CETA-Abkommen ist mit EU-Recht vereinbar
30. April 2019Der umstrittene Streitschlichtungsmechanismus innerhalb des Abkommens sei mit europäischem Recht vereinbar, befanden die obersten EU-Richter in Luxemburg Konkret ging es um die Einsetzung von Schiedsgerichten zur Streitschlichtung zwischen Staaten und Investoren. Das Abkommen kann damit wie geplant umgesetzt werden.
Die EU-Kommission begrüßte die Entscheidung. Umwelt- und Verbraucherschutzverbände reagierten dagegen enttäuscht. Das Gutachten des Gerichtshofs hatte Belgien beantragt. Das Land hatte Zweifel an der Vereinbarkeit des vereinbarten Streitbeilegungsmechanismus mit dem Unionsrecht. Das System sieht unter anderem langfristig einen speziellen Investitionsgerichtshof vor.
Der EuGH kam nun in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass die Autonomie der Rechtsordnung der Union durch das Abkommen nicht beeinträchtigt werde. CETA übertrage den in dem System vorgesehenen Gerichten nicht die Zuständigkeit, andere Vorschriften des Unionsrechts auszulegen oder anzuwenden.
Es gebe in dem Abkommen zudem Vorschriften, nach denen das CETA-Gericht demokratisch getroffene Entscheidungen nicht infrage stellen könne, erklärten die obersten EU-Richter. Dies betreffe etwa den Schutz der öffentlichen Sicherheit oder des Lebens und der Gesundheit von Menschen und Tieren, aber auch die Lebensmittelsicherheit oder den Umwelt- und Verbraucherschutz.
Erleichterung bei der EU
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich erleichtert. Die Entscheidung sei die endgültige Bestätigung des Ansatzes der Kommission, erklärte Juncker. Die Partnerschaft mit Kanada werde politisch und wirtschaftlich stärker als jemals zuvor. Handelskommissarin Cecilia Malmström erklärte, dass die Bürger volles Vertrauen in den Ansatz der Kommission haben könnten. Österreichs Präsident Alexander Van der Bellen kündigte an, das Abkommen nun "wie angekündigt" zu unterschreiben.
CETA war im September 2017 vorläufig in Kraft getreten. Damit fallen Zölle auf 98 Prozent aller Produktgruppen weg, die zwischen der EU und Kanada gehandelt werden. Das System zur Beilegung von Streitigkeiten ist allerdings noch nicht in Kraft. Dazu muss Ceta erst durch die Parlamente in allen 28 EU-Staaten ratifiziert sein.
Zwar wurden die ursprünglich in CETA vorgesehenen privaten Schiedsgerichte durch einen speziellen Investitionsgerichtshof mit professionellen Richtern ersetzt. Die Kritiker wenden sich aber generell gegen jegliche Sondergerichtsbarkeit für Investoren und fordern, dass Streitfälle vor normalen Gerichten geklärt werden.
Kritiker befürchten Umgehung der nationalen Gerichte
Verbraucher- und Umweltschutzverbände hielten auch nach dem EuGH-Gutachten an ihrer Kritik fest. Die Entscheidung sei enttäuschend, erklärte Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch. Damit könnten Unternehmen künftig nationale und EU-Gerichte umgehen. Das Streitschlichtungssystem begrenze die Möglichkeiten der Staaten, Maßnahmen zum Schutz des Klimas, der Umwelt und für den Verbraucherschutz zu treffen. Knirsch forderte Bundestag und Bundesrat auf, dem Abkommen noch die Zustimmung zu verweigern.
Auch die Verbraucherorganisation Foodwatch reagierte enttäuscht. Das Gutachten öffne "die Schleusen zur Verwässerung von demokratisch-parlamentarisch errungenen Umwelt- und Verbraucherschutzstandards", erklärte Kampagnendirektor Matthias Wolfschmidt. Das Gericht mache den Weg frei für eine Paralleljustiz, die Profitinteressen über das Gemeinwohl stelle.
Deutsche Industrie begrüßt Entscheidung
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zeigte sich dagegen zufrieden mit der Entscheidung. Diese sei eine "gute Nachricht für die global aufgestellte europäische Wirtschaft", erklärte BDI-Geschäftsführungsmitglied Stefan Mair. Damit bleibe der Abschluss moderner Handels- und Investitionsabkommen für die EU möglich.
cgn/jj (afp, dpa)