Chinas erste Frau im All
17. Juni 2012"Shenzhou 9" heißt das chinesische Raumschiff - übersetzt: "Magisches Schiff". Es ist am Samstag (16.06.2012) vom Weltraumbahnhof Jiuquan in der Wüste Gobi im Nordwesten des Landes ins All gestartet und soll am Weltraummodul "Tiangong 1" ("Himmelpalast") andocken. Es wäre das erste Andockmanöver eines bemannten Raumschiffs an dem Modul, das seit vergangenem September die Erde umkreist. Doch nicht nur deshalb ist der Flug eine Premiere. Zum ersten Mal hat China eine Frau ins All gebracht.
Nach Angaben chinesischer Medien ist die 34-jährige Liu Yang die erste Chinesin im Weltall. Die ehemalige Pilotin bei der der chinesischen Luftwaffe ist verheiratet, hat aber keine Kinder. Anfang 2010 wurde sie als eine Kandidatin für das Raumprogramm ausgewählt.
Keine Narben, kein Karies
Chinesische Medien berichteten ausführlich, nach welch strengen Kriterien die Astronautin ausgewählt worden ist: Weder kleinere Narben noch Karies seien bei den Kandidatinnen geduldet worden. Selbst dicke Hornhaut auf der Fußsohle soll zum Ausschluss geführt haben. Weltweit waren bereits 56 Astronautinnen im All: 46 Amerikanerinnen, drei aus der ehemaligen Sowjetunion, drei aus Russland, und jeweils zwei aus Kanada und Japan.
Professor Bernd Dachwald ist Raumfahrtexperte an der Fachhochschule Aachen. Er sieht für Frauen an Bord eines Raumschiffes keine speziellen Schwierigkeiten. "Die Amerikaner nehmen ja regelmäßig Frauen mit. Sie haben auch fast so viele Frauen in ihrem Astronautenteam wie Männer."
Der einzige Punkt, den man bei Astronautinnen besonders beachten müsse, seien die Hormonschwankungen durch den weiblichen Menstruationszyklus. Auch Reinhold Ewald, der 1997 mit einer russischen Sojus-Kapsel im All war, hält Frauen in der Raumfahrt Männern gegenüber für absolut gleichwertig. Für viele Chinesen ist eine Frau an Bord des "magischen Schiffes" ein symbolischer Meilenstein für die Emanzipation der Frauen in ihrem Land.
Gleichberechtigung auch im All
Im Oktober 2003 schickte China zum ersten Mal einen Menschen ins All: Der erste chinesische Astronaut Yang Liwei wurde als Nationalheld gefeiert. China wurde damit nach den USA und der ehemaligen Sowjetunion das dritte Land, das die Technik der bemannten Raumfahrt beherrscht.
Für den deutschen Astronauten Ewald demonstriert das chinesische Programm den Anspruch des Landes, auch im Bereich der Raumfahrttechnik als gleichberechtigt wahrgenommen zu werden. "Wir haben unsere chinesischen Kollegen herzlich und mit aller Offenheit in den Kreis der Astronauten und Kosmonauten aufgenommen. Es gibt sogar eine Organisation der Astronauten, die im All waren. Und da sind auch die Chinesen dabei. Sie werden von uns völlig gleichberechtigt behandelt."
Einen weiteres Motiv für das kostenträchtige Programm sieht der Aachener Raumfahrtforscher Dachwald in der Werbewirkung für chinesische Technik: "Wenn man zeigt, dass man die bemannte Raumfahrt beherrscht, dann kann man auch andere Technologien, die überhaupt nichts mit bemannter Raumfahrt zu tun haben, besser auf dem Weltmarkt verkaufen."
Chinas nächstes ehrgeiziges Ziel im All steht schon fest: Bis 2020 will das Land eine eigene bemannte Raumstation in Betrieb nehmen.