Chronik einer schwierigen Beziehung
Mehr als 50 Jahre lang haben die USA und Kuba ihre Beziehungen ohne Botschaften "gepflegt". Diese Zeit ist nun vorbei. Wir blicken auf die entscheidenden Momente der diplomatischen Eiszeit.
Der erste Knick: Kubanische Revolution
Am 1. Januar 1959 erobern kubanische Revolutionäre unter der Führung Fidel Castros Havanna. Die sechsjährige Militärdiktatur unter dem von den USA gestützten Fulgencio Batistas war damit zu Ende. Wenig später erklärten die Männer um Fidel, seinen Bruder Raúl und die Ikone der Revolution, Ernesto "Che" Guevara, Kuba zu einem sozialistischen Staat.
Offizielles Beziehungsende: Schließung der Botschaft
Die sozialistische Revolution belastete das Verhältnis zwischen den beiden amerikanischen Staaten. Washington stellte bald die Wirtschaftshilfe ein und drosselte die Einfuhr von Zucker, Kubas wichtigstem Exportgut. Als Castro die US-Regierung 1961 auffordert, ihr Personal in Havanna zu reduzieren, reagiert Washington entschieden und schließt seine Botschaft.
Coup-Versuch in der Schweinebucht
Im April 1961 versuchten Exil-Kubaner die Castro zu stürzen. Doch die Invasion in der Schweinebucht schlug fehl - trotz Unterstützung durch den frisch gewählten US-Präsidenten John F. Kennedy. In Washington fürchtete man, der „Virus des Kommunismus“ könnte auch auf andere Länder Lateinamerikas übergreifen, zumal die Bindung Kubas an die Sowjetunion immer enger wurde.
Einigung statt Atom-Krieg
Im Herbst des Jahres 1962 entdeckte die CIA sowjetische Nuklearraketen auf Kuba. Einige Tage lang schien es, als würden jegliche diplomatische Verhandlungen scheitern. Die Welt befand sich am Rande eines Atomkriegs. Erst nach einer Seeblockade der USA gegen Kuba kehrten die Kontrahenten an den Verhandlungstisch zurück - und vereinbarten den Abzug der Atomwaffen.
Diplomatie unter fremden Dächern
Die nächsten Jahre waren von gegenseitigen Verschwörungsvorwürfen und populistischer Berichterstattung der Medien auf beiden Seiten geprägt. Erst im Mai 1977 eröffnete Washington in Havanna eine "Interessenvertretung" unter dem Dach der tschechoslowakischen Botschaft. Später übernahm die Schweiz dieses Schutzmandat. Kuba richtete sich seinerseits als Gast der Schweiz in Washington ein (Bild).
Flucht vor dem kollektiven Elend
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verschärfte sich die Wirtschaftslage des verarmenden Kubas erneut. Zehntausende Kubaner verließen ihr Land angesichts der immer prekärer werdenden Lebensumstände. Viele flohen mit dem Boot in die USA. Mit dem „Cuban Democracy Act“, der weitere Handelseinschränkungen beinhaltete, trug die US-Regierung zu dieser Situation bei.
Hohn und Spott für "Imperialisten"
In den 90er Jahren wurde die ständige Vertretung der Vereinigten Staaten in Havanna Schauplatz eines zuweilen bizarren Propagandakriegs. So ließ Castro eine inzwischen legendäre Plakatwand anbringen, auf der ein Guerillero sich über einen grimmigen Uncle Sam lustig macht. Seine Botschaft an den Yankee: "Werte Imperialisten, wir haben nicht die geringste Angst vor euch".
Neue Tuchfühlung: Historischer Händedruck
Mit Barack Obama kam die Entspannung. "Jahrzehnte des Misstrauens" wolle er hinter sich lassen. Gleich nach seinem Amtsantritt ordnete er an, Beschränkungen für US-Bürger kubanischer Herkunft bei Reisen nach Kuba abzubauen. Bei der Trauerfeier für Nelson Mandela schütteln sich Obama und Castro dann erstmals die Hand. Kurze Zeit später folgte die offizielle Aufnahme diplomatischer Beziehungen.
Wiedereinzug am Malecón
Die USA beschlossen weitere Reise- und Handelserleichterungen für Kuba, beide Länder starteten Verhandlungen über die Eröffnung von Botschaften. Beim Amerika-Gipfel in Panama trafen sich die beiden Staatschefs zu einer Unterredung. Nun weht erstmals seit 54 Jahren wieder die US-Flagge über dem Gebäude an Havannas Uferpromenade Malecón.
Che Guevara im neuen Gewand
Ob es den Castros gefällt oder nicht: Heute schließen sich Che Guevara und „Stars and Stripes“ in Kuba nicht mehr aus. Der Kapitalismus drängt auf die Insel. Unter dem wirtschaftlichen Druck öffnet das Regime sein System in Trippelschritten für die Marktwirtschaft. Das schlägt sich insbesondere im Tourismus nieder: Die Besucherzahlen stiegen in den ersten vier Monaten dieses Jahres um 15 Prozent.