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Chinas Kampf gegen die Immobilienkrise

Mischa Ehrhardt
1. September 2023

Chinas Wirtschaft schwächelt, die Konjunkturlokomotive der Welt kämpft mit Problemen, unter anderem im Immobiliensektor. Der Schuldenberg wächst, die Regierung versucht gegenzusteuern. Erfolg ungewiss.

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Baustelle des Immobilienentwicklers Country Garden in Peking
Baustelle des Immobilienentwicklers Country Garden in PekingBild: Ichiro Ohara/Yomiuri Shimbun/AP/picture alliance

Am Freitag ging es an den Börsen Asiens und speziell Chinas bergauf. Der Grund waren gute Konjunkturdaten. Und die Bereitschaft der Staatsführung in Peking, gegen die aktuellen wirtschaftlichen Probleme anzukämpfen. Solche Nachrichten sind offenbar bitter nötig, um die Stimmung von Investoren zu bessern. Denn ansonsten sind positive Neuigkeiten aus dem Reich der Mitte zurzeit eher Mangelware.

Die jüngsten Hiobsbotschaften kamen vom führenden Bauträger Country Garden. Das Unternehmen ist umgerechnet mit bis zu 170 Milliarden Euro Schulden belastet. Und nach einem Milliardenverlust im ersten Halbjahr versucht der Immobilienentwickler nun, eine Zahlungsunfähigkeit irgendwie noch abzuwenden.

Das Unternehmen ist auf den Bau von Wohnungen vor allem in kleineren Städten spezialisiert. Und um die volkswirtschaftliche Dimension des Problems zu verdeutlichen, reicht eine Zahl: Der Konzern hat aktuell unter seinen Fittichen rund eine Million Wohnungen, die sich in China noch im Bau befinden.

Ein Viertel der Wirtschaftsleistung Chinas

Der Bausektor steht für rund ein Viertel der chinesischen Wirtschaftsleistung. Das liegt auch daran, dass Wohneigentum in China einer der zentralen Bausteine der Alterssicherung darstellen.

Mit der boomenden Wirtschaft in den vergangenen Jahren hat auch die Nachfrage und die Spekulation mit Bauobjekten stark angezogen. Dieser Blase entweicht nun mindestens die Luft, wenn sie nicht schon am Platzen ist. Denn Country Garden steht mit seinen Finanzproblemen nicht allein. Der Immobiliengigant Evergrande ist ebenfalls ins Straucheln geraten, dort belaufen sich die Schulden auf umgerechnet über 300 Milliarden Euro.

Wohnhäuser des Immobilienentwickler Evergrande in Guangzhou
Wohnhäuser des Immobilienentwickler Evergrande in GuangzhouBild: Noel Celis/AFP

In Reaktion auf die Verwerfungen am Immobilienmarkt versucht die Staatsführung in Peking nun gegenzusteuern. So haben Chinas Zentralbank und die Finanzaufsichtsbehörde etwa bekannt gegeben, dass sie Regeln für die Kreditaufnahme lockern wollen, um mögliche Hauskäufer zu unterstützen. Großstädte wollen den Menschen Vorzugskredite zum Kauf eines Eigenheims gewähren. Neue Richtlinien sollen Immobilieninvestitionen in unterentwickelten Teilen von Megastädten fördern.

Die Maßnahmen sind notwendig, um ein weiteres Übergreifen der Krise auf andere Bereiche der Wirtschaft zu verhindern. "Die Immobilienkrise strahlt auf andere Bereiche der Wirtschaft ab und verunsichert viele Konsumenten", stellt der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer fest. "Außerdem hat das Vertrauen in die Wirtschaftspolitik der Regierung nachgelassen."

Große Verunsicherung

Um dieses Vertrauen möglichst wieder herzustellen, kämpft die Regierung auch gegen andere ökonomische Probleme an. Denn sowohl der Außenhandel als auch die Binnenwirtschaft haben sich merklich abgekühlt. So dürfte das Wachstum in China in diesem Jahr "nur" noch fünf Prozent betragen. Das ist im Vergleich zu den vergangenen Jahren ein gehöriger Dämpfer für die Konjunkturlokomotive der Welt.

Logo von Country Garden
Logo von Country GardenBild: Chen Jialiang/HPIC/dpa/picture alliance

Deswegen haben in einer konzertierten Aktion drei große Banken in China am Freitag die Einlagenzinsen um mindestens zehn Basispunkte gesenkt. Damit sollen offenbar Sparer angehalten werden, ihr Geld weniger auf die hohe Kante zu legen und stattdessen zu investieren oder in den Konsum zu stecken. Solche Aktionen unterhalb des Regierungshandelns könnten zunehmend auch deshalb wichtig sein, weil Chinas Staatsschulden in den vergangenen Jahren in die Höhe geschossen sind.

Der europäischen Ratingagentur Scope zufolge werden die Schulden Chinas in wenigen Jahren die jährliche Wirtschaftsleistung übertreffen, nämlich 2027. Zum Vergleich: Vor der Corona-Pandemie betrug der Schuldenstand gemessen am Bruttoinlandsprodukt nur rund 60  Prozent.

"Die sich verschlechternden mittelfristigen Konjunkturaussichten setzen die öffentlichen Finanzen Chinas noch stärker unter Druck, während sich die Reformdynamik verlangsamt hat", erklärte Scope-Analyst Eiko Sievert gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die Ratingagentur hatte die Kreditwürdigkeit Chinas auf Grund der sich häufenden Risiken im Reich der Mitte im Mai um eine Stufe herabgesetzt.