"Charlie Hebdo" kommt nach Deutschland
23. November 2016Zum 1. Dezember, einem Donnerstag, bietet "Charlie Hebdo" erstmals auch eine deutsche Ausgabe an. Die erste Nummer soll mit einer Startauflage von 200.000 Exemplaren in den Handel kommen, wie eine Sprecherin der Satirezeitung in Paris mitteilte. Wie viele deutsche Exemplare dann später gedruckt werden, ist noch nicht entschieden.
Jede Woche eine Ausgabe
Für die wöchentlich erscheinende deutsche Version werden vor allem Texte und Karikaturen des französischen Originals übersetzt. Vorgesehen sind aber auch eigens für die deutsche Ausgabe produzierte Inhalte. Schon seit Monaten bereitet ein kleines Team aus Journalisten und Übersetzern das Projekt vor. Ein Redaktionsbüro in Deutschland ist nicht geplant. Das für seinen bissigen Humor bekannte Satireblatt will versuchen, sich in der Bundesrepublik neben Magazinen wie "Titanic" und "Eulenspiegel" zu etablieren.
Es ist das erste Mal, dass "Charlie Hebdo" einen Ableger im Ausland gründet. Die Wahl fiel auf das Nachbarland, weil die Zeitungsmacher dort ein besonderes Interesse an ihrer Arbeit wahrgenommen haben, wie sie sagen. Die Karikaturisten hätten bei Besuchen einen "Appetit" auf ihre Zeitung gespürt, erklärte die "Charlie Hebdo"-Sprecherin weiter.
In Frankreich wurde das Blatt 1970 gegründet. Es kommentiert das politische und gesellschaftliche Geschehen im In- und Ausland. Mit der Veröffentlichung von Karikaturen des Propheten Mohammed zog sich "Charlie Hebdo" aber auch immer wieder die Wut von Muslimen zu.
"Je suis Charlie"
Vor knapp zwei Jahren wurde die Zeitung auf äußerst tragische Weise international bekannt: Am 7. Januar 2015 stürmten zwei Islamisten die Büros des Blattes in Paris während einer Redaktionskonferenz und erschossen zwölf Menschen, darunter acht Mitarbeiter von "Charlie Hebdo". Der Anschlag löste weltweit Entsetzen aus, die Satirezeitung wurde zu einem Symbol der Presse- und Meinungsfreiheit. Es folgte eine beispiellose Welle der Solidarität, der Spruch "Je suis Charlie" - "Ich bin Charlie" ging um die Welt.
Heute arbeitet die Redaktion in streng bewachten Räumen an einem geheimgehaltenen Ort. Die bekanntesten Mitarbeiter der Zeitung stehen unter Polizeischutz.
Nach wie vor sind Karikaturen von "Charlie Hebdo" nicht unumstritten. So gab es scharfe Kritik wegen einer Karikatur nach dem Erdbeben im italienischen Amatrice im August. Sie zeigte Erdbebenopfer als italienische Nudelgerichte. Dagegen stieß eine sarkastische Titelseite zu den sogenannten "Panama Papers" um geheime Steueroasen und Briefkastenfirmen auch in Deutschland auf ein positives Echo.
se/nin (afp, ap, dpa)