Collection Pinault eröffnet in Pariser Bourse de Commerce

Diese Rotunde bildet das architektonische Herz des neues Museums. Unübersehbar und monumental ragt in der Mitte eine Skulptur empor. Doch wie lange noch? Die Plastik des Schweizers Urs Fischer besteht vollständig aus Wachs. Bald wird sie sich durch das Sonnenlicht verformen, das von oben hereinstrahlt, und sich in ein neues Kunstwerk verwandeln. All zu lange dürfte es nicht dauern...

... denn die Plastik steht direkt unter der rund 40 Meter hohen Glaskuppel des neuen Pariser Museums. Die imposante Kuppel - die älteste Metallstruktur Frankreichs aus dem Jahr 1812 - bildet gewissermaßen das Dach der Rotunde. Der darunter liegende Ausstellungsraum in Form eines Zylinders ist der erste von zehn.

Die Galerie im ersten Stock ist der Fotografie gewidmet. Sie präsentiert eine Auswahl von Serien und Ensembles von den 1970er-Jahren bis in die 1990er hinein. Gezeigt werden engagierte und kämpferische Bildansätze zu Fragen von Identität, Geschlecht und Sexualität.

... so der Titel einer Fotografie-Reihe von 1974 von Michel Journiac. Der Franzose war in den 1970er-Jahren eine Ikone der Kunstszene. Er hat die sogenannte Körperkunst geprägt: ein künstlerisches Konzept, bei dem der Körper sowohl als Kunstmedium als auch als Kunstobjekt dient. Journiac ist einer von sechs Fotografen, deren Werke im Museum gezeigt werden.

Ein Highlight der Ausstellung sind die 30 Arbeiten des afroamerikanischen Künstlers David Hammons. Sein radikales und kompromissloses Werk fand in Europa bis dato keine nennenswerte Präsentation. Zum ersten Mal werden laut Martin Bethenod, dem Generaldirektor des Museums, so viele von Hammons Werken auf einmal in einem europäischen Museum ausgestellt.

"Nur" 200 der rund 10.000 Werke von François Pinault werden ab dem 22. Mai 2021 in der ehemaligen Handelsbörse in Paris gezeigt. Bereits in den frühen 1970er-Jahren begann der französische Milliardär mit seiner Kunstsammlung. Viele Stücke sind nun erstmals der Öffentlichkeit zugänglich.

Von den rund 13.000 Quadratmetern Gesamtfläche sind etwa 7700 dem Publikum zugänglich, knapp 3000 sind Ausstellungen gewidmet. Im Untergeschoss befindet sich ein Auditorium mit über 250 Plätzen und einer Black Box: ein großer verdunkelter Raum für Installationen.

50 Jahre lang darf Pinaults Sammlung in der Bourse de Commerce bleiben. So lange hat Paris dem Sammler die Rechte übertragen. Der Milliardär hat den Umbau und die Renovierung mit über 160 Millionen Euro selbst finanziert - 30 Prozent davon wurden für die Renovierung verwendet. Die Fassade von 1889 sowie die Panorama-Malerei im Innern mussten gereinigt und die Glaskuppel restauriert werden.

Für den Umbau hat sich Pinault den japanischen Stararchitekten Tadao Ando an Bord geholt. Markenzeichen des mittlerweile 79-Jährigen ist eine minimalistische Bauweise: Den teilweise unter Denkmalschutz stehenden Rundbau hat er mit Stilelementen, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen, versehen. In die Mitte ließ er einen neun Meter hohen und 30 Zentimeter breiten Betonzylinder ein.

Der dreidimensionale Betonkörper ist die einzige Anleihe an den Modernismus. Die 40 Meter hohe Glaskuppel schließt ihn nach oben hin ab. Im Innern beeindruckt eine 1400 Quadratmeter große Panorama-Malerei aus dem 19.Jahrhundert, auf dem die fünf Kontinente dargestellt sind.

Pinaults neues Museum ist in die einstige Pariser Handelsbörse eingezogen. Deshalb auch der etwas umständliche Name "Bourse de Commerce - Pinault Collection". Es befindet sich im "Quartier des Halles", dem "Markthallenviertel", zwischen dem Louvre und dem Centre Pompidou, das auf dem obigen Bild zu sehen ist. Die Ausstellung öffnet am 22. Mai 2021 für das Publikum.