Chodorkowski macht den Weg frei
"Als Leiter muss ich alles tun, um unser Arbeitskollektiv aus der Stoßrichtung zu nehmen, die gegen mich und meine Partner gerichtet ist", zitierte die Nachrichtenagentur Interfax aus Chodorkowskis Erklärung. Er sei überzeugt, dass die "geschlossene Mannschaft hochprofessioneller Manager" die vor ihr stehende Aufgabe der Globalisierung des Konzerns erfolgreich bewältigen werde.
War alles juristisch korrekt?!
Zuvor hatte erstmals der Kreml öffentlich Kritik am Vorgehen der Generalstaatsanwaltschaft geübt. Die Beschlagnahme von Yukos-Aktien in der Vorwoche sei eine "nicht zu Ende gedachte Handlung" gewesen, sagte der neue Kreml-Stabschef Dmitri Medwedjew im Staatsfernsehen. "Diese Aktien gehören Offshore-Unternehmen, die Anspruch auf Schadenersatz erheben. Die juristische Effektivität solcher Sicherungsmaßnahmen ist nicht offensichtlich", sagte der promovierte Jurist. Ihm sei nicht klar, ob die Beschlagnahme eines großen Yukos-Aktienpakets juristisch effektiv gewesen sei.
Die Vorwürfe der Justiz gegen Yukos und Chodorkowski stellte Medwedjew allerdings nicht in Frage. "Wir gehen davon aus, dass diese Dinge peinlichst genau untersucht werden und dass die Entscheidung über eine Schuld der betroffenen Personen nur von einem Gericht in Übereinstimmung mit den russischen Gesetzten getroffen wird", betonte er. Die Yukos-Führung steht im Verdacht, bei Privatisierungsgeschäften in den 1990er Jahren den Staat um eine Milliarde Dollar betrogen zu haben. Kritiker unterstellen dem Kreml, das Vorgehen der Justiz gegen den politisch ambitionierten Chodorkowski angeordnet zu haben.
Keine dauerhaften wirtschaftlichen Schäden
Der russische Aktienmarkt hat sich unterdessen wieder beruhigt. Der Kurs des Papiers stieg im späten Handel an der Moskauer Börse um fast vier Prozent nach oben und schloss 12,9 Prozent über dem Vortagsschlussstand (Stand: 3.11.).Als Beweis des Vertrauens in die russische Wirtschaft könnte auch die Ankündigung der Deutschen Bank wirken, einen 40-prozentigen Anteil an der führenden russischen Investmentbank United Financial Group zu kaufen. Die Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) hält eine Neubewertung Russlands für nicht nötig, da Risiken wie der Konflikt zwischen dem Staat und Yukos bereits berücksichtigt seien.
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht trotz der Vorfälle um den russischen Ölkonzern Yukos kein Signal für eine Abkehr Russlands von einer marktwirtschaftlich ausgerichteten Wirtschaftspolitik. IWF-Direktor Horst Köhler sagte am Montag (3.11.) auf einer Osteuropa-Konferenz der Österreichischen Nationalbank (ÖNB) in Wien: "Ich glaube nicht, was Präsident Putin betrifft, dass er von dem in den vergangenen Jahren eingeschlagenen Weg in Richtung einer stark marktwirtschaftlich orientierten Politik abgehen möchte." Vor einer abschließenden Bewertung der Vorgänge in Russland müssten noch einige Fragen beantwortet und mehr Informationen gesammelt werden. Ohne eine solide Grundlage sollte die Diskussion darüber nicht weiter angefacht werden. (arn)