Corona-Lockerungen: Friseure öffnen wieder
1. März 2021Zur Feier des Tages gibt es einen Rosésekt. Mitgebracht hat ihn Stefan Sorce. Er ist Stammkunde bei "Nikos Friseure" und der Erste, bei dem Inhaber Nikos Kasapidis nach zweieinhalb Monaten Pause wieder zu Schere und Trimmer greift. "Ich fühle mich geehrt", lacht Sorce beim Eintreten in den Friseursalon in der Bonner Innenstadt.
Seit dem 16. Dezember vergangenen Jahres waren Friseure deutschlandweit in der Zwangspause. Wegen steigender Corona-Inzidenzen mussten sie ihre Läden dichtmachen. Vor rund zwei Wochen dann die gute Nachricht: Vom 1. März an sollten wieder Kunden kommen dürfen. "An dem Tag, an dem das verkündet wurde, hatten wir bis zu 60 Anrufe", sagt Kasapidis. Bis Ende des Monats sind er, seine drei Angestellten und zwei Auszubildende ausgebucht. In einigen Bundesländern dürfen nun auch andere Einrichtungen öffnen, darunter Gartenmärkte, Blumenläden, Fußpflegesalons oder Fahrschulen.
Stefan Sorce hatte sofort nach Bekanntgabe der Wiedereröffnung bei "Nikos Friseure" angerufen und den ersten Termin ergattert. Im November war er selbst mit dem Coronavirus infiziert, hat die Krankheit aber mit milden Symptomen überstanden. Beim Friseur ist er nach rund 30 Minuten fertig: Die kurzen, gräulichen Haare sind wieder ordentlich gestutzt. "Das ist einfach echt schön", sagt er. Im Lockdown habe seine Frau schonmal mit der Haarschneidemaschine nachgeholfen. Für Inhaber Kasapidis war der Wiedereinstieg nicht schwer: "Ich mache das seit zwölf Jahren, da kann ich auch mal zweieinhalb Monate Pause machen, alles easy."
Zum Glück gute Ausgangslage
Der 30-Jährige hat vor vier Jahren mit gerade einmal 26 Jahren seinen eigenen Salon eröffnet. Er ist Vollblut-Unternehmer, im August hat er mitten in der Krise zwei Auszubildende angestellt. "Wir haben die Zeit zum Glück recht gut überstanden", sagt Kasapidis. Und das, obwohl bisher keine der versprochenen Finanzhilfen für Januar und Februar eingetroffen sind. Getroffen habe ihn auch, dass das umsatzstarke Weihnachtsgeschäft wegfiel. Seine Mitarbeiterinnen hat Kasapidis in Kurzarbeit geschickt.
Am ersten Tag der Wiedereröffnung sind sie freudig-nervös. "Es ist ein bisschen wie am allerersten Arbeitstag", sagt Friseurin Melis Düzgün. "Nach der Schließung war es schon erst einmal komisch. Wir wurden von 100 auf 0 ausgebremst." Und die Auszubildende Joleen Märzhäuser ergänzt: "Man ist schon nervös, es kommt ja auch ein großer Ansturm auf uns zu. Aber ich freue mich auch."
Zwei Wochen Zeit zur Vorbereitung
Kurz nach der Öffnung ist es aber noch ruhig im Salon. Kasapidis lässt es langsam angehen. Deutschlandweit hatten die ersten Friseure in der Nacht zum Montag schon Termine ab 0 Uhr vergeben. Das wollte Kasapidis für seinen Salon nicht: "Wir werden die nächsten Wochen genug arbeiten. Da müssen wir langsam wieder reinkommen." Für seine Mitarbeiterinnen hat er zur Stärkung Obst gekauft.
Er selbst wird die nächsten Wochen 70 Stunden die Woche im Salon stehen. "Das kann ich von meinen Mitarbeiterinnen nicht verlangen. Aber ich werde von 8 bis 20 Uhr hier sein." Das macht er auch, um seine Stammkunden zu halten. Denn der Friseursalon hat ein Online-Buchungssystem für Termine, aber das nutzten manche Stammkunden nicht. "Die rufen dann an und dann kann ich natürlich nicht sagen, dass keine Termine mehr frei sind", erklärt Kasapidis.
Zwei Wochen hatte der Friseurmeister Zeit, seinen Salon für die Wiedereröffnung zu rüsten. Es sei gut gewesen, dass es diesmal etwas mehr Vorlauf gegeben habe im Vergleich zum ersten Lockdown im Frühjahr 2020, sagt Kasapidis. Damals hatten die Friseure nur wenige Tage vorher Bescheid bekommen, dass sie wieder öffnen konnten. Viele der Hygienestandards, die das Team damals schon umgesetzt hatte, gelten immer noch, sagt Kasapidis. Der Salon ist groß, Mindestabstände können eingehalten werden. Alle tragen die ganze Zeit einen Mund-Nasen-Schutz. Nur zwischen den zwei Waschbecken zum Haarewaschen hat Kasapidis eine zusätzliche Plexiglas-Scheibe eingezogen. "Und wir lüften regelmäßig", ergänzt er.
Schon vor der Corona-Krise gab es bei "Nikos Friseure" keine Laufkundschaft. Kasapidis arbeitet nur auf Termin. Das kommt ihm jetzt zugute. Wegen der Corona-Regelungen müssen er und seine Friseurinnen alle Kunden-Kontaktdaten erfassen, um mögliche Infektionen nachzuvollziehen.
Eine Stunde nach Wiedereröffnung füllt sich der Salon: Fast alle Plätze sind belegt. Kasapidis selbst frisiert schon den dritten Kunden. Seine Kollegin Anastasia begrüßt den ersten weiblichen Kunden des Tages. Anna arbeitet seit zwei Jahren in der russischen Botschaft, deutsch spricht sie nicht. Der Halbgrieche-Halbrusse Kasapidis übersetzt. Im November sei Anna das letzte Mal beim Friseur gewesen. Aus ihrem kurzen Bob sei ein "Longbob" geworden, schmunzelt er. Ob sich Anna auf den Termin heute gefreut hat? "Oof", ruft sie und klatscht die Hände zusammen. "Ich glaube, das bedarf keiner Übersetzung", lacht Kasapidis.