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Chinesisch-deutsche Themen: Viel Wirtschaft, wenig Menschenrechte

Zhang Danhong13. August 2005

Während der rot-grünen Regierungszeit haben sich die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China lebhaft entwickelt. Dafür hat sich Kanzler Schröder auch persönlich eingesetzt. Eine Bilanz.

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Schröder im Volkswagen-Werk in ChangchunBild: dpa

Im Dezember 2002 sagte Deutschlands Bundeskanzler Gerhard Schröder bei der Einweihung der Transrapid-Teststrecke im Zentrum von Shanghai: "Dieser Besuch heute ist besonders symbolträchtig. Weil wir eines der interessantesten Technologieprojekte miteinander einweihen werden, die es zwischen unseren beiden Ländern und in unseren beiden Ländern gibt."

Der Transrapid ist ein Paradebeispiel für die guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China. Auch wenn diese Teststrecke zunächst nicht gerade reibungslos funktionierte, symbolisiert das Projekt doch ein gemeinsames Wunschdenken, aus deutscher Weltklasse-Technik und dem chinesischen Ehrgeiz, sich das Modernste zu eigen zu machen, eine ideale Kombination zu schmieden.

Tatsächlich haben sich die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Nationen in der Ära Schröder in einem atemberaubenden Tempo entwickelt. Seit 1999 gilt Deutschland als größter europäischer Investor in China. Seit 2002 rangiert China unter den weltweiten Absatzmärkten für Deutschland auf Platz zwei, direkt hinter den USA.

Transrapid in China / Shanghai
Transrapid in ChinaBild: AP

Das Gesicht wahren

Ein nicht unerheblicher Grund für diese Erfolgsgeschichte besteht darin, dass sich die Deutschen ganz gut auf eine sonst typisch asiatische Mentalität verstehen, nämlich den anderen "das Gesicht wahren zu lassen". Scharfe Kritik in Richtung Peking überlässt Deutschland zum Beispiel gern anderen Staaten, allen voran den USA. Beispiele dafür sind die Auseinandersetzung um die unterbewertete chinesische Währung oder der immer noch andauernde Textilstreit. Gesicht wahren konnte aber auch der deutsche Bundeskanzler bei seinem umstrittenen Vorhaben, die stillgelegte Nuklearfabrik aus dem deutschen Hanau nach China zu verkaufen.

Im Dezember 2003 teilte Gerhard Schröder während seines immerhin bereits fünften China-Besuchs mit, er habe keine Einwände gegen den Verkauf der Anlage nach China. Unterschätzt hatte er dabei den Widerstand seines grünen Koalitionspartners. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Christa Sager drückte ihren Unmut unumwunden aus: "Ich bedaure, dass der Bundeskanzler nicht seinen Einfluss genutzt hat, um Siemens von dieser Transaktionsabsicht im Bezug auf China abzubringen."

Siemens-Brennelemente-Fabrik in Hanau Atomkraft Atomenergie Kernwaffen Atomwaffen Atomausstieg
Die Siemens-Brennelemente-Fabrik in HanauBild: AP

Um den Krach in der rot-grünen-Koalition zu entschärfen, einigte man sich darauf, dass Deutschlands Auswärtiges Amt dieses Exportgeschäft überprüfen solle. Kaum jemand rechnet damit, dass diese Überprüfung je zu einem Ergebnis führen wird. Und Chinas Regierung war gegenüber Schröder so freundlich, darüber nicht lautstark zu protestieren.

Streit um Waffen

Dass sich der deutsche Bundeskanzler - anders als chinesische Regierungschefs - in seinem eigenen Land und auch in der EU nicht immer durchsetzen kann, haben die Chinesen an einem weiteren Beispiel erfahren: Bei der von Schröder favorisierten Aufhebung des Waffenembargos, das die EU vor über 16 Jahren nach dem Massaker auf dem Tian'anmen-Platz gegen die Volksrepublik verhängt hatte.

"Die Entscheidung hat die EU zu treffen, aber meine Position habe ich nicht zu verändern. Und es scheint auch so, dass sie inzwischen der Mehrzahl der Verantwortlichen in der Europäischen Union entspricht." Da hatte sich Schröder zu früh gefreut - denn anderthalb Jahre später ist der Widerstand innerhalb der EU immer noch so groß, dass in naher Zukunft nicht mit einer Aufhebung des Waffenembargos gegen China zu rechnen ist.

Für sein Vorpreschen in dieser Frage erntete Gerhard Schröder einhellige Kritik von den deutschen Medien. Auch in seinem eigenen politischen Lager überwiegt die Ansicht, dass China als Vorleistung seine Menschenrechtslage verbessern müsste. Apropos Menschenrechte: Kein einziges Mal sprach Schröder auf seinen China-Reisen öffentlich das Thema Menschenrechtsverletzungen im Reich der Mitte an. Dafür hat er selber eine Erklärung: Es gebe doch seit 2000 einen Rechtsstaatdialog zwischen Deutschland und China, argumentiert der Kanzler gerne, und ein Teil davon firmiert sogar unter dem Stichwort "Menschenrechtsdialog".

Ein stummer Dialog?

Von der Bundesregierung als Kernstück der bilateralen Beziehungen angepriesen, wird der Rechtsstaatsdialog von Menschenrechtsorganisationen allerdings als mangelhaft bewertet. Die Generalsekretärin der deutschen Sektion der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Barbara Lochbihler, sagt: "Wir sehen, dass die Ergebnisse, was die Menschenrechtsverbesserung angeht, doch sehr verschwindend sind. Wir fordern deswegen eine Auswertung des Erreichten - um in Zukunft eine Politik machen zu können, die auf diesen Kenntnissen aufbaut."

Und Angela Merkel?

Zukunft - das heißt im Falle Deutschland wohl die Zeit nach dem 18. September, nach der vermutlich an diesem Datum stattfindenden vorgezogenen Bundestagswahl. Können Menschenrechtler im Falle eines Wahlsiegs von CDU/CSU und FDP auf eine kritischere China-Politik Deutschlands hoffen? Und was würde sich in diesem Falle aus chinesischer Perspektive ändern? Der in Deutschland lehrende chinesische Professor Gu Xuewu vom Ostasien-Institut in Bochum kommt zu folgender Einschätzung:

"Unionsgeführte Regierungen sind tendenziell pro-amerikanisch. Es mehren sich bereits Anzeichen, dass CDU und CSU nach einem Regierungswechsel den Schwerpunkt ihrer Außenpolitik auf die USA verlagern würden. Aber eine Verbesserung der deutsch-amerikanischen Beziehungen muss nicht zwangsläufig zu einer Verschlechterung der deutsch-chinesischen Beziehungen führen. Außerdem gehen konservative Politiker mit Versprechungen vorsichtiger um. Wenn sie etwas versprechen, tun sie auch alles, um es einzulösen - anders als die Schröder-Regierung. Schröder hat den Chinesen viel versprochen. Aber wenn es um politisch sensible Themen ging, hat er nichts erreicht."