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China und Russland rüsten auf

Helle Jeppesen14. April 2014

Die meisten Länder haben ihre Militärausgaben erhöht - nur in den USA und fast allen westeuropäischen Staaten fielen sie: Das zeigt der neue Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI.

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Chinesische Soldaten in Hangzhou (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Weltweit sind 2013 die Militärausgaben um 1,9 Prozent gefallen. Das liegt aber in erster Linie daran, dass die USA ihre Ausgaben gekürzt haben - besonders nach dem Rückzug aus dem Irak. Hätte es diese Kürzungen nicht gegeben, wären die weltweiten Ausgaben insgesamt aber gestiegen, so der neue Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI.

Da die USA allein für mehr als ein Drittel der weltweiten Ausgaben von insgesamt 1,747 Milliarden US-Dollar aufkommen, haben diese Einsparungen einen großen Einfluss auf die jährliche Statistik des SIPRI. In dem Bericht stellt das Institut alle öffentlich zugänglichen Informationen über Militärausgaben zusammen: nicht nur die Ausgaben für die Beschaffung von Rüstungsgütern, sondern auch für den Unterhalt der Truppen, Personal- und Verwaltungskosten, Forschung, Instandhaltung und Bauvorhaben. 2013 haben die meisten Länder ihre Rüstungsausgaben erhöht: Das ist das Ergebnis des Berichts.

NATO-Stärke trotz Sparpolitik

Nicht nur die USA sparen: In den NATO-Ländern in Westeuropa sind die Militärausgaben in den vergangenen Jahren parallel zur Wirtschaftskrise gefallen - mit Ausnahme von Polen und Deutschland. Trotz der Einsparungen in vielen Ländern ist die NATO weiterhin der weltweit größte Auftraggeber, wenn es um Militärausgaben geht: "Wenn man die NATO-Zahlen addiert, dann liegt der Anteil an den weltweiten Militärausgaben immer noch bei zwei Drittel", stellt Professor Michael Brzoska fest. Er leitet das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg, das auch das Auswärtige Amt in Berlin in Sicherheits- und Rüstungskontrollfragen berät.

Infografik Militärausgaben in Milliarden US-$ 2013

Russische Rüstungspläne

Dieses Ungleichgewicht könne auch eine Erklärung für Russlands Rüstungspläne darstellen: Zum ersten Mal seit 15 Jahren, so Brzoska, sei der Anteil der russischen Militärausgaben am Bruttosozialprodukt höher als in den USA. "Daran sieht man schon, dass in Russland besondere Anstrengungen gemacht werden, wieder militärisch stärker zu werden." Allerdings habe Russland auch einen riesigen Nachholbedarf, da die russische Rüstungsindustrie in den 1990er Jahren praktisch am Boden lag.

Brzoska weist darauf hin, dass Russland immer noch die zweitgrößte Nuklearmacht sei und die russische Truppen zu den größten der Welt gehörten, das Land aber im Hinblick auf die Ausrüstung des Militärs eher als "Mittelmacht" bezeichnet werden müsse. "Aber man kann natürlich militärisch überlegen sein - etwa gegenüber den baltischen Staaten, Georgien oder der Ukraine", so Michael Brzoska.

In der Gesamtwertung von SIPRI liegt Russland an dritter Stelle. Den zweiten Platz nimmt China ein - auch wenn in diesem Fall die Zahlen vom Friedensforschungsinstitut geschätzt werden mussten.

China als asiatische Supermacht

Die Zahlen aus China seien sehr undurchsichtig, betont Samuel Perlo-Freeman, der die Studie von SIPRI leitet. Deshalb sei es auch schwierig zu sagen, wofür die chinesischen Militärausgaben eingesetzt werden. Der Zuwachs der chinesischen Militärausgaben von 7,4 Prozent bedeute unter anderem mehr Geld und bessere Unterkünfte für die Soldaten. "Aber sie erhöhen definitiv auch die Ausgaben für Waffen und Training", so Perlo-Freeman.

