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Chinas heikle Rolle bei Nordkorea-Sanktionen

Hans Spross27. Januar 2016

Die enge Beziehung ist zwar erkaltet, aber China hält aus eigenem Interesse Nordkoreas marode Wirtschaft am Leben. Gleichzeitig soll Peking die Schrauben anziehen, um Kim Jong Uns Atomprogramm einzudämmen.

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Außenminister Wang und Kerry (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/J. Martin

Die Bemühungen um eine Verstärkung der internationalen Front zur Eindämmung des nordkoreanischen Atomprogramms sind eine diplomatische Gratwanderung. Der Grund liegt in der besonderen Rolle Chinas, denn "ohne China geht es nicht", bringt es Volker Stanzel, Senior Fellow an der Stiftung Wissenschaft und Politik und früherer deutscher Botschafter in Peking, auf den Punkt.

Die von amerikanischer Seite gemachten Äußerungen im Vorfeld des Besuchs von US-Außenminister Kerry in Peking und die chinesischen Reaktionen darauf sind bezeichnend für die heikle Situation. Die USA hatten deutlich gemacht, dass sie nach dem jüngsten angeblichen Wasserstoffbombentest Nordkoreas eine stärkere Rolle Chinas sowohl bei der Verabschiedung einer neuen UN-Resolution erwarten, als auch bei eigenen Maßnahmen Chinas. China müsse "mehr tun", so die Botschaft Washingtons, um Nordkorea von den Ressourcen abzuschneiden, die es für seine Atomaktivitäten benötige. Das wurde nun von der chinesischen Außenamtssprecherin so quittiert: "Viele (der amerikanischen) Bemerkungen ergaben keinen Sinn und waren nicht konstruktiv."

Nordkorea feiert den angeblichen Wasserstoffbombentest. (Foto: Kyodo)
Nordkorea feiert den angeblichen WasserstoffbombentestBild: picture alliance/dpa

Doppelstrategie

Ist die öffentliche Druckausübung der Amerikaner auf Peking also kontraproduktiv? Nicht unbedingt, meint Ex-Diplomat Stanzel im Interview mit der DW: "Wenn die Amerikaner nichts sagen würden, sähe das so aus, als nähmen sie diese Atomtests hin. Auch die Japaner beobachten das sehr genau. Also hier massiv und lautstark Forderungen zu stellen, aber daneben auf einer anderen Schiene mit China darüber zu reden, was man vernünftigerweise in einem bescheidenen Rahmen machen kann, wäre eine ganz sinnvolle Doppelstrategie."

So werde der normale Außenhandel Nordkoreas über China abgewickelt. Aber "Die Waren werden noch nicht mal mit den Durchleuchtungsgeräten kontrolliert, die es in jedem chinesischen Hafen gibt, so dass auch Dual-use-Güter ohne weiteres durchrutschen können", so Stanzel. Daneben verweist der China-Experte auf die in Nordkorea von Chinesen errichteten und geleiteten Fabriken, wo Nordkoreaner arbeiten, und auf die nordkoreanischen Gastarbeiter in Nordostchina, die nicht fliehen, weil dann ihre Familien bestraft würden.

Wenn China wollte, sagt Stanzel, könnte es diesen Tropf beziehungesweise diese drei Stränge, an denen Nordkorea hängt, verengen. Also etwa durchleuchten, was in den Containern über die Grenze geht, es könnte schrittweise die Zahl der Gastarbeiter verringern, so dass für Pjöngjang spürbar würde, dass China es ernst meint.

Nordkoreas Diktator Kim Jong Un (Foto: Reuters)
Nordkoreas Diktator Kim Jong UnBild: Reuters/KCNA

Chinas "Giftschrank"

Auch Zheng Jiyong von der Fudan Universität in Shanghai bestätigt gegenüber der DW, dass China mehr tun könnte. "Früher waren es scharfe Sanktionen auf dem Papier, die Nordkorea nur selten weh getan haben." Nach dem angeblichen Wasserstoffbombentest müsse die internationale Gemeinschaft Maßnahmen beschließen, die Nordkorea von der Weiterentwicklung seiner Atomwaffen abbringen. "Sie können nicht nur auf dem Papier stehen und müssen scharfe und umsetzbare konkrete Maßnahmen sein. Gegenüber Nordkorea hat China immer zwischen politischen und wirtschaftlichen Sanktionen unterschieden. Diesmal könnte Peking auch einige wirtschaftliche Sanktionen mittragen. Wir können nicht sagen, dass Chinas 'Giftschrank' leer wäre", sagt der Korea-Experte.

"Sechs-Partein-Gespräche nicht abschreiben"

Auch in einem anderen Punkt sind sich der deutsche und der chinesische Experte in Bezug auf das nordkoreanische Atomproblem einig: Es sei ein Fehler, die seit Ende 2008 auf Eis liegenden Sechs-Parteien-Gespräche abzuschreiben. "Man kann nichts erreichen, wenn man den Verhandlungstisch verlässt", sagt Zheng. Die Sechser-Runde ruhe zwar derzeit, "aber nicht, weil Japan, USA und Südkorea nicht zufrieden wären mit dem Mechanismus an sich, sondern weil sie ihre ehrgeizigen Ziele nicht erreicht haben."

Volker Stanzel, Senior Fellow an der SWP (Foto: DW)
Volker Stanzel, Senior Fellow an der SWPBild: picture-alliance/dpa/Wang Haixin

Die Sechs-Parteien-Gespräche beruhten laut Stanzel auf einer Anreiz-Strategie, "also Schritt um Schritt ein Zurückfahren des Atomwaffenprogramms, Hilfe und Unterstützung bis hin zur In-Aussicht-Stellung des von Nordkorea erstrebten Friedensvertrags mit den USA auf Augenhöhe.“ Der Ausstieg Nordkoreas aus den Gesprächen sei erfolgt, nachdem George W. Bush eine Offenlegung von Nordkorea verlangt hatte, "die für die Regierung praktisch bedeutet hätte, die Unterhosen runterzulassen. Ein Schritt-für-Schritt-Vorgehen, wie es die USA bis dahin mitgetragen hatten, war nach einer Zeitzeugenaussage durchaus vielversprechend. Die Geduld hatten die USA unter George W. Bush damals eindeutig nicht“, bilanziert Volker Stanzel. Aber auch er räumt ein: "Die Sechs-Parteien-Gespräche wieder in Gang zu bringen, verspricht nichts, wenn Nordkorea nicht merkt, dass China es ernst meint und nicht nur protestiert."