Neues Verfassungsreferendum in Venezuela
27. Januar 2009Der venezolanische Präsident Hugo Chávez will es noch mal wissen. Gerade hat sein politischer Ziehsohn Evo Morales in Bolivien die Volksabstimmung über eine neue Verfassung gewonnen - und sich damit auch die Möglichkeit einer weiteren Wiederwahl gesichert. Ähnliches hatte Chávez schon Ende 2007 angestrebt - doch die Mehrheit der Venezolaner stimmte damals gegen die Verfassungsänderung. Chávez Amtszeit endet 2012 - eine erneute Kandidatur ist nach derzeit geltendem Recht nicht möglich. Am 15. Februar wird erneut über die Verfassung abgestimmt. Der Dauerwahlkampf spaltet Venezuela immer tiefer. Seit Wochen mobilisiert Präsident Chávez seine Anhänger. "Chávez no se va - Chávez geht nicht", lautet das Motto seiner Kampagne. Bis 2012 will er weiterregieren.
Die Opposition kontert fast täglich mit Demonstrationen in Caracas. Chávez werde Venezuela in ein zweites Kuba verwandeln und das eigentlich reiche Land ruinieren, so ihre Befürchtungen.
Seit 10 Jahren ist Hugo Chávez an der Macht - die Bilanz fällt gespalten aus. Auf der einen Seite haben hunderttausende Venezolaner dank der Sozialprogramme zum ersten Mal überhaupt Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung, zu kostenloser Schulbildung und zu subventionierten und daher erschwinglichen Lebensmitteln. Auf der anderen Seite hat Venezuela mit wachsenden wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Seit der Ölpreis sinkt, ist auch Ebbe in Chávez Staatskasse - die ambitionierten Sozialprogramme stehen auf der Kippe.
Chávez sei es nicht gelungen, in den letzten 10 Jahren die einseitige Abhängigkeit der venezolanischen Wirtschaft vom Ölexport zu reduzieren, so der Vorwurf der Opposition. Das rächt sich jetzt bitter: der Ölpreis ist von 150 Dollar pro Barrel in den letzten 10 Monaten auf 50 Dollar gefallen.
Nachrichten aus der "anderen Welt"
Wahlkampf hin oder her - Chávez wird in den nächsten Tagen auch wieder auf internationaler Bühne auftreten - im brasilianischen Belém nämlich, wo am Dienstag (27.01.09) das 9. Weltsozialforum begonnen hat - unter dem Motto "eine andere Welt ist möglich".
Dass ausgerechnet die Millionenstadt an der Mündung des Amazonas als Austragungsort ausgewählt wurde, ist kein Zufall: geht es beim Weltsozialforum doch auch um den globalen Klimawandel. Jedes Jahr fallen Millionen Hektar Regenwald der Expansion der Landwirtschaft zum Opfer - mit Folgen wie bisher unbekannten Dürreperioden und einer Verschiebung der Regenzeiten in der Region. Der brasilianische Bundesstaat Pará, der viermal so groß wie Deutschland ist, weist momentan eine der höchsten Abholzungsraten auf. Doch gibt es auch hier Bemühungen, den Regenwald zu erhalten und zu erforschen.
Gedenktag für die Opfer des Holocaust
"Ich war in einem Vernichtungslager, in dem fast jeden Tag Menschen in den Tod geschickt wurden. Ich war gerade 14 Jahre alt, als man mich für die Gaskammern selektierte. In einem günstigen Moment, als die Aufseher nicht hingeschaut haben, ist es mir gelungen aus der Gruppe, die für das Gas bestimmt war, auszureißen und mich wieder zu den anderen zu stellen, die noch etwas länger leben durften." So erinnerte sich die Holocaust-Überlebende Violeta Friedmann im Interview mit der DW an ihre Flucht vor dem sicheren Tod in Konzentrationslager Auschwitz.
Als 14jährige war die jüdische Rumänin im März 1944 zusammen mit ihrer Familie nach Auschwitz deportiert worden - wo ihre Eltern, Groß- und Urgroßeltern umgebracht wurden. Am 27. Januar 1945 erlebte sie die Befreiung des Lagers durch sowjetische Truppen. Als Publizistin und unermüdliche Mahnerin gegen das Vergessen hat sie ihre Erlebnisse in zahlreichen Büchern und Aufsätzen verarbeitet. An die nachfolgende Generation appellierte Violeta Friedmann "ihre Kinder zu Toleranz und Respekt zu erziehen, damit ihre Enkel und deren Enkel einmal in einer besseren Welt leben." Das sei alles, was sie von den jungen Menschen heute erwarte: "Vergesst nicht, was passiert ist, vergesst nicht, wohin der Rassenhass geführt hat - zu den schlimmsten Verbrechen der Menschheit - das darf nie wieder geschehen."
Auf Initiative von Bundespräsident Roman Herzog wurde der 27. Januar in Deutschland zum offiziellen Gedenktag an die Opfer des Holocaust erklärt. In einer Rede vor dem Bundestag anlässlich dieses Gedenktages sagte Roman Herzog 1999: "Kenntnis der Verbrechen und Gedenken an die Leiden sind zwei sehr verschiedene Dinge, aber wir brauchen beides, damit die daraus erwachsenden Lehren tatsächlich in den Köpfen und Herzen ankommen."
Die große Mehrheit der heute lebenden Deutschen sei nicht Schuld an Auschwitz, so Roman Herzog, "aber natürlich sind auch sie in besonderem Maße dafür verantwortlich, dass sich so etwas wie Auschwitz und der Holocaust nicht und niemals wiederholen." Aus der deutschen Geschichte ergibt sich, schlussfolgerte Herzog, eine "besondere Verantwortung dafür, dass da wo wir auch nur ein wenig in der Welt mitzureden haben, kein Platz mehr für diese Art von Verbrechen sein darf."
Viele deutsche Juden haben ihr Leben während des Dritten Reiches durch Flucht ins Ausland retten können. Sie mussten ihre Heimat und häufig auch die eigene Familie hinter sich lassen und haben den Holocaust aus der Ferne, tatenlos, miterlebt, zum Beispiel in Argentinien. Dort jedoch trafen sie später, nach dem Ende des Dritten Reiches, auf ihre ehemaligen Verfolger: Argentinien hat nach dem 2. Weltkrieg viele ehemalige Nazis aufgenommen. Ein makabrer Teufelskreis der Geschichte.
Redaktion: Mirjam Gehrke