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China und Pakistan verstärken Kooperation

Torsten Schäfer23. November 2006

China vergrößert seinen Einfluss in Pakistan, um seine Position in der Region zu stärken. Islamabad hofft im Gegenzug auf den Ausbau seiner Atomtechnologie mit chinesischer Hilfe.

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Paramilitärs in einem Lastwagen vor einem großen Plakat, das Hu und Musharraf zeigt
Ein Plakat in Islamabad kündigt das Treffen von Hu und Musharraf anBild: AP

Zuerst hat Peking Indien hofiert - und nun ist dessen Erzfeind Pakistan Ziel der chinesischen Charme-Offensive. Noch am Dienstag (21.11.2006) rief Chinas Präsident Hu Jintao in Neu Delhi eine strategische Partnerschaft mit Indien aus. Am Donnerstag flog er weiter nach Islamabad, um bis Sonntag Gespräche mit Präsident Pervez Musharraf und weiteren Regierungsvertretern zu führen.

Am Freitag unterzeichneten beide Staaten ein Freihandelsabkommen, mit dem sie ihren bilateralen Handel verdreifachen wollen. Dem Abkommen zufolge streben China und Pakistan bis 2011 ein Handelsvolumen von 15 Milliarden Dollar (11,5 Milliarden Euro) an. Im vergangenen Jahr betrug das Handelsvolumen 4,26 Milliarden Dollar, was bereits einem Wachstum von 39 Prozent im Vergleich zu 2004 entsprach. Insgesamt unterzeichneten Hu und Musharraf 18 Verträge zur sozialen, wirtschaftlichen und verteidigungspolitischen Zusammenarbeit.

Es ist der erste Besuch eines chinesischen Präsidenten in Pakistan seit zehn Jahren. Beide Länder unterhalten aber traditionell sehr gute Beziehungen.Bereits 2005 unterzeichneten China und Pakistan einen Freundschaftsvertrag, in dem sie sich verpflichteten, keine Bündnisse gegeneinander einzugehen.

Fortsetzung der nuklearen Zusammenarbeit vereinbart

Blick auf das erste chinesische Atomkraftwerk in der Provinz Zhejiang, rund 120 km südlich von Shanghai. Der Druckwasserreaktor ist vom Typ US-Westinghouse. Aufgenommen am 8. Juli 1992.
In Anlagen wie dem Druckwasserreaktor in der Provinz Zhejiang hat China die Atomtechnik entwickelt, die es heute exportiert.Bild: picture-alliance/ dpa

Pakistan ist von großer strategischer Bedeutung für China, das seine Vormachtstellung gegenüber Indien in Asien ausbauen will. Staatschef Hu Jintao verfolgt dabei eine Doppelstrategie: Er kooperiert mit Indien und stärkt gleichzeitig Pakistan, mit dem Indien mehrere Kriege geführt hat. "Peking will mit einem gestärktem Pakistan das aufstrebende Indien ausbalancieren", erklärt Kay Möller, Asien-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Bei den Gesprächen in Islamabad vereinbarten China und Pakistan auch die Fortsetzung der bisherigen Zusammenarbeit bei der Nutzung der Kernenergie. "Es geht vermutlich um die Lieferung neuer Reaktoren", sagt Jörg Rudolph, Sinologe an der FH Ludwigshafen. Beide Staaten hatten bereits 1986 den Bau zweier Atomkraftwerke in Pakistan vereinbart, von denen eines seit sechs Jahren am Netz ist. Das zweite ist noch im Bau.

Pakistanische Atombombe mit chinesischer Hilfe entwickelt

China sei nicht nur der größter Waffenlieferant Pakistans, erklärt Jörg Rudolph: "Die pakistanische Atombombe ist überdies zu wesentlichen Teilen mit chinesischer Hilfe entwickelt worden", erklärt der Experte. Ein Atom-Abkommen zwischen China und Pakistan sei nur die logische Antwort auf das Abkommen zur nuklearen Zusammenarbeit, das die USA und Indien bereits vereinbart haben, erklärt Kay Möller. "China liefert damit das Gegenstück zur US-Strategie", so der Experte.

Der US-Senat hatte in der vergangenen Woche den Weg für die nukleare Zusammenarbeit der USA mit Indien endgültig geebnet. Das Abkommen erlaubt die Kooperation mit der Atommacht bei der zivilen Nutzung der Kernenergie, obwohl Indien ebenso wie Pakistan den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat. "Indien wird durch die US-Politik faktisch als Atommacht anerkannt", erläutert Jörg Rudolph.

Pakistans illegale Atom-Lieferungen an Nordkorea

Musharraf bei einem Staatsbesuch im September mit US-Präsident Bush im Weißen Haus
Musharraf bei einem Staatsbesuch im September mit US-Präsident Bush im Weißen HausBild: AP

Washington hat Pakistan ein ziviles Nuklear-Abkommen verweigert. Deshalb hofft Islamabad, seine Atomtechnik mit chinesischer Hilfe ausbauen zu können. Auf anderen Wegen kann sie Pakistan nicht weiter entwickeln. Denn Pakistan wird seit seinem Atomwaffentest 1998 weltweit im zivilen Nuklearbereich boykottiert.

Auch Indien unterlag zunächst einem Boykott, der aber durch eine neuerliche Kooperationsbereitschaft der USA und Frankreichs langsam aufweicht. Ein Grund hierfür ist auch Indiens größere Glaubwürdigkeit: Während Indien als verantwortungsvolle Atommacht gilt, ist Pakistan wegen illegaler Lieferungen von Atomtechnologie an Staaten wie Nordkorea in die Kritik geraten. Auch deshalb ist Chinas offensichtliche Stärkung der pakistanischen Nuklearindustrie riskant.

China verfolgt mit allen Mitteln seine strategischen Interessen in Pakistan. Nicht nur die Nuklear-Technologie ist dabei von Interesse. Derzeit bauen chinesische Firmen einen großen Tiefwasserhafen in der pakistanischen Küstenstadt Gwadar. "Die chinesische Marine wird sich hier Landungsrechte sichern. Denn über Pakistan will China seinen Einfluss im Indischen Ozean stärken, den bislang Indien dominiert", sagt Kay Möller. Gute Beziehungen zu Islamabad sind für Peking auch deshalb hilfreich, weil durch Pakistan Gas-Pipelines führen, von denen das energiehungrige China abhängig ist, erklärt Jörg Rudolph.

Chinesischer Strategiewechsel langfristig möglich

Pakistan ist zurzeit ein Schlüsselfaktor für Chinas Südasien-Strategie. Langfristig kann sich dies aber ändern: "Auf lange Sicht hin will China - durchaus auch zusammen mit Indien - eine multipolare Weltordnung aufbauen, um die Supermacht USA zurückzudrängen", erklärt Kay Möller. "Doch das ist noch zu weit weg. Vorerst braucht China Pakistan, um sich die Vormachtstellung in der Region zu sichern."