Corona-Welle zwingt viele Millionen Chinesen in Lockdown
13. März 2022Das Coronavirus breitet sich derzeit in China rasant aus und ist bereits in 18 Provinzen aktiv. Die Zahl der Ansteckungen habe sich innerhalb eines Tages auf fast 3400 verdoppelt, teilten die Behörden mit. Dies ist die höchste Zahl an Neuinfektionen binnen eines Tages seit Februar 2020. Unter den neu gemeldeten Fällen an diesem Sonntag waren 1315 asymptomatische Fälle. Experten erklären sie mit der Omikron-Variante, bei der Ansteckungen auch ohne größere Symptome verliefen. Der Anstieg hat die Gesundheitsbehörden dazu veranlasst, der Öffentlichkeit erstmals den Kauf von Schnelltests zu gestatten, um Infektionen schnell zu erkennen.
Die Behörden reagieren mit Massentests, Transporteinschränkungen, Ausgangssperren und der Schließung von Schulen und Universitäten. In mehreren Städten wurde mit dem Bau provisorischer Krankenhäuser mit Tausenden von Betten begonnen, um Infizierte zu isolieren. Vor drei Wochen waren erst einige Dutzend Infektionen pro Tag gemeldet worden.
Bürgermeister von Jilin abgesetzt
Die Großstadt Jilin im Nordosten des Landes wurde teilweise abgeriegelt, wie ein Beamter mitteilte. In zahlreichen Stadtvierteln wurde ein Lockdown verhängt. Jilin hat etwa 1,5 Millionen Einwohner. In der Stadt mussten alle Einwohner jeweils sechs Corona-Testrunden absolvieren. Seit Samstag wurden allein aus Jilin mehr als 2200 Neuinfektionen mit der Omikron-Variante des Coronavirus gemeldet. Staatlichen Medienberichten zufolge wurde der Bürgermeister abgesetzt.
In der benachbarten Neun-Millionen-Stadt Changchun hatten die Behörden bereits am Freitag einen Lockdown angeordnet. Pro Haushalt darf alle zwei Tage nur eine Person für Einkäufe die Wohnung verlassen. Auch der dortige Chef der Gesundheitskommission wurde entlassen. Seit Sonntag dürfen auch alle rund 700.000 Einwohner der Stadt Yanji an der Grenze zu Nordkorea ihre Häuser nicht mehr verlassen.
17 Millionen Einwohner im Lockdown
Die südliche Technologiemetropole Shenzhen meldete für Samstag 60 neue lokale Fälle mit bestätigten Symptomen, die höchste Zahl, seit China den ersten Ausbruch Anfang 2020 eingedämmt hat. Shenzhen wird ab Montag den öffentlichen Verkehr, einschließlich Busse und U-Bahnen, einstellen. Die 17 Millionen Einwohner wurden angewiesen, die Stadt nur im Notfall zu verlassen, da die Stadt drei Runden von Massentests durchführt. Im Süden ist in der Provinz Guangdong auch die Millionenstadt Dongguan betroffen.
Die 26 Millionen Einwohner von Shanghai und die neun Millionen von Qingdao wurden aufgefordert, die Hafenmetropolen möglichst nicht zu verlassen. Wer trotzdem unbedingt reisen muss, muss einen negativen Corona-Test aus den letzten 48 Stunden vorlegen - ähnlich jeder Reisende bei der Ankunft.
Omikron-Variante setzt Peking unter Druck
Die jüngste Corona-Welle durch die sich schnell verbreitende Omikron-Variante ist die größte Herausforderung für die strenge Null-COVID-Strategie des bevölkerungsreichsten Landes. Nach dem Ausbruch der Pandemie im zentralchinesischen Wuhan, wo Ende 2019 weltweit die ersten Infektionen entdeckt worden waren, hatten die Behörden die Infektionen im Frühjahr 2020 mit radikalen Maßnahmen unter Kontrolle gebracht. Auch wurde das Land abgeschottet. Wer überhaupt einreisen darf, muss gegenwärtig drei Wochen in Quarantäne. Das Leben und die Wirtschaft normalisierten sich weitgehend. Es kam nur noch zu begrenzten Ausbrüchen, auf die meist erfolgreich mit Ausgangssperren, Massentests und Quarantäne reagiert wurde.
Zuletzt wuchsen jedoch vielerorts Zweifel an der Null-COVID-Strategie der Führung in Peking. Regierungschef Li Keqiang hatte vor einer Woche in seiner Jahresansprache vor dem Nationalen Volkskongress gesagt, das Land müsse seine Maßnahmen gegen die Epidemie "ständig optimieren". Vor allem die lokalen Behörden dringen zunehmend auf mildere und gezieltere Maßnahmen zur Eindämmung des Virus.
kle/qu (afp, dpa, rtr)