Corona-Kabinett berät weiteres Vorgehen
15. April 2020In einer Video-Schaltkonferenz wird Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder über mögliche schrittweise Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen beraten. Dabei soll ein abgestimmter Plan vereinbart werden, wie es von kommendem Montag an weitergehen soll, wenn nach vierwöchiger Geltungsdauer die bisherigen Regelungen auslaufen. Vorab ist am Vormittag ein Treffen des Corona-Krisenkabinetts in Berlin geplant. Nach beiden Terminen ist vorgesehen, dass die Kanzlerin die Öffentlichkeit über die Ergebnisse informiert.
Bayern vs. Nordrhein-Westfalen
Eine schnelle Rückkehr zur Normalität ist dabei angesichts der fortbestehenden Corona-Pandemie-Gefahr nicht zu erwarten. Vielmehr soll es um die ersten Schritte eines längeren Prozesses gehen. Die politischen Entscheidungen darüber sollen auch auf Grundlage der jüngsten wissenschaftlichen Empfehlungen der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina gefällt werden, die für einen "realistischen" Zeitplan zurück zur Normalität plädiert. Bund und Länder streben ein möglichst einheitliches Vorgehen an; allerdings zeichnet sich bereits eine erste Konfliktlinie ab: Nordrhein-Westfalen will die Schulen schnell wieder öffnen, Bayern lehnt dies klar ab.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sagte im "heute-journal" des ZDF: "Ich bin sehr zurückhaltend bei Schulen." Skeptisch sehe er auch, dass Grundschulen als Erstes geöffnet werden sollen", erklärte der CSU-Chef. "Da habe ich eine grundlegend andere Auffassung." Bei den Abschlussprüfungen könne man hingegen großzügig sein, denn die Schülerinnen und Schüler bräuchten ja einen Abschluss auch für den weiteren Berufsweg, sagte Söder später in den ARD-"Tagesthemen". Hier ließen sich auch Schutzmaßnahmen deutlich besser organisieren.
Nordrhein-Westfalen will nach dem Ende der Osterferien am 19. April den Schulbetrieb schrittweise wieder aufnehmen und dabei der Empfehlung der Leopoldina folgen, Grundschulen mit als Erstes wieder zu öffnen. Baden-Württemberg will, dass die Schulen frühestens am 27. April wieder sukzessive ihren Betrieb aufnehmen.
Söder: Keine Öffnung von Lokalen und Hotels
In anderen Bereichen kann sich Söder in den kommenden zwei, drei Wochen manche Erleichterungen vorstellen, etwa im Handel, aber immer verbunden mit klaren Auflagen wie Hygiene-Konzepten, Abstandsgeboten, Obergrenzen für Personenzahlen pro Quadratmeter und Schutzmasken. Söder forderte mit Blick auf den Einzelhandel "mindestens ein Maskengebot, ein Mundschutzgebot". Das gleiche gelte am Ende auch für den öffentlichen Nahverkehr.
Generell sei noch nicht die Zeit gekommen, die strengen Auflagen zur Eindämmung der Krise zu lockern. Es müsse allen klar sein, dass Erleichterung das Risiko einer erhöhten Ansteckung berge. So sei für ihn klar, dass Gastronomie und Hotellerie auf absehbare Zeit genauso wie große Feste einfach nicht möglich seien.
Maas warnt vor zur früher Lockerung
Rückendeckung bekommt Söder von Außenminister Heiko Maas. Der SPD-Politiker warnt vor einer verfrühten Lockerung der Ausgangsbeschränkungen. "Der Blick über unsere Grenzen, wo es in einigen Ländern leider tagtäglich neue bittere Todeszahlen gibt, zeigt: Jeder Tag, den Kontaktsperren zu früh aufgehoben werden, kann für die Gesundheit vieler Menschen dramatische Folgen haben", sagte Maas der Düsseldorfer "Rheinischen Post".
Sollte es zu einem erneuten starken Anstieg der Infektionen kommen, könnten die deutschen Behörden gezwungen sein, noch drastischere Maßnahmen als bisher zu ergreifen, warnte Maas. "Wir müssen alles tun, um ein solches Szenario zu vermeiden."
Laschet wirbt für gemeinsame Strategie
Insbesondere Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet macht sich seit Tagen dafür stark, eine Ausstiegsstrategie aus den Beschränkungen zu erarbeiten. Dabei spricht sich der CDU-Politiker klar für ein gemeinsames und einheitliches Vorgehen der 16 Bundesländer bei einer Lockerung der Beschränkungen aus: "Alleingänge dürfe es nicht geben", warnte Laschet. Zu den Bedingungen für eine Lockerung der Maßnahmen gehöre aus Sicht der Landesregierung in Düsseldorf ein besseres Monitoring der Krisen-Daten, das Einhalten aller Abstandsgebote und der Hygiene-Vorschriften - sowie vielleicht auch das Tragen von Masken.
Spahn: Mit dem Virus leben
Der für Gesundheit zuständige Bundesminister Jens Spahn sagte am Dienstag in Wiesbaden: "Am Ende geht es darum, die richtige Balance zu finden zwischen Gesundheitsschutz, öffentlichem Leben und der Wirtschaft." Es werde "vorsichtige erste Schritte" in eine neue Normalität geben. "Es geht darum, mit dem Virus zu leben und leben zu lernen", versuchte Spahn die Bundesbürger auf die kommenden Wochen und Monate einzustimmen.
qu/wa (dpa, afp, rtr)