Die Erhöhung der Militärausgaben sowohl in China als auch in Russland müsse man auch im Zusammenhang mit der Vormachtstellung der USA nach dem Kalten Krieg sehen: "Sie waren gar nicht über eine uni-polare Welt glücklich, wo die USA praktisch alles allein durch militärische Überlegenheit diktieren konnten."

Intransparenz im Nahen Osten

Im Nahen Osten sind die Rüstungsausgaben 2013 weiterhin gestiegen. Der Trend hält seit Jahren an und hat nicht nur mit der angespannten sicherheitspolitischen Lage zu tun, sondern auch mit den immer noch hohen Öleinnahmen. So liegt Saudi-Arabien auf der Liste der Länder mit den höchsten Militärausgaben auf dem vierten Platz weltweit.

Soldaten in Saudi-Arabien (Foto: dpa)
Saudi-Arabien liegt bei den Militärausgaben auf dem vierten PlatzBild: picture-alliance/dpa

Die hohen Militärausgaben könnten allerdings aus der Sicht von Perlo-Freeman ganz andere Ursachen als militärisch-strategische Überlegungen haben: "Die Militärausgaben sind eben auch eine Möglichkeit, Öl-Geld auf private Konten zu übertragen. Das könnte dazu beitragen, Militärausgaben attraktiver zu machen."

Generell seien die Angaben vieler Länder im Nahen Osten sehr intransparent, so der SIPRI-Experte. Für 2013 gab es keine verfügbaren Zahlen für den Iran, Katar, Syrien, Jemen und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Wachstumsmarkt Afrika und Mittelamerika

Afrika hat insgesamt im Vergleich zum Vorjahr die Militärausgaben um 8,3 Prozent erhöht. Südlich der Sahara gibt Angola mittlerweile mehr für das Militär aus als Südafrika. In Nordafrika pumpt Algerien weiterhin einen Teil der Öl- und Gaseinnahmen in das Militär: 2013 waren es laut SIPRI mehr als 10 Milliarden US-Dollar, so viel wie noch kein afrikanisches Land je zuvor dafür ausgegeben hat.

In Mittelamerika - besonders in Nicaragua, Guatemala und Honduras - steigen die Militärausgaben ebenfalls. Das liege aus Sicht der SIPRI-Experten vor allem am Krieg gegen die Drogenkartelle. In Lateinamerika insgesamt, so der Bericht, sind die Ausgaben nur mäßig gestiegen.

Spiegel der Gesellschaft

Im Allgemeinen, so Perlo-Freeman, würden die Rüstungsausgaben weltweit in absoluten Zahlen zwar steigen. Doch weil die Wirtschaft vieler Länder auch wachse, verringere sich gleichzeitig der Anteil der Militärausgaben am Bruttosozialprodukt. "Wenn die Wirtschaft wächst und es allen besser geht, dann muss es auch den Soldaten besser gehen", sagt der SIPRI-Experte.

ECOMOG-Truppen in Liberia (Foto: Getty Images)
Afrikanische Länder geben mehr für Militär aus als früherBild: Getty Images

Das Militär sei häufig ein Spiegel der politischen Verhältnisse, gibt auch Michael Brzoska vom Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik zu bedenken: "Es ist also nicht besser oder schlechter als die sonstige Elite".

Michael Brzoska erwartet für die kommenden Jahre, dass sich der aktuelle Trend fortsetzt. "Wir erleben ja auch in anderen Bereichen einen Umbruch in der Weltpolitik", betont er und verweist darauf, dass die Bedeutung des Westens generell gegenüber den bevölkerungsreichen Ländern wie China, Russland oder Indien abnimmt. "Insofern ist es ja sozusagen ein Nachholen dessen, was man erwarten muss, wenn man auf die Bevölkerungszahlen schaut".