Comeback an der Copacabana
5. August 2015
Probelauf an der Copacabana: Über 200 Athleten sind an den berühmten Strand von Rio gekommen, um sich für die Teilnahme am Triathlon zu qualifizieren. 40 Kilometer Radfahren, zehn Kilometer Marathon und 1,5 Kilometer Schwimmen - der Testlauf am ersten Augustwochenende verlief erfolgreich.
"Die Organisation war phantastisch. Das Wasser war sauber, und es war heißer als wir gedacht hatten", erklärte der britische Athlet Non Stanford nach dem Testlauf gegenüber der brasilianischen Tageszeitung "O Globo". Die Route sei landschaftlich sehr schön, er hoffe auf eine Goldmedaille 2016.
Anwohner und Athleten - in Rio absolvieren zurzeit beide Gruppen einen Marathon. Seit fünf Jahren jagt am Zuckerhut ein Großereignis das andere. Nach den Militärweltspielen 2011, dem Klimagipfel "Rio plus 20" im Jahr 2012, dem Weltjugendtag 2013 und der WM im vergangenen Jahr bereitet sich die Stadt nun auf die Olympischen Spiele vom 5. bis 21. August 2016 vor.
Für die Stadt geht damit ein Investitionsschub einher. Von den rund elf Milliarden Euro, die für Olympia in Rio ausgegeben werden, fließt ein Großteil in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Straßenbahnen, Schnellbustrassen und eine neue U-Bahn-Linie sollen den Verkehr - auch außerhalb der Sommerspiele - wieder zum Fließen bringen.
Flanieren am Hafen
Schon seit Jahren gleicht die Metropole einer einzigen Großbaustelle. Hochstraßen werden gesprengt, Tunnel gebohrt, Schienen verlegt, Gebäude hochgezogen, Sportanlagen modernisiert, neue Kreuzfahrtterminals entstehen, und das Olympische Dorf wird einen bisher vernachlässigten Stadtteil von Rio verändern. Auch die heruntergekommene Hafenregion im Zentrum der Stadt wird komplett neu gestaltet.
"Bei den Mitbewerbern Chicago, Tokio oder Madrid gab es schon alles. Rios Trumpf war, dass es die Spiele nutzen wollte, um seine Infrastruktur zu verbessern", erinnert sich Minister Laudemar Aguiar, verantwortlich für internationale Beziehungen bei der Stadt Rio. "Jetzt müssen wir liefern", fordert der Diplomat.
Der Zeitplan ist eng, doch bisher hält sich die Stadt an die Fristen. Bis zur Eröffnungsfeier sollen 155 Kilometer Schnellbustrassen, 16 Kilometer U-Bahn, 28 Kilometer Straßenbahnstrecke und 450 Kilometer Radwege fertig werden.
Die neue Metrolinie soll 300.000 Passagiere pro Tag transportieren und wird die Barra da Tijuca, wo das Olympische Dorf entsteht, mit dem Zentrum verbinden. Die Fahrtzeit halbiert sich dadurch von mehr als einer Stunde auf 34 Minuten.
Die vier neuen Schnellbuslinien haben ein Passagieraufkommen von einer Million Menschen pro Tag und verbinden unter anderem die beiden Flughäfen der Stadt und das Olympische Dorf miteinander. Die neue Straßenbahnlinie verkehrt im Zentrum und schafft eine direkte Anbindung zwischen Hafen, Bahnhof und dem zentral gelegenen Flughafen "Santos Dumont".
Segeln in der Kloake
Doch die Schönheitskur am Zuckerhut beschränkt sich vor allem aufs Festland rund um die Bucht von Guanabara. Die Bucht selbst, die die Portugiesen irrtümlich "Januarfluss" (Rio de Janeiro) nannten, muss sich mit kosmetischen Korrekturen begnügen.
In die Bucht werden täglich rund 80 bis 100 Tonnen Müll geschüttet. Dabei bemühen sich internationale Geldgeber wie die Weltbank und die japanische Regierung bereits seit 1993 um die Säuberung der Bucht - vergeblich.
Eigentlich sollten bis 2016 rund 80 Prozent der in die Bucht geleiteten Abwässer geklärt sein. Doch kürzlich musste Rios Bürgermeister Eduardo Paes einräumen, dass maximal die Hälfte behandelt wird.
"Die Säuberung der Bucht war eines der wichtigsten Ziele bei der Bewerbung um die Spiele", erinnert sich Valter Caldana, Direktor der Fakultät für Architektur und Urbanismus an der Mackenzie Universität in São Paulo. Die geringen Fortschritte in diesem Bereich verdüsterten die ansonsten erfolgreiche Bilanz.
Nun sollen schwimmende Barrieren den Müllzufluss in die Bucht aufhalten. Lastkähne fischen zudem den gröbsten Unrat aus dem Wasser heraus. Doch die 324 olympischen Segler aus 34 Ländern werden wohl dennoch zwischen schwarzen Schlieren, Plastikmüll und Fäkalien um Medaillen kämpfen müssen.
Lob aus São Paulo
Unterm Strich mache man in Rio aber derzeit Vieles richtig, erkennt man sogar in der Wirtschaftsmetropole São Paulo an: "Rio wird völlig erneuert aus den Olympischen Spielen hervorgehen, das ist sehr positiv", urteilt Valter Caldana. Die Stadt profitiere wesentlich stärker von dem Ereignis als ganz Brasilien von der WM 2014.
Rios Aufstieg zur neuen Sport-Hauptstadt Brasiliens hat ihren Preis: Explodierende Immobilienpreise, abgerissene Armenviertel, Umsiedlungen und die Furcht, dass sich die eine oder andere Sportstätte zu einem weißen Elefanten entwickeln könnte.
Doch für den Diplomaten Laudemar Aguiar überwiegen klar die Vorteile: "Die Negativspirale ist gestoppt! Rio galt lange als Metropole auf dem absteigenden Ast: Konsulate wurden geschlossen, Touristen kamen nicht mehr, Investitionen blieben aus", erinnert er sich und fügt hinzu: "Die Megaevents haben Rio als Stadt wieder attraktiv gemacht."