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Corona: Deutscher Afrika-Handel geht zurück

Daniel Pelz
25. September 2020

Weniger Handel, weniger Investitionen, weniger Arbeitsplätze: Afrika leidet unter der Corona-Krise - und die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland kränkeln auch. Mit negativen Folgen.

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Ein Mann mit Schutzhelm blickt auf Container, Kräne und ein Schiff
Der Hafen von Abidjan, Elfenbeinküste: Auch während der Corona-Krise im Mai wurde hier gearbeitetBild: Issouf Sanogo/Getty Images/AFP

Die Zeiten haben sich geändert: Während sich manche Wirtschaftsvertreter in den vergangenen Jahren noch über vermeintliche Rekorde im deutschen Afrikageschäft freuten, sind dieses Jahr keine Jubelmeldungen zu erwarten.

Eher im Gegenteil: Von Januar bis Juli sind die deutschen Importe aus Afrika laut Statistischem Bundesamt auf rund 10,4 Milliarden Euro gesunken - knapp 3,6 Milliarden weniger als im gleichen Zeitraum 2019. Kein besseres Bild bei den Exporten: Sie lagen in den ersten sieben Monaten 2020 bei knapp 11,6 Milliarden Euro - rund 2,6 Milliarden unter dem Vergleichswert aus dem Vorjahr. Es handelt sich also um einen Rückgang von rund 26 beziehungsweise 18 Prozent.

Infografik Deutscher Handel mit Afrika DE

Schlechtere Zahlen als in der Weltfinanzkrise

Der Negativtrend dürfte sich fortsetzten. "Wir gehen auf Grundlage von Unternehmensbefragungen davon aus, dass die deutschen Ein- und Ausfuhren um bis zu 25 Prozent zurückgehen werden", sagt Heiko Schwiderowski, Referatsleiter für Subsahara-Afrika beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), zur DW. "Das sind Zahlen, wie wir sie auch bei der Finanzkrise vor gut 10 Jahren nicht hatten. Das sind starke Rückschläge für das Afrikageschäft vieler deutscher Unternehmen", so Schwiderowski. "Auch die afrikanischen Exporteure, die Produkte nach Deutschland verkaufen, stehen vor großen Herausforderungen."

Viele DIHK-Mitgliedsunternehmen blicken ähnlich skeptisch auf das Afrikageschäft. 82 Prozent aller deutschen Firmen in Afrika und dem Nahen Osten befürchten Umsatzeinbußen, ergab eine Verbandsumfrage aus dem Frühjahr. Mehr als jede zweite befragte deutsche Firma in den beiden wichtigen Märkten Südafrika oder Nigeria plant, Personal abzubauen. Und sie investieren weniger: Nach Angaben der Bundesbank lagen die Netto-Direktinvestitionen deutscher Firmen in Afrika südlich der Sahara in den ersten sechs Monaten 2020 bei 605 Millionen Euro - 144 Millionen weniger als 2019.

Infografik Deutsche Direktinvestitionen in Afrika DE

Ein heftiger Rückschlag für einen Kontinent, der pro Jahr eigentlich 20 Millionen neuer Jobs für alle jungen Menschen bräuchte, die zusätzlich auf die Arbeitsmärkte drängen. "Die Entwicklung in den letzten Jahren war eigentlich positiv: Immer mehr ausländische Firmen kamen nach Afrika", sagt der kenianische Entwicklungsexperte James Shikwati der DW. "Nun herrscht Stagnation. Die positiven Prognosen für die Wirtschaftsentwicklungen werden nicht eintreten." Im Gegenteil: Laut Internationalen Währungsfonds dürfte Afrikas Wirtschaft in diesem Jahr um 3,2 Prozent schrumpfen.

Deutsche Politik ist alarmiert

Was nicht nur Afrikas Regierungen alarmieren dürfte, sondern auch die deutsche Politik. Seit Jahren drängt sie deutsche Firmen, mehr auf dem Nachbarkontinent zu investieren. Nicht nur, um die wichtigen Märkte nicht ganz an die Konkurrenz aus China zu verlieren, sondern auch um Hunger und Armut zu bekämpfen. Denn die Angst vor Flüchtlingswellen aus Afrika geht um, auch wenn sich keine verstärkten Migrationsbewegungen Richtung Europa erkennen lassen. Schon zweimal trafen sich in den letzten Jahren Wirtschaftsführer und Staatschefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Wirtschaftsgipfeln in Berlin, im Dezember sollte es eigentlich ein drittes Treffen geben.

Die Politik versucht, sich gegen den Trend zu stemmen: Unterstützungsprogramme wie "AfricaConnect" wurden ausgeweitet. Es bietet Darlehen für deutsche Firmen in Afrika, die durch die Corona-Krise in Schieflage geraten sind. Über 3000 Arbeitsplätze seien durch Unterstützung im Rahmen des Programms "AfricaConnect" in Afrika gesichert worden, teilt die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) auf DW-Anfrage mit. Demnach wurden zehn Vorhaben bisher unterstützt.

In einem anderen Programm, "develoPPP", stellt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit Sonderdarlehen für Unternehmen, die mit ihren Initiativen die Folgen der Pandemie in Entwicklungs- und Schwellenländern abmildern wollen. Mehr als 200 Projekte wurden bereits ausgewählt.

Impulse für die Weltwirtschaft?

Bei den Firmen gebe es an den Programmen großes Interesse, sagt DIHK-Experte Schwiderowski. "Aus Sicht der deutschen Unternehmen ist das mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein, aber auf Dauer wird das nicht ausreichen, um die Geschäfte am Laufen zu halten."

Optimisten hoffen auf eine vorsichtige Entspannung der Lage. Einige afrikanische Länder haben begonnen, die strikten Corona-Maßnahmen zu lockern. Grenzen werden wieder geöffnet, Fluggesellschaften könnten internationale Routen bald wieder aufnehmen. Nach Ansicht des kenianischen Ökonoms James Shikwati könnte Afrika sogar wichtige Impulse für die Weltwirtschaft liefern: "Ich glaube, dass Afrika anderen Ländern die Chance bietet, ihre Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen." Schließlich habe der Kontinent einen riesigen Bedarf an Investitionen in Bereichen wie Energie, Logistik oder Bauwirtschaft. Die bestünden auch nach der Krise.