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Politik

China hat schon einen Plan B

13. Februar 2019

Dass sich Nicolás Maduro in Venezuela noch an der Macht halten kann, hat er auch der Unterstützung Russlands und Chinas zu verdanken. Doch zumindest im Fall von Peking lautet die Frage: Wie lange noch?

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China Staatsbesuch Nicolas Maduro
Hier noch freudig vereint: Chinas Präsident Xi Jinping mit seinem venezolanischen Amtskollegen Nicolás MaduroBild: picture-alliance/Xinhua/Y. Dawei

"Simón Bolívar war der große Führer Venezuelas und Lateinamerikas im 19.Jahrhundert, Mao war der Vater des großen Chinas im 20. Jahrhundert. Ich glaube, die beiden haben sich jetzt zu Beginn des 21.Jahrhunderts getroffen" - der frühere venezolanische Präsident Hugó Chávez hatte immer eine Vorliebe dafür, seine bolivarische Revolution mit großen Worten zu schmücken.

Und wie schief der Vergleich von dem Freiheitskämpfer Lateinamerikas auf der einen und dem chinesischen Revolutionär auf der anderen Seite historisch auch sein mag, Chávez legte vor knapp 20 Jahren zusammen mit Präsident Hu Jintao den Grundstein für die Beziehungen zwischen Venezuela und China. Der Deal war denkbar einfach: wir geben Euch Erdöl, ihr gebt uns im Gegenzug Geld und bekommt geopolitischen Einfluss in der Region. Und wir ärgern mit der strategischen Partnerschaft gemeinsam die USA.

Symbolbild Einfluss von China in Lateinamerika Flash-Galerie
Hugo Chávez, der frühere Präsident Venezuelas, bei der Vorführung chinesischer Militärflugzeuge im Jahr 2010Bild: picture alliance/dpa

Über 62 Milliarden Dollar Kredite hat China Venezuela im letzten Jahrzehnt gewährt - und war damit auch ein wichtiger Faktor für das politische Überleben von Chávez und seinem Nachfolger Nicolás Maduro. Doch unter der Regierung Maduro stocken aufgrund der jahrelangen Misswirtschaft die Rückzahlungen, noch immer steht Caracas mit über 20 Milliarden Dollar in der Kreide. Nun fragt sich Peking: Bekommen wir unser Geld überhaupt noch zurück? Und sollten wir nicht besser einen Plan B in der Tasche haben, dass heißt auch einen Machtwechsel hin zum selbst ernannten Übergangspräsidenten Juán Guaidó in Erwägung ziehen?

Was China von Russland unterscheidet

"China verfolgt augenscheinlich eine vorsichtigere Strategie als zum Beispiel Russland, die auch einkalkuliert, dass es zu einem Regierungswechsel kommen könnte", betont der China-Experte Thomas Eder von Merics, einem Think-Tank für Chinaforschung in Berlin. Während Russland die USA offensiv vor einer militärischen Invasion und der Einmischung in die internen Angelegenheiten Venezuelas gewarnt hatte, hielt sich China mit Appellen demonstrativ zurück. Zwar versicherte Peking Maduro weiterhin seiner Unterstützung, doch hinter den Kulissen sollen sich chinesische Diplomaten schon längst mit Vertretern von Guaidó getroffen haben. "China denkt langfristiger als Russland", sagt Eder.

Thomas Eder -  China-Experte bei MERICS
"China wird nicht zum Rückzug blasen" - China-Experte Klaus Eder von Merics zum Einfluss Chinas in LateinamerikaBild: MERICS

Juan Guaidó scheint die chinesische Strategie schon genau durchschaut zu haben und will sie für seine Zwecke nutzen. "In einem Exklusivinterview mit der 'Hongkonger Morning Post' hat er versprochen, ein besserer Partner für China zu sein, mit einer besseren Wirtschaftsentwicklung, der auch gleichzeitig die Rückzahlung der Kredite garantieren kann," erklärt Eder die Medienoffensive von Guaidó. Sein Gegenspieler Maduro dagegen sei gar nicht mehr in der Lage, die Schulden zurück zu bezahlen, geschweige denn das Erdöl zu liefern.

Rechtsruck in Lateinamerika erschwert Chinas Geschäfte

Nicht nur in Venezuela, auch in Argentinien, Chile, Brasilien, Peru und Kuba ist China heute wichtigster Handelspartner - und hat die USA als Nummer Eins abgelöst. Weil Washington immer mehr das Interesse an Lateinamerika verloren hat, konnte Peking dieses Vakuum für sich nutzen. Und kann dabei entscheidende Vorteile ausspielen: Es gibt wenige Auflagen für die Vergabe von Krediten und diese sind kaum an politische Bedingungen geknüpft, weil der Grundsatz der chinesischen Außenpolitik - immer noch - lautet, sich nicht einzumischen. Für Länder, die einen offenen Antiamerikanismus pflegen, wie Venezuela, eine ideale Alternative.

Doch die linke Anti-US-Allianz in Lateinamerika bröckelt, was Pekings Plan, Lateinamerika noch weiter zu erschließen, zumindest erschwert. Argentinien, Chile, Brasilien und Peru werden nun von rechten Regierungen geführt, die keine großen Probleme damit haben, mit den bei vielen immer noch verhassten USA Handel zu treiben. Nur noch in Kuba ist Chinas Status als wichtigster Handelspartner ungefährdet.

China kann mit jedem Ergebnis in Venezuela leben

Und wenn jetzt auch noch Venezuela fällt? "Das wäre schon ein Rückschritt für China", so Experte Thomas Eder, "aber China war immer im Aufbau starker Wirtschaftsbeziehungen unterschiedlich gepolter Regierungen in der Region sehr pragmatisch und flexibel. Egal wer sich in Caracas durchsetzt, China hat viele Standbeine in der Region."

Chinesisch-venezuelanische Handy-Produktion in Caracas
Nicht nur im Erdölsektor, auch im Technologiebereich ist China in Venezuela aktiv, wie hier in einem Werk in CaracasBild: picture-alliance/Photoshot

Peking wird also weiter die Rolle des interessierten Beobachters im venezolanischen Machtpoker einnehmen, der sich mit jedem Ergebnis dann doch irgendwie arrangieren kann. Hält sich Nicolás Maduro, ist das für China politisch ein Gewinn. Übernimmt Juan Guaidó, wirtschaftlich. Und kommt es tatsächlich zu einer Invasion der USA, kann sich China "als Großmacht präsentieren", so Thomas Eder, "welche die völkerrechtlichen Spielregeln im Gegensatz zu den USA beachtet."

Porträt eines blonden Manns im schwarzen Hemd
Oliver Pieper DW-Reporter und Redakteur