EU erhöht Druck auf Impfstoff-Produzenten
24. Januar 2021"Wir wollen dafür sorgen, dass die Pharmaunternehmen die Verträge einhalten, die sie unterzeichnet haben", erklärte EU-Ratspräsident Charles Michel (Artikelbild). Um dies zu gewährleisten, könne die Europäische Union auch "juristische Mittel" nutzen.
Zuletzt hatten Engpässe der Impfstoff-Hersteller Pfizer und AstraZeneca für Verärgerung in Europa gesorgt. Das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca hatte am Freitag mitgeteilt, dass es der EU zunächst weniger Corona-Impfdosen liefern könne als vorgesehen. Grund seien Probleme in "einem Werk in unserer europäischen Lieferkette". Eine Woche zuvor hatte der amerikanische Konzern Pfizer über Lieferverzögerungen des in Deutschland entwickelten BioNTech-Impfstoffs wegen Umbaumaßnahmen in einem Werk in Belgien informiert.
Man verstehe, dass beim Aufbau von Produktionskapazitäten und Lieferketten "Hindernisse" aufträten, sagte Michel. Die EU müsse aber "die Ärmel hochkrempeln und dafür kämpfen", die genauen Gründe zu erfahren und sie einzudämmen. So habe Pfizer anfangs Lieferverzögerungen von mehreren Wochen angekündigt. Nachdem die EU "auf den Tisch gehauen" habe, sei es dann aber nur noch um eine Woche gegangen.
Der Impfstoff von AstraZeneca ist in der EU noch nicht zugelassen. Am 29. Januar könnte die Arzneimittelbehörde EMA aber grünes Licht geben.
Die EU-Kommission ging eigentlich davon aus, dass die Mitgliedstaaten mit den von ihr eingekauften Dosen bis Ende des Sommers mindestens 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung impfen können. Michel räumte nun ein, dass dieses Ziel nur schwierig zu realisieren sein werde.
"Abstrakte Gefährdung"
Die Bundesregierung befürchtet unterdessen massive Störversuche während der Corona-Impfkampagne. Wegen "der großen medialen Präsenz sowie der hohen Dynamik und Emotionalität" des Themas bestehe eine "abstrakte Gefährdung" für Firmensitze von Pharmaunternehmen, Impfzentren, Impfstoff-Transporte und Lagerstätten, heißt es in einer schriftlichen Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Grünen.
So könnten "Impfgegner, Corona-Skeptiker und Verschwörungstheoretiker" versuchen, in die Einrichtungen einzudringen, um ihrem Protest Nachdruck zu verleihen. "Dies könnte eskalierend mit Sachbeschädigungen in den Gebäuden einhergehen. In Einzelfällen könnte es bei Aufeinandertreffen mit dem beschäftigten Personal oder den Impfempfängern auch zu strafrechtlich relevanten physischen Übergriffen kommen", so die Einschätzung des Innenministeriums. Konkrete Hinweise auf Angriffe lägen jedoch nicht vor.
Eine weitere Gefahr sieht das Ministerium in konkreten Spionageversuchen ausländischer Geheimdienste. Es seien bereits "mehrere mutmaßliche Ausforschungsversuche bezüglich deutscher Impfstoffhersteller bekannt geworden". Die Gefahr von Cyberangriffen müsse "als hoch eingestuft" werden.
wa/nob (afp, dpa, rtr)