"Ein Traum, Kamerun zu vertreten"
8. Januar 2022Eric Maxim Choupo-Moting war gerade einmal zehn Jahre alt, als Kamerun im Februar 2000 beim Turnier in Nigeria seinen dritten Titel beim Afrikanischen Nationen-Pokal gewann. Damals besiegten die "unzähmbaren Löwen" Nigerias "Super Eagles" im Elfmeterschießen. Schließlich durfte Kameruns Kapitän, der Ex-Bundesligaspieler Rigobert Song, den wichtigsten Fußballpokal Afrikas vor einer enttäuschten Gastgebernation in die Höhe stemmen.
"Es war ein großes Spiel. Ich erinnere mich, dass ich als kleiner Junge das Finale mit Samuel Eto'o auf unserer und Jay-Jay Okocha auf der anderen Seite gesehen habe", sagte Choupo-Moting der DW im Juni 2021. "Das waren Spiele, die mich motiviert haben, für mein Land zu spielen, und es ist jetzt ein Traum, Kamerun zu vertreten."
Choupo-Moting: "Eine Ehre"
Der 32-jährige Spieler des FC Bayern, der in Hamburg geboren wurde, ist einer der Stars der kamerunischen Mannschaft, die in diesem Monat auf heimischem Boden um den afrikanischen Titel kämpft. Bei der letzten Austragung der Meisterschaft im eigenen Land 1972 belegte Kamerun den vierten Platz. Seitdem hat das Land fünf AFCON-Titel errungen, in den kommenden Wochen könnte es den sechsten holen.
"Es ist eine Ehre, den Nationenpokal im eigenen Land zu spielen, das ist etwas Besonderes für die ganze Nation", sagt Choupo-Moting, der den bislang letzten Triumph Kameruns 2017 in Gabun verpasste. "Wir wollen so weit wie möglich kommen, das ist klar."
Turbulente Vorbereitung
Die Vorbereitungen Kameruns auf den AFCON verliefen allerdings alles andere als reibungslos. Das Land sollte das Turnier eigentlich bereits 2019 ausrichten, wurde aber letztlich nicht berücksichtigt, da das ursprüngliche Format mit 16 Mannschaften auf 24 Teams erweitert wurde. Das Land benötigte plötzlich zusätzliche Stadien, um die gewachsene Veranstaltung beherbergen zu können. Es kam zu Verzögerungen, was schließlich zur Folge hatte, dass ein anderes Land den Afrika-Cup ausrichtete.
Die CAF, der afrikanische Fußballverband, veranstaltete stattdessen ein Sommerturnier in Ägypten und verschob die Austragung in Kamerun auf 2021. Die weltweite COVID-19-Pandemie führte dann zu einer weiteren Verschiebung um ein Jahr, so dass Kamerun genug Zeit blieb, um sicherzustellen, dass alles bereit ist, wenn auch mit großer Verspätung. Die sechs Stadien, in denen das Turnier nun ausgetragen wird, befinden sich in der Hauptstadt Yaounde (Olembe-Stadion, 60.000 und Stade Ahmadu Ahidjo, 42.500 Plätze), in Douala (Japoma-Stadion, 50.000), Garoua (Roumde-Adjia-Stadion, 30.000), Bafoussam (Kouekong-Stadion, 20.000) und in Limbe (Limbe-Stadion, 20.000 Plätze).
Neben den Verzögerungen beim Stadionbau, überschattete auch die Krise im englischsprachigen Teil Kameruns den Afrika-Cup und sorgte für Verunsicherung. Anglophone Separatisten wollten in den kamerunischen Regionen Nordwest und Südwest ihren eigenen Staat "Ambazonien" gründen, weil sie sich seit Jahrzehnten vernachlässigt fühlen. Die Zentralregierung reagierte mit brutaler Repression: Mehr als 4000 Menschen wurden von Sicherheitskräften und bewaffneten Milizen getötet. Die Afrika-Cup-Gastgeberstadt Limbe liegt in der Südwest-Region.
Darüber hinaus lehnten sich einige Oppositionsgruppen gegen die 40-jährige Herrschaft von Präsident Paul Biya auf. Im Dezember wurden 47 Aktivisten der Bewegung für die Wiedergeburt Kameruns (MRC) von einem Militärgericht wegen "Rebellion" gegen den Staat zu Haftstrafen verurteilt.
"Der Afrika-Cup ist eine gute Gelegenheit für Menschenrechtsorganisationen und willkürlich Inhaftierte, sich Gehör zu verschaffen, denn es scheint, als sei Kamerun von der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen worden, weil es von allen Machtzentren der Welt weit entfernt ist", sagt Fabien Offner von Amnesty International.
Widerstand der europäischen Vereine
Von der 33. Auflage des AFCON sind auch die europäischen Vereine stark betroffen. Schließlich ist Eric Maxim Choupo-Moting nur einer von vielen afrikanischen Spielern, die in Europa ihr Geld verdienen. Bayerns Gegner zum Rückrundenauftakt, Borussia Mönchengladbach, fehlte mit dem Algerier Ramy Benzebaini ein wichtiger Spieler, Bayer Leverkusen fehlen mit Odilon Kossounou von der Elfenbeinküste und Edmond Tapsoba aus Burkina Faso zwei Innenverteidiger.
Die englische Premier League wird voraussichtlich bis zu 40 Spieler verlieren, darunter das Liverpooler Trio Mohamed Salah, Sadio Mane und Naby Keita, außerdem Riyad Mahrez von Manchester City und Kelechi Iheanacho von Leicester.
Der Zeitpunkt des Afrika-Cups, mitten in der europäischen Saison, war bei den Klubs schon immer unbeliebt. Angesichts der COVID-19-Pandemie hatte sich die European Club Association (ECA) gegen das Turnier gewehrt. Samuel Eto'o, der kürzlich zum Präsidenten des kamerunischen Fußballverbands (Fecafoot) gewählt wurde, verurteilte die Versuche, das Turnier zu untergraben. "Ich sehe keinen überzeugenden Grund, den Afrikanischen Nationen-Pokal zu verschieben, die EURO wurde während der Pandemie in vollen Stadien gespielt", sagte Eto'o gegenüber Canal+. "Sie haben in vielen Städten Europas gespielt, warum sollten wir also nicht in Kamerun spielen? Wenn einige meinen, wir sollten das Turnier verschieben, müssen sie einen guten Grund nennen."
Können die Löwen brüllen?
Eto'o, der den Afrika-Cup mit Kamerun 2000 und 2002 als Spieler gewinnen konnte, würde nun auch als Funktionär gerne den Titel holen. Der ehemalige Stürmer, der unter anderem für Barcelona, Chelsea und Inter Mailand auf Torejagd ging, ist dabei nicht der einzige Ex-Nationalspieler, der in Kamerun Verantwortung trägt.
Francois Omam-Biyik war 1990 an der Seite von Roger Milla im WM-Kader und schoss im WM-Eröffnungsspiel das entscheidende 1:0 gegen Weltmeister Argentinien. Heute ist er Co-Trainer der "Löwen". "Wir wissen, dass jede Mannschaft, die nach Kamerun kommt, den Titel gewinnen will", sagt Omam-Biyik, der 1988 den Afrika-Cup gewann, gegenüber der DW. "Wir haben unsere fünf Titel in verschiedenen Ländern gewonnen. Es ist eine schwierige Herausforderung, aber die Löwen sind bereit, ihren Platz zu verteidigen."
Kamerun startete in Gruppe A mit einem 2:1-Sieg gegen Burkina Faso und zog mit einem 4:1 gegen Äthiopien bereits vor dem letzten Gruppenspiel gegen Kap Verde ins Achtelfinale ein. Dort könnte man auf Senegal oder Guinea treffen. Davon ließ sich Eric Maxim Choupo-Moting aber nicht einschüchtern. "Wir haben einen guten Kader, eine gute Mannschaft. Wir sind eine große Fußballnation in Afrika, und wir werden unser Bestes geben", sagt der Bayern-Stürmer.