Matthias

Am Osterwochenende hätte der FC Bayern München eigentlich Fortuna Düsseldorf empfangen sollen, für Borussia Dortmund hätte ein Kurztrip zum SC Paderborn angestanden, und RB Leipzig wäre beim 1. FC Köln angetreten. Stattdessen bleibt Deutschland mit mehr als 120.000 bestätigten COVID-19-Infektionen und über 2700 Todesfällen (Stand 11.04.2020, 14 Uhr, Quelle: Johns Hopkins Universität) weiterhin im Griff der Coronavirus-Sicherheitsmaßnahmen.

Der Ball rollte seit dem rheinischen Derby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln am 11. März nicht mehr, und die Bundesliga ist verständlicherweise das Letzte, woran die meisten Menschen denken. Doch zumindest für die 13 der 36 Bundesliga- und Zweitliga-Vereine, die laut dem deutschen Fußballmagazin "Kicker" ohne ihren Anteil der rund 330 Millionen Euro (361 Millionen Dollar) an ausstehenden Fernsehgeldern bis Mai oder Juni in die Insolvenz gehen würden, kann ein Neustart nicht früh genug kommen.

Bedrohte Existenzen

In einer Stellungnahme auf seiner Internetseite verkündete zum Beispiel der FC Schalke 04, eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs sei "im ersten Schritt eine gute Nachricht für den FC Schalke 04, denn so könnten wir als Verein zumindest mit den enorm wichtigen TV-Einnahmen rechnen. Denn unabhängig von dieser Entscheidung steht der Verein aktuell vor einer potenziell existenzbedrohenden wirtschaftlichen Situation".

Ob und wann dieser Wunsch in Erfüllung gehen könnte, steht noch nicht fest. Einheitliche Richtlinien für alle Bundesländer gibt es nicht. Die Diskussion zwischen Deutscher Fußball Liga (DFL), Klubs und der Politik läuft. Immerhin kehrte mit Werder Bremen in dieser Woche auch der letzte der 18 Bundesliga-Vereine ins Training zurück. Unter strengen Auflagen und nur in kleinen Gruppen absolvieren die Teams nun ihre Übungen. Wenn es weitergeht, sollen alle Spieler wenigstens so fit sein, wie es die eingeschränkten Bedingungen ermöglichen.

20.000 Tests für Profi-Fußballer?

Fußball DFL Christian Seifert
DFL-Geschäftsführer Christian SeifertBild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

DFL-Chef Christian Seifert schätzt, dass Bundesligaspiele mit nur 240 Personen in den Stadien ausgetragen werden könnten, darunter Trainer, medizinisches Personal, Offizielle, Balljungen und Produktionspersonal sowie die Spieler selbst. Der Ligaverband hatte Anfang April eine Task Force eingesetzt, die ein Konzept zur "medizinisch vertretbaren Fortführung des Spiel- und Trainingsbetriebes" erstellen soll. Dazu gehört auch die Frage, ob und wie die Spieler und Trainer vor jedem Spiel getestet werden sollen. In einem Gespräch mit dem ZDF schätzte der Virologe Alexander Kekulé von der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg, dass dies bis zu 20.000 Tests erfordern könnte - eine Mühe, die viele Kritiker lieber bei der Untersuchung des medizinischen Personals und der breiten Bevölkerung aufwenden würden, als für eine kleine Gruppe Fußball-Profis.

"Die Frage ist, ob das die beste Verwendung der knappen Tests ist für das Luxusgut Fußball", sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Wir sind nicht einmal in der Lage, alle medizinisch notwendigen Fälle zu testen, geschweige denn Verdachtsfälle." Seifert versicherte dagegen gegenüber der New York Times: "Es wird nicht der Fall sein, dass auch nur eine Ärztin, ein Arzt, eine Krankenschwester oder ein Krankenpfleger, die für das System wirklich relevant sind, nicht getestet werden kann, weil Fußballspieler getestet werden müssen."

Diskussion über "Geisterspiele"

Eines ist sicher: Spiele mit Fans auf den Rängen kommen nicht in Frage, wie deutsche Politiker den Bundesliga-Vertretern seit Beginn der Gespräche Ende März deutlich gemacht haben. "Es ist denkbar, dass die Bundesliga wieder spielen kann - aber ohne Fans", sagte Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten der 16 Bundesländer und Heimat von sieben Bundesliga- und zwei Zweitligisten-Vereinen. "Großveranstaltungen mit Tausenden von Besuchern werden wir in den kommenden Wochen und Monaten nicht erleben".

Fussball, Bundesliga | Borussia Mönchengladbach - 1. FC Köln
Sollte es diese Bundesliga-Saison noch fortgesetzt werden, dann nur ohne Zuschauer im StadionBild: picture-alliance/dpa/RHR-FOTO

Laschet bestätigte aber, dass "Geisterspiele" ein Thema sein werden, wenn er am Mittwoch nach Ostern eine Telefonkonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und den 15 anderen Ministerpräsidenten der Bundesrepublik Deutschland führen werde. Virologe Alexander Kekulé hatte diese Möglichkeit für Mai zuletzt zumindest als "machbar" bezeichnet. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sprach sich dagegen ausdrücklich für eine Wiederaufnahme der Bundesliga aus. "Im Profisport wie in der Bundesliga, wo die Athleten von medizinischem Personal begleitet werden, sollten wir einen Wettkampf ohne Zuschauer zulassen", schrieb er in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ).

Bedenken vor dem Neustart

Andere haben jedoch Zweifel an den praktischen und moralischen Auswirkungen einer Wiederaufnahme der Bundesliga-Saison geäußert. So sagte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer der DW im Interview vor einigen Tagen, "Bundesliga-Spiele Anfang Mai sind keine gute Idee". Karl Lauterbach ist "skeptisch", ob man sich bis Mai auf ein "wasserdichtes System" einigen könne, während der Präsident von Union Berlin, Dirk Zingler, sogar davor warnt, in einer entscheidenden Phase ein falsches Signal zu setzen. "Wir werden uns keinen Gefallen tun, wenn wir uns gegen die öffentliche Meinung stellen", sagte Zingler in einem Vereinsinterview. "Wir sollten einen Termin finden, der sozialverträglich ist. Die Kinder sollten zuerst wieder zur Schule gehen."

Ob es wirklich so kommt, wie Zingler wünscht? Auch über einen Fahrplan, wie und wann die seit vier Wochen geschlossenen Schulen wieder geöffnet werden sollen, wird am Mittwoch in der Schalte von Kanzlerin und Ministerpräsidenten gesprochen. Doch alle Experten sind sich einig, dass es noch dauern wird, bis der Schulbetrieb wieder normal läuft. Und so viel Zeit haben einige der 36 Profi-Vereine nicht mehr.