Corona-Lockdown: Der Aufsteiger spielt nicht
2. November 2020Bei Dietmar Fedde steht das Telefon kaum noch still. Der Vorsitzende des BBC Münsterland hatte sich dieses Wochenende eigentlich ganz anders vorgestellt. Das Team sollte als Aufsteiger erstmals in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga antreten. Was für ein schöner Erfolg. Doch Vereinsführung und auch die Mannschaft sagten die November-Spiele angesichts des neuen Lockdowns in der Coronavirus-Pandemie kurzerhand ab.
"Wir haben da junge Spieler, die waren total grell auf die Bundesliga-Saison", sagt Fedde im Gespräch mit der DW. "Aber selbst die haben gesagt: Das können wir nicht machen." Das Team - zusammen etwa ein Dutzend Spieler und Betreuer - hätte aus Warendorf mit einem Bus nach Hannover reisen müssen. Und was wäre gewesen, wenn sich jemand bei diesem Trip mit dem gefährlichen Krankheitserreger angesteckt hätte? Das Risiko hätte allein bei den Spielern gelegen, die am Montag wieder ihrem Beruf hätten nachgehen sollen. Und dieses Risiko, argumentiert der Vereinsvorsitzende, sei zu groß.
Vielleicht im Frühjahr
Also sagte der Verein aus Nordrhein-Westfalen alle November-Spiele in der Liga ab, während sich andere Mannschaften dazu entschlossen haben, die Sache durchzuziehen. Beim BBC Münsterland geht man davon aus, dass diese Entscheidung mitnichten den sofortigen Abstieg aus der Bundesliga mit sich bringt. Schließlich sei ja in den Statuten festgelegt, dass aus der Coronavirus-Pandemie keine Nachteile erwachsen dürften. Für die im November ausfallenden Spieltage soll es nach dem Willen des Klubs neue Termine im Frühjahr geben.
Der Fachbereichsleiter Rollstuhlbasketball im Deutschen Rollstuhl-Sportverband (DRS), Christoph Küffner, macht im Gespräch mit der DW deutlich, dass es dem Verband lieber gewesen wäre, den Spielbetrieb in allen Ligen ruhen zu lassen. Aber aus der 1. Liga seien auch Ankündigungen gekommen, dass man in diesem Fall Regressforderungen stellen werde. Am Ende gab es eine Abstimmung unter den Erstliga-Vereinen: Sieben von zehn Klubs sprachen sich dafür aus zu spielen.
Unter der Woche ein anderer Beruf
Der BBC Münsterland ist ein gutes Beispiel für viele Sportmannschaften und Ligen, in denen neben Profisportlern auch Amateure oder Semi-Professionelle mitmachen, die unter der Woche einem anderen Beruf nachgehen müssen. Mareike Miller aus Hamburg, die Kapitänin der Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft, ist da als Kaderathletin in einer etwas anderen Position. Aber auch sie hat in diesem Jahr noch kein Spiel gemacht. Und ob der Traum von Tokio 2021 in Erfüllung geht, steht noch in den Sternen.
"Ich habe vollstes Verständnis für die Entscheidung der Münsterländer", sagt die 30-Jährige der DW. Sie hätte es begrüßt, wenn die Liga im November komplett pausiert hätte und ein gutes Test- und Hygienekonzept für die Zeit nach dem Lockdown, also hoffentlich im Dezember, entwickelt hätte. "Schließlich geht es auch um unsere Gesundheit und die Gesundheit unserer Familien, Freunde, Nachbarn, Kollegen", so Mareike Miller.
"Viele Hilferufe"
Für den Deutschen Olympische Sportbund (DOSB) hat Leistungssport-Vorstand Dirk Schimmelpfennig betont, dass Kaderathletinnen und -athleten weiter aktiv bleiben sollen, also den Trainings- und Spielbetrieb aufrecht erhalten sollen. Doch darüber hinaus? "Wir bekommen von der Basis viele Hilferufe", sagt DOSB-Sprecher Michael Schirp der DW - mit Blick auf die vielen Vereine in Deutschland. Und: "Wir versuchen, uns gerade über die unterschiedlichen Länderverordnungen einen Überblick zu verschaffen." Die Dinge sind also kompliziert - im November-Lockdown in Deutschland.