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Politik

Chancen für Jamaika-Koalition in Kiel steigen

8. Mai 2017

Wer regiert künftig in Schleswig-Holstein? Drei Koalitionsmodelle sind machbar. Jüngste Äußerungen von CDU-Wahlsieger Günther und FDP-Spitzenmann Kubicki machen eine sogenannte Jamaika-Koalition immer wahrscheinlicher.

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Deutschland Wolfgang Kubicki Landtagswahl in Schleswig-Holstein
Er hat Grund zum Lächeln: FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki in KielBild: picture alliance/dpa/D. Reinhardt

Die FDP in Schleswig-Holstein lehnt eine Ampelkoalition unter dem unterlegenen SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig ab. "Unter Führung von Torsten Albig ist sie wirklich ausgeschlossen", sagte Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki in Berlin. Albig sei unbeliebt und habe sich durch anmaßendes Auftreten ins Abseits gestellt. "Die Wahrscheinlichkeit von Ampel geht gegen null", sagte Kubicki. Aber grundsätzlich ausschließen wollte er so ein Bündnis von SPD, Grünen und FDP nicht. Im Übrigen könne er sich "sehr schwer vorstellen", dass die SPD als Juniorpartner der CDU in eine große Koalition eintrete. Dies würde "das Herz und die Seele" der Sozialdemokraten im Norden brechen.

Aus FDP-Sicht ist eine Jamaika-Koalition unter CDU-Führung mit den Grünen wahrscheinlich. Das Verhältnis zu den Grünen sei "entspannter als anderswo", versicherte Kubicki. Es gebe eine Vielzahl unterschiedlicher Auffassungen zu Sachfragen, "aber es gibt keine unüberwindlichen Hindernisse bei uns", sagte Kubicki. Zum grünen Landesumweltminister Robert Habeck habe er zudem ein gutes persönliches Verhältnis. Gerade in der Innen- und Rechtspolitik gebe es eine "größere Distanz zur CDU als zu den Grünen". Auch zum CDU-Spitzenkandidaten Günther habe er ein freundschaftliches Verhältnis, betonte Kubicki. Günther sei rhetorisch begabt, analytisch sehr schnell und menschlich zuverlässig. Auch deutschlandweit könne ein Jamaika-Bündnis ausstrahlen, so Kubicki. Er rate, "das flexibler zu denken, als bisher". Sonst müsse man sich darauf einstellen, dass es praktisch nur noch große Koalitionen gebe, denn Zweierbündnisse mit einer kleineren Kraft seien rechnerisch kaum noch möglich.

Albigs SPD hat bei der Landtagswahl stark verloren und ihr zweitschlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl erzielt. Die amtierende Koalition mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) hat damit keine Mehrheit mehr. Die CDU war mit ihrem Spitzenkandidaten Daniel Günther klar stärkste Kraft geworden. Dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge kam sie auf 32 Prozent der Stimmen und legte damit um gut einen Prozentpunkt zu. Die SPD verlor rund drei Zähler und landete bei 27,2 Prozent. Drittstärkste Kraft wurden die Grünen mit 12,9 Prozent, gefolgt von der FDP mit 11,5 Prozent. Mit 5,9 Prozent zieht auch die AfD in den Kieler Landtag ein. Der von der Fünfprozenthürde befreite SSW erreichte 3,3 Prozent. Rechnerisch möglich sind eine große Koalition unter Führung der CDU, ein Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP und eine sogenannte Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP.

Infografik Sitzverteilung im Schleswig-Holsteinischen Landtag 2017

Absage an GroKo

Allerdings scheint auch der denkbare Ausweg der großen Koalition bereits verbaut. Wahlsieger Günther schließt ein solche Variante im Norden so gut wie aus. Eine Koalition aus CDU und SPD wäre "das falscheste Signal" nach so einer Wahl, sagte Günter. "Eine SPD, die so krachend abgewählt wurde, die kann nicht in einer neuen Landesregierung sein", betonte er. "Die Menschen in Schleswig-Holstein wollen einen richtigen Wechsel. Das geht nur, wenn die CDU die Landesregierung anführt", unterstrich Günther. Seine Priorität sei klar: Jamaika. Deshalb werde er nun Gespräche mit den Grünen und der FDP aufnehmen.

Die Grünen-Spitzenkandidatin Monika Heinold äußerte sich derweil skeptisch über eine Koalition mit CDU und FDP. "Wir stehen als Grüne bereit, wieder Regierungsverantwortung zu übernehmen", sagte die Landesfinanzministerin. "Aber klar ist, dass grüne Inhalte, grüne Ziele deutlich in einem Bündnis vertreten sein müssen." Eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP sei dafür "deutlich" besser geeignet als das sogenannte Jamaika-Bündnis, sagte Heinold. Die Grünen seien aber offen für Verhandlungen: "Wir sprechen jetzt mit allen, wir sind bereit zu sondieren." Mit der FDP gebe es etwa in der Innenpolitik "an vielen Stellen Übereinstimmung".

Machtverhältnisse im Bundesrat unverändert

Welche Koalition sich in Kiel auch bilden wird - eine grundlegende Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat hat die Schleswig-Holstein-Wahl nicht herbeigeführt. Dies liegt an der Vielfalt der Koalitionsbündnisse in 15 der 16 Bundesländer. Das CSU-regierte Bayern ist derzeit das einzige Land mit einer Einparteienherrschaft. In den anderen Bundesländern gibt es die unterschiedlichsten Regierungsbündnisse. Das lässt eine klassische Lagerbildung in der Länderkammer nicht zu. So gibt es eine große Koalition wie im Bund derzeit nur in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland. Zusammen mit Bayern kommen die Länder mit großen Koalitionen im Bundesrat daher auf gerade einmal 16 der insgesamt 69 Stimmen. Selbst wenn es in Kiel eine schwarz-rote Koalition geben sollte und die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am nächsten Sonntag den Weg für eine große Koalition in Düsseldorf ebnen würde, könnte der CDU/CSU-SPD-Block im Bundesrat nur auf 26 Stimmen anwachsen. Das wären neun Stimmen weniger als die absolute Mehrheit von 35 Stimmen.

kle/sti (afp, rtr, dpa)