Corona und die Folgen für den Deutschland-Tourismus
28. Februar 2020Eigentlich ist in Hohenschwangau, dem kleinen bayerischen Dorf in der Nähe von Neuschwanstein alles wie immer. Busse bringen Touristen, die zu Fuß oder mit der Kutsche hinauf wollen zum Märchenschloss. 1,5 Millionen werden jedes Jahr durch die Räume Ludwigs II. geschleust. Doch seit Ende Januar ist der Tagesbetrieb überschaubarer geworden. Die Chinesen bleiben aus.
Franziska Wimberger von der Bayerischen Schlösserverwaltung sagte der DW, trotz der Stornierungen durch chinesische Reisegruppen, seien "die Führungen in Schloss Neuschwanstein nach wie vor gut ausgelastet."
Auch der internationale Flughafen in Frankfurt bekommt die Auswirkungen der Coronakrise zu spüren. Dieter Hulick, der Pressesprecher der Fraport AG sagte der DW, dass sich die zahlreichen Flugstreichungen etwa bei der Lufthansa deutlich bemerkbar machen würden. Konkrete Zahlen gäbe es aber erst bei der nächsten Bilanz am 13. März. Sichtbar seien, neben den kürzeren Warteschlangen an Abfertigungen, aber die gestiegenen Vorsichtsmaßnahmen, etwa bei Touristen aus Asien, die vermehrt Mundschutz tragen. Und für den Fall steigender Infektionen habe der Flughafen Frankfurt alle Szenarien im Blick.
Schadensbegrenzung
Der weltgrößte Reisekonzern Tui setzt wegen des Coronavirus auf Vorsorgemaßnahmen. Alle Tui-Gesellschaften - einschließlich der Kreuzfahrten, Flüge und Hotels - befolgten "etablierte Verfahren zur Verhinderung von Infektionen", sagte ein Sprecher. So seien auf Kreuzfahrtschiffen zum Beispiel mehr Spender mit Desinfektionsmitteln bereitgestellt worden.
Bei den Asienreisen verzeichnete Tui bis einschließlich vergangener Woche bereits einen leichten Rückgang der Buchungen. Insgesamt sei es aber zu früh, "grundsätzliche Änderungen im Buchungsverhalten unserer Kunden und mögliche finanzielle Auswirkungen" für den Konzern zu sehen.
Für das abgeriegelte Hotel auf Teneriffa habe Tui zudem für alle Anreisen bis zum 13. März einen Buchungsstopp verhängt. Derzeit seien rund 200 Gäste in dem Hotel, die über den Tui-Konzern gebucht haben. Die Urlauber seien gebeten, ihre Zimmer vorläufig nicht zu verlassen. "Wir beobachten die Situation weiterhin genau und stehen in engem Kontakt mit dem Hotel und den örtlichen Behörden", hieß es von Tui.
Sorgen, aber (noch) keine Panik
Der Deutsche Reiseverband (DRV), die Interessenvertretung deutscher Reiseveranstalter und Reisebüros, sieht eine wachsende Verunsicherung bei den Kunden. Pressesprecherin Kerstin Heinen bestätigte gegenüber der DW, dass die Kunden gegenwärtig sehr zurückhaltend seien bei Reisebuchungen für das laufende Jahr.
Darüber hinaus hätten Urlauber, die schon Reisen gebucht haben, eine erhöhtes Informationsbedürfnis. "Die Sicherheit von Kunden und Mitarbeitern hat höchste Priorität", sagte Heinen. "Man sollte keine Panik machen, aber je länger die Situation anhält, umso schlimmer ist das für die Tourismus-Wirtschaft."
Wie ernst die Situation ist, zeigt zum Beispiel die Reaktion eines bekannten Brauhauses in Bayern. Auf die Frage der DW nach möglichen Besucherrückgängen lautete die Antwort: "Wir wollen nicht im Zusammenhang mit dem Coronavirus genannt werden." Das allein sorge schon für wirtschaftlichen Schaden.
Folgen für den Schwarzwald
Grund zur Panik sieht der für den Schwarzwald-Tourismus verantwortliche Sprecher Wolfgang Weiler noch nicht. Zwar seien in den letzten Wochen Reisende aus China ausgeblieben, aber die würden - entgegen einiger Klischees - nur etwa 0,4 Prozent der Gäste ausmachen. Einzelne, auf Kunden aus Asien spezialisierte Anbieter etwa am Titisee würde jedoch der Ausfall schon jetzt stärker treffen.
"Wenn aber aus der Epidemie ein Pandemie wird und auch Reisende aus Europa ausbleiben, dann stehen wir vor einem schwierigen Jahr", sagte Wolfgang Weiler der DW. 25 Prozent der Schwarzwaldbesucher kämen aus den Nachbarländern. Denen könne man zwar versprechen, dass sie in der Region kaum auf Menschenmassen treffen würden, dass sie viele einsame Wanderwege genießen können, aber Sicherheitsgarantien gäbe es natürlich nicht.
Das alles kann sich schnell ändern, das hat nicht zuletzt die Entwicklung in Norditalien gezeigt. Dort sind nach der Corona-Krise mit zahlreichen Opfern und Infizierten in Mailand und Venedig Veranstaltungen abgesagt worden. Auch der weltweit größte Branchentreff, die Internationale Tourismusmesse (ITB) in Berlin vom 4.-8. März wurde jetzt gecancelt. Die ITB Berlin hat nach Messeangaben mehr als 10.000 Aussteller aus über 180 Ländern. Die Entscheidung, abzusagen, sei "schweren Herzens" gefallen, erklärte Messechef Christian Göke. Er fügte hinzu: "Wir nehmen unsere Verantwortung für die Gesundheit und die Sicherheit unserer Gäste, Aussteller und Mitarbeiter sehr ernst."