70 Jahre Christian Dior
11. Februar 2017"Es ist nahezu eine Revolution, lieber Christian! Ihre Kleider kreieren einen richtigen New Look!" Es war Carmel Snow, die Chefredakteurin von "Harper's Bazaar", die diese Worte nach Diors erster Modenschau am 12. Februar 1947 in Paris aufschrieb und in der Welt verbreitete - und damit die Geburt einer Legende besiegelte.
Nach der Kriegszeit, die geprägt war von Einschränkungen und zweckmäßiger Kleidung, fühlte sich wohl kaum etwas neuer an, als Diors Visionen. In seiner ersten Kollektion verwarf er die moderne Kleidung, die sich in den 1920er und 1930er Jahren etabliert hatte. Stattdessen präsentierte er ein radikal frauliches Bild, geprägt von eng anliegenden Jacketts mit ausgepolsterten Hüftpartien, mit schlanken Taillen und Röcken in A-Form.
Der Modeschöpfer Christian Dior wurde zum neuen Star der Pariser Haute Couture und verwandelte kurzerhand die Garderobe der zeitgenössischen Frau. Der "New Look", der Begriff, unter dem Diors Stil in die Geschichte einging, bediente die nostalgische Stimmung der Nachkriegsgesellschaft.
Dior wollte keine Alltagskleidung für die pragmatische Frau eines schnelllebigen Jahrhunderts entwerfen. Er wollte den Traum der guten alten Zeit verkaufen, als es sich Frauen noch leisten konnten, extravagant und bewusst glamourös aufzutreten. Der "New Look" war eine Wiederentdeckung des Wohlstands, was Frauen verschiedenster Generationen und sozialer Klassen gerne annahmen.
Feministische Proteste gegen Dior
Doch nicht jede Frau war angetan von den modischen Polstern, Drapierungen, Bundfalten, Verzierungen und anderen extravaganten Vorschlägen von Dior. Seine Ideen waren in der Tat regressiv, und viele kritisierten Dior, dass er den Frauen die gerade erreichte Unabhängigkeit nehme, indem er sie in Korsetts schnüre und sie wieder lange Röcke tragen lasse.
"Wir hassen bodenlange Röcke! Frauen, kämpft mit eurer Kleidung für die Freiheit!" So stand es auf den Bannern des "Little-Below-the-Knee"-Clubs ("Ein-wenig-unter-dem-Knie-Club"), die einen Protest gegen den Neuen Look in Chicago initiierten.
Auch amerikanische Modemacher waren aufgebracht über Diors Design. Sie hatten eine schlichte, geschmeidige Silhouette bevorzugt und damit in den Kriegsjahren gute Geschäfte gemacht. Coco Chanel, der Star der Vorkriegs-Mode, merkte spöttisch an: "Dior kleidet keine Frauen, er polstert sie aus!"
Ein Feuerwerk statt Bomben
"Das, was als neuer Stil gepriesen wurde, war lediglich der unverfälschte, natürliche Ausdruck einer Art von Mode, die ich sehen wollte", schrieb Dior einmal. "Es war einfach so, dass meine persönliche Vorliebe mit der allgemeinen Gemütslage dieser Zeit übereinstimmte, und so wurde es zu einer Parole in der Mode. Es schien, als wäre Europa müde geworden, Bomben zu werfen. Jetzt wollte man lieber ein paar Feuerwerke zünden."
Soziologen und Historiker, die die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg analysiert haben, stimmen dem zu. Die langen Säume und die Petticoats aus meterlangen Fabrikstoffen zeugten vom Ende der Materialbeschränkungen durch Regierungsvorschriften. Das Comeback der Korsetts signalisierte dagegen die Rückkehr der Frauen aus den Büros, Krankenhäusern und Munitionsfabriken hin an den häuslichen Herd.
In den 1930er Jahren, im Zuge der großen Wirtschaftskrise, mussten Frauen der Mittel- und Oberschicht im Grunde die gleiche Kleidung tragen. Im Gegensatz dazu, standen Diors exklusiven aufwändigen Kostüme als Symbol für eine neue, geteilte Gesellschaft.
Christian Dior's plötzlicher Tod 1957 läutete eine andere Ära ein. Eine Ära, die eher von der Rebellion der Jugend geprägt war als von bourgeoisem Hochmut. Anfang der 1960er Jahre verschwand der "New Look" nahezu aus den Kollektionen des Hauses Dior und seiner Nachahmer. Ein Revival gab es allerdings in den 1990ern, als sich junge Modedesigner entschlossen, die Modegeschichte zu dekonstruieren und sie in ihre Zeit zu heben.
Heute regiert der "New Look" wieder einmal die Laufstege: Thom Browne, Miuccia Prada, oder J. W. Anderson gehören zu denen, die erst kürzlich den von Dior geprägten Stil für das 21. Jahrhundert aktualisiert haben.