Chinas Traum vom europäischen Fußball
5. Juli 2016Der Wirtschaftsriese China ist eigentlich ein Fußballzwerg. Auf der Rangliste des Fußballweltverbands FIFA belegt Chinas Nationalmannschaft der Männer den 81. Platz von insgesamt 204. Doch in China gibt es die treuesten und konsumfreudigsten Fans, die so das Fußballgeschäft in Europa mit ankurbeln.
Sponsoring als Türöffner
Erstmals ist jetzt ein chinesisches Unternehmen als der erste Sponsor einer Europameisterschaft aufgetreten: Hisense, ein Hersteller von Haushalts- und Elektrogeräten. Auf dem LED-Panel rund um das Spielfeld und auf dem Hintergrund bei Interviews sahen die Fans in 230 Ländern das Logo des chinesischen Unternehmens, das in Düsseldorf seine Deutschlandzentrale hat.
"Hisense will durch das Sponsoring der Europameisterschaft weltweit für sein Markenzeichen werben", sagt Zhu Shuqin von der Markenabteilung des Konzerns. Hisense stellt TV-Geräte, Smartphones und Kühlschränke her. "Unser Unternehmen will seine internationalen Aktivitäten ausbauen und Forschung und Entwicklung im Ausland etablieren", so Zhu weiter. Was Hisense für die Fußball-Werbung gezahlt hat, will sie nicht verraten. Insider vermuten, dass mindestens 50 Millionen Euro gezahlt wurden. 2015 setzte das Unternehmen 3,2 Milliarden US-Dollar auf ausländischen Märkten um.
Chinesisches Kapital im europäischen Fußball
Sportkommentator Feng Tao glaubt, dass Werbung bei solchen Spitzensportevents für chinesische Unternehmen der beste Weg ist, um ihre Marke bekannt zu machen. Damit könne sich die Dauer der Marktetablierung um fünf bis acht Jahre verringern, sagte Feng dem chinesischen Online-Portal Sina. In der deutschen Bundesliga ist zum Beispiel die chinesische Telekom-Firma Huawei seit 2013 Sponsor von Borussia Dortmund.
Im Januar 2015 stieg der chinesische Immobilienunternehmer Wang Jianlin mit 45 Millionen Euro bei der spanischen Traditionsmannschaft Atletico Madrid ein und sicherte sich einen Platz im Vorstand. Laut spanischer Presse sind 16 von den 20 Vereinen der ersten spanischen Liga mit chinesischem Kapital ausgestattet, sei es in Form von Beteiligungen oder von Sponsorenverträgen. Es handele sich um eine Summe von insgesamt einer Milliarde Euro, heißt es. Chinesische Firmen besitzen 70 Prozent der Anteile von Inter Mailand, Alleineigentümer des britischen Klubs Aston Villa ist ein Chinese. Am Dienstag (05.07.) kündigte Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi an, seinen Fußballclub AC Mailand für 400 Millionen Euro an ein chinesisches Unternehmen zu verkaufen. Auch im Visier von Käufern aus dem Reich der Mitte ist Manchester United.
Last but not least ist auch das führende Sportvermarktungsunternehmen "Infront Sports & Media" in der Schweiz, das unter anderem die Sportrechte der Fußballweltmeisterschaften 2002 und 2006 vermarktet hatte, in chinesischer Hand: 2015 sicherte sich Wang Jianlin von der Wanda Group mit 1,05 Milliarden Euro 68,2 Prozent der Anteile.
Unterstützung von ganz oben
Die Aktivitäten der chinesischen Investoren im europäischen Profi-Fußball liegen ganz auf der Linie von Staatspräsident Xi Jinping, der ein großer Fußballfan ist. Es ist sein großer Wunsch, dass Chinas Nationalmannschaft der Männer sich noch einmal für die WM qualifiziert, dass China auch einmal die Weltmeisterschaft austrägt und sogar irgendwann einmal einen Titel gewinnt. 2002 durfte Chinas Nationalelf bei der WM in Japan und Südkorea antreten, da die Gastgeber als stärkste Mannschaften Asiens automatisch qualifiziert waren und somit ein Platz für China frei war.
Der neue Vorstand von Atletico Madrid, Wang Jianlin, will, dass junge Spieler aus China in Europa trainiert werden und in Zukunft Zugang zur europäischen Profiliga finden. Bereits 2015 hatte der deutsche Bundesligist VfL Wolfsburg den chinesischen Mittelfeldspieler Zhang Xizhe engagiert. Die Verpflichtung des 25-Jährigen Zhang wurde als Marketing-Coup des Hauptsponsors Volkswagen mit Blick auf den chinesischen Markt gesehen. Zhang wurde allerdings bei keinem einzigen Spiel in der Bundesliga eingesetzt und beendete seine Deutschlandkarriere nach sechs Monaten.
Am Missgeschick Zhangs stören sich Chinas leidenschaftliche Fans des deutschen Fußballs nicht. Die EM ist offenbar auch eine gute Chance, für Deutschland zu werben. Der deutsche Botschafter Clauss kündigte an, dass er noch einmal zum Public Viewing einladen wird, falls Deutschland ins Finale kommt.