US-Arbeitslosenzahlen steigen im Rekordtempo
26. März 2020Die drastischen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie in den USA schlagen mit voller Wucht auf den dortigen Arbeitsmarkt durch und konfrontieren den Staat mit einer Rekordflut von Anträgen auf Arbeitslosenhilfe. Die Zahl entsprechender Erstanträge stieg in der vergangenen Woche um 3,28 Millionen an, wie das US-Arbeitsministerium mitteilte.
Das ist rund das Zehnfache im Vergleich zur Vorwoche und der höchste Wert seit Beginn der Datenerhebung. Der bisherige Höchststand war im Oktober 1982 mit 695.000 Anträgen in einer Woche registriert worden. Manche Analysten gehen davon aus, dass die Zahl in Wirklichkeit noch dramatischer ist, weil viele Staaten zuletzt mit der Flut der Erstanträge überfordert waren.
Ökonomen rechnen mit weiterem Anstieg der Arbeitslosenzahlen
Während US-Finanzminister Steven Mnuchin die aktuellen Arbeitslosenzahlen zurzeit als "nicht relevant" wertet und auf Wiedereinstellungen hofft, sehen Ökonomen in ihnen den Beleg für den Schaden, den das Coronavirus der US-Wirtschaft zufügt. Nach Ansicht des Präsidenten der regionalen US-Notenbank Federal Reserve von St. Louis, James Bullard, könnte die Corona-Krise kurzfristig fast 50 Millionen Amerikaner ihren Job kosten.
Insbesondere Arbeitsplätze mit Publikumsverkehr - also Tätigkeiten, bei denen es zum Kontakt mit der Öffentlichkeit kommt - seien betroffen, sagte Bullard. Der Währungshüter kann sich einen Anstieg der Arbeitslosenquote von zuletzt 3,5 Prozent auf bis zu 30 Prozent vorstellen. Auch Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner rechnet damit, dass die Arbeitslosenzahlen in den USA zur Jahresmitte einen Nachkriegsrekord erreichen. Er prognostiziert jedoch eine wesentlich niedrigere Quote von rund 11,5 Prozent.
Massives Konjunkturpaket beschlossen
Die rasante Ausbreitung des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 hat die Wirtschaft und das öffentliche Leben in weiten Teilen der USA zum Erliegen gebracht. Etwa die Hälfte der rund 330 Millionen Amerikaner unterliegen inzwischen von Bundesstaaten verhängten Ausgangsbeschränkungen. Viele Geschäfte sind geschlossen, Restaurants und Hotels bleiben leer.
Ein riesiges Konjunkturpaket soll nun helfen, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise abzufedern. Nach zähen Verhandlungen einigten sich Republikanern, Demokraten und Regierung im Senat auf Hilfen in Höhe von zwei Billionen Dollar (umgerechnet rund 1,85 Billionen Euro) - das entspricht fast zehn Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Das Hilfspaket soll Familien, Arbeitslose und Firmen in der Krise unterstützen und sieht überdies zusätzliche Milliardenbeträge für das Gesundheitssystem und besonders vom Coronavirus betroffene Staaten vor.
US-Notenbankchef: Könnten schon in einer Rezession sein
Unter anderem soll die bislang sehr begrenzte Arbeitslosenhilfe ausgeweitet werden. Zudem soll es Arbeitgebern möglich sein, Angestellte für bis zu vier Monate zu beurlauben, anstatt sie zu entlassen. In dieser Zeit würde der Staat für das Gehalt aufkommen. Ein wichtiger Bestandteil des Rettungspakets sind auch Kredite für kleinere und mittlere Unternehmen von insgesamt rund 350 Milliarden Dollar, die zu bestimmten Bedingungen später erlassen werden können. Das Finanzministerium soll außerdem noch 500 Milliarden Dollar für weitere Notkredite für Unternehmen zur Verfügung haben. Das Gesetzespaket muss aber am Freitag erst noch vom Repräsentantenhaus beschlossen werden.
Auch die US-Notenbank stehe in der Virus-Pandemie weiter als Krisenhelfer für die Wirtschaft parat, betonte deren Präsident Jerome Powell. Auch wenn der Leitzins bereits nahe null steht und die Fed ein umfangreiches Krisenpaket geschnürt hat, sieht Powell sein Arsenal noch nicht geleert. Es bestehe "noch Spielraum" für weitere Maßnahmen, sagte er. Er räumte jedoch ein, dass sich die Wirtschaft bereits in einer Rezession befinden könne. Zugleich äußerte Powell die Hoffnung, dass die Wirtschaft im späteren Jahresverlauf wieder wachse. Doch zunächst müsse das Virus unter Kontrolle gebracht werden.
ww/gri (dpa, AFP, rtr)