China als Herausforderung für den Papst
20. April 2005Der verstorbene Papst Johannes Paul II. hat eine Vielzahl von Ländern bereist. China war nicht dabei. Nicht einmal Hongkong durfte er besuchen - obwohl es ein viele Jahre gehegter Traum von ihm war und er in vielen Stellungnahmen seine Sorge um die Gläubigen in China ausgedrückt hat. Denn die katholische Kirche dort ist gespalten: in eine offizielle Kirche, die so genannte "patriotische Vereinigung", und eine inoffizielle, dem Papst loyal gegenüberstehende Kirche.
Argwohn gegenüber den Katholiken
Es gehört zum Selbstverständnis der Kommunistischen Partei in China, keine andere organisierte Kraft neben sich zu dulden. Das gilt besonders für Religionsgemeinschaften, die als potenzielle Brutstätten oppositionellen Denkens betrachtet werden. Umso mehr, wenn sie aus dem Ausland gesteuert werden - so wie die katholische Kirche von Rom aus.
Also wurden nach der Gründung der Volksrepublik China 1949 alle Missionare ausgewiesen. Für die Katholiken hatte der Staat die "patriotische Vereinigung" gegründet. Diese offizielle Kirche durfte und darf keine Verbindungen nach Rom unterhalten.
"Untergrundchristen" mussten in Haft
Nicht alle Christen unterwarfen sich, es entstanden romtreue Untergrundkirchen. Und die wurden gnadenlos verfolgt, berichtet Joseph Kung, ein ausgewiesener Kenner der Untergrundkirche in China: "Seit der Gründung der VR China 1949 hat die Kommunistische Partei Tausende, Abertausende von Katholiken hinter Gitter gesperrt, weil sie dem Papst treu ergeben waren." Kungs eigener Onkel, ein Kardinal, habe 32 Jahre im Gefängnis gesessen.
Erst Anfang der 1980er Jahre kam es mit der neuen Verfassung zu einem Wiedererstarken des Christentums in China. Offizielle Zahlen sprechen heute von über fünf Millionen Angehörigen der offiziellen katholischen Kirche. Der Untergrundkirche sollen bis zu zehn Millionen Menschen angehören.
Streitpunkte: Ernennung von Bischöfen…
Bis in die 1990er Jahre hat der Heilige Stuhl im Vatikan lediglich geheime Beziehungen zur Untergrundkirche gepflegt. Dann begann er sich auch um die offizielle chinesische Kirche zu kümmern. Mit stiller Duldung der Behörden, wie Pater Roman Malek betont, der sich intensiv mit Fragen der Kirche in China beschäftigt: "Ich sehe ein positives Zeichen darin, dass die meisten Bischöfe in der Vergangenheit vom Heiligen Stuhl anerkannt worden sind und dass die chinesische Regierung das - stillschweigend allerdings - akzeptiert hat."
Die Ernennung von Bischöfen war stets einer der zentralen
Streitpunkte zwischen Vatikan und Peking. Denn Chinas Führung versteht die Ernennung von Bischöfen durch Rom als "Einmischung in die inneren Angelegenheiten". Und der Verzicht auf solcherlei "Einmischung" gehört aus Pekinger Sicht zu den Voraussetzungen für eine Normalisierung der Beziehungen.
…und Beziehungen zu Taiwan
Die andere, anlässlich der Wahl des neuen Papstes erneut wiederholte Forderung ist die, dass der Vatikan seine Beziehungen zu Taiwan aufgibt. Der Sprecher des Außenministeriums in Taipeh, Michael Lu, hat zwar am Mittwoch (20.4.2005) seiner Hoffnung Ausdruck verliehen,
dass der neue Papst die Beziehungen zu Taiwan nicht opfern werde.
Annäherung an China?
Allerdings hat es in jüngster Zeit Zeichen der Annäherung zwischen Rom und Peking gegeben, die in eine andere Richtung weisen. So hat erst im März der belgische Kardinal Danneels die chinesische Hauptstadt besucht. Und erstmals wurde ein Kardinal nicht allein vom Staatlichen Religionsbüro empfangen, sondern sogar von einem stellvertretenden Ministerpräsidenten.
Immerhin ist der neue Papst in China kein Unbekannter. Sein Buch "Einführung in das Christentum" liegt in chinesischer Übersetzung vor - und wird auch von der offiziellen Kirche benutzt